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In Wolkenburg (4): Schloss Wolkenburg von INNEN

Zu Besuch bei den Grafen von Einsiedel

Schloss Wolkenburg an der Zwickauer Mulde
Schloss Wolkenburg an der Zwickauer Mulde

 

Vielleicht erinnerst Du Dich, dass wir Ende Januar das erste Mal in Wolkenburg waren. Ein wenig Schnee lag, verlassen wirkte der kleine Ort. Das Schloss hielt Winterruhe und würde erst Ende März wieder Besucher einlassen, so verkündete ein kleines Plakat. Nicht schlimm, denn der Schlosspark und der beeindruckende Schlossbau selbst nur von außen hatten schon sehr viel zu bieten, auch im Winter, auch zur Ruhezeit.

 

Wer nachgucken will, was wir damals hier fanden, was wir über die Geschichte der Wolkenburg und ihrer Besitzer erfuhren und was der letzte Wolkenburger Graf von Einsiedel erlebte - der findet am Beitragsende die Buttons zu den Januargeschichten Wolkenburg 1 - 3.

 

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Jetzt aber ist Mai und wir wollen nun endlich Schloss Wolkenburg auch von innen sehen. 

 

Der Flieder blüht schon, als wir in Wolkenburg ankommen. Zuerst trinken wir auf der Terrasse des Café Hermes einen feinen Kaffee aus eigener Rösterei, dann machen wir uns auf den Weg über die Zwickauer Mulde nach oben - zur Wolkenburg.

 

 

Wir betreten unterhalb der Burganlage den Schlosspark. Große alte Bäume stehen hier, einige der Eisengussplastiken von Graf Detlev Carl von Einsiedel findet man hier. Allerdings sind das Kopien, die Originale kann man im Schloss bewundern, wo sie sicherer sind.

 

Das Wetter wird immer schöner, die Sonne scheint. Im Park blüht es schon an allen Ecken, die Blätter der riesigen Rotbuche sind noch so hellrot, wie man es nur im Frühjahr sieht.

 

 

Mit Blick auf die Neue Kirche, die auch Mauritius-Kirche heißt, lässt sich auf einer Bank ein Kaffee aus dem Rohr gut trinken.

 

Die Kirche ist heute offen, weswegen wir natürlich hineingehen. Kirchenbau wurde ebenfalls von Detlev Carl Graf von Einsiedel veranlasst:

 

Infotafel vor der Kirche
Infotafel vor der Kirche

 

Bei einem stillen Gang durch die schöne Kirche fällt besonders das Altarbild "Christi Himmelfahrt" von Sascha Schneider ins Auge, dass dort seit 1904 hängt. Aber auch Kleinigkeiten wie zum Beispiel die Prankenfüße des Taufbeckens, die zierlich-schwungvollen Kirchenbänke oder die Ornamente an den eisernen Öfen betrachten wir in aller Ruhe. Sicher war es in der kalten Jahreszeit ein Privileg, sonntags während des Gottesdienstes in Ofennähe sitzen zu dürfen.

 

Nach der Kirche gehen wir zum Schlosstor weiter, sitzen noch eine Weile an der zur Mulde hin gelegenen Rückfront des Gemäuers in der Sonne. Dann gehen wir endlich hinein, durch ein großes Tor aus dickem Holz.

 

Man betritt einen geräumigen Innenhof, an dessen dem Eingangstor gegenüberliegender Seite der herrschaftliche Wohntrakt seinen Eingang hat. Kleinere Wohn- und Wirtschaftsgebäude stehen an den beiden Längsseiten des Schlosshofes.

 

Blick vom Schlosseingang zum Hoftor
Blick vom Schlosseingang zum Hoftor

 

Der Rundgang durch das Schloss führt vom Erdgeschoss bis unters Dach ausschließlich durch die bereits sanierten Räume. Viel gibt es zu sehen: die vor wenigen Jahren an ihren alten Platz zurückgekehrte Ahnengalerie, einzelne Gebrauchs- und Erinnerungsstücke, wenige Möbel, die Gestaltung der Böden, Wände und Decken. In unendlicher Kleinarbeit über Jahrzehnte erhalten Leute, denen das etwas bedeutet, solche alten Gebäude. Ihnen sind wir Dank schuldig, egal, ob es professionelle Restauratoren, Architekten, Kunstsachverständige sind oder engangierte Heimatforscher und -liebende, die ihren Beitrag leisten.

 

Da das Schloss nach der Vertreibung seiner Besitzer mehrfach brutal geplündert wurde, ist das frühere Inventar zum größten Teil nicht mehr da. Vergebens sucht man nach historischen Kronleuchtern, originalen Tapeten oder dergleichen. Nach den schon erwähnten Plünderungen nutzte man die Schlossgebäude zu Zwecken, wozu man in der Nachkriegszeit keine anderen Örtlichkeiten hatte. Ostvertriebene zogen ein, die Schulspeisung der Kinder erfolgte im Erdgeschoss des herrschaftlichen Wohntrakts. Der Festsaal diente mal als Turnhalle, mal als Nähsaal für eine ortsansässige Textilfabrik. Das ehemalige gräfliche Parkrestaurant auf der anderen Muldenseite wurde für behördliche Zwecke genutzt und ist noch heute Gemeindeverwaltung. Man brauchte diese Räume für den täglichen Gebrauch. Bis zu 22 Wohnungen waren hier mit der Zeit entstanden. Sicher war es auch damals eine Zeit, in der man wenig Sinn für den Adel und seine Hinterlassenschaften hatte. 

 

Ganz oben unter dem Schlossdach befindet sich die ehemalige gräfliche Bibliothek. Ein in altrosa und cremeweiß gestalteter runder Raum mit Bücherschränken, deren Türen mit gotischen Holzornamenten verziert sind. Tausende Bücher hatten die Grafen von Einsiedel hier stehen. Eine Zeit lang soll die letzte Gräfin von Einsiedel mit ihrem Sohn hier oben gewohnt haben, Genaueres dazu weiß ich noch nicht. Nach dem Krieg diente der Raum den neuen Bewohnern als Wäscheboden. Die Bücher wurden geklaut, verheizt oder einfach den Burgberg runtergeschmissen. 

 

Hier noch ein schöner virtueller Rundgang von der Schlosswebsite:

 

Wieder aus dem Schlosshof heraus führt unser Weg durch den Schlossgartenteil auf der Muldenseite, schnell kommt man hier auf jetzt schon grün belaubten Schlängelwegen talwärts. Wir treffen Artemis,  die griechische Göttin der Jagd, der Fruchtbarkeit und des Mondes. Glänzend steht die nachgegossene Skulptur im Sonnenlicht. Das Original wurde vor Jahrzehnten entwendet. Ob wohl Artemis Rache übte und den Dieb irgendwie zur Strecke brachte? Ich weiß es nicht.

 

 

Unser Weg führt dann noch ein Stück muldenabwärts Richtung Waldenburg, bevor wir umkehren und in der Villa Hermes noch einen Kaffee trinken - zur Stärkung für die Heimfahrt. Die nächste Abenteueridee gibts auch schon. Wir wollen beim nächsten Mal auf dem heute nur ein kleines Stück gegangenen Weg muldenabwärts bis Waldenburg laufen und dann die kleine Stadt und das dortige Schloss besuchen.

 

Das ist es: so ein Tag wie heute macht nicht nur für den Moment glücklich, sondern hat gleich Neues für die Zukunft im Gepäck.

 

Für zukünftiges Glück. Dieser Gedanke kann einen froh machen, finde ich.

 

Heute und morgen: glücklich unterwegs.....
Heute und morgen: glücklich unterwegs.....

 

Und hier die alten Wolkenburger Erkundungen: