Auf der Kahlen Höhe bei Reichstädt
Die Kahle Höhe nahe dem Dorf Reichstädt bei Dippoldiswalde ist ein schöner Ort, besonders an diesem Sommertag mit Wind, Sonne und geballten Wolken.
Aus Dippoldiswalder Richtung kommend findet man den Weg am Ende des langgezogenen Dorfes. Gegenüber der Buswendeschleife geht es von der Hauptstraße auf einem Feldweg links leicht bergauf, ein Schild weist "Zur Kapelle".
Diese Reichstädter Kahle Höhe ist ein Hügel auf ca. 570 Metern über dem Meeresspiegel, leicht erhebt sie sich über ihre Umgebung. Dieses Jahr wächst Getreide auf ihren Feldern, reif bewegt es sich im frischen Wind.
Ganz oben stehen hohe alte Bäume zusammen. Man sieht, dass hier etwas Besonderes war. Oder ist.
Wir finden einen alten Eingang. Nur noch die steinernen Torpfosten stehen Wache. Die rostigen Scharniere halten kein Tor mehr.
Gespannt betreten wir einen kleinen, von Bäumen umstandenen Platz. Man sieht einen Gedenkstein, einen hölzernen Glockenstuhl und - sie: die schöne kleine Grabkapelle der Familie von Schönberg auf Reichstädt.
Frau Ilse von Schönberg haben wir vor zwei Jahren auf ihrem Schloss hier besuchen dürfen. Mehr dazu findest Du mit den beiden Buttons am Artikelende.
Jetzt schließt sich der Kreis aus Schloss, Kirche, Schlosspark mit der Begräbnisstätte derer von Schönberg.
Erst seit 1902 gibt es diese Kapelle mit Gruft.
Frau Euphrosina von Schönberg, 1836 geborene Burani - Du erinnerst Dich an diese Italienerin mit der Vorliebe für die Farbe blau - ließ diese Kapelle für ihren 1902 im Alter von 36 Jahren verstorbenen einzigen Sohn Rudolph Utz von Schönberg errichten.
Euphrosina war die Frau von Kaspar Hugo von Schönberg. Im Jahr 1868 ließ das Paar sich scheiden, sicher ein Skandal in dieser Zeit, in diesen Kreisen.
Außer Rudolph hatte die Schlossherrin noch drei Töchter; Irma, Hulda und Ida. Euphrosina war 66 Jahre alt, als Rudolph starb. Sicher besuchte sie in den darauffolgenden Jahren, die sie noch lebte, oft das Grab ihres Sohnes.
1918, ca. drei Jahre nach dem Tod von Euphrosina, übernahmen Hans und Margarethe von Schönberg das Schloss, aus dem sie 1945 vertrieben wurden.
Euphrosina suchte diesen Platz für die Grablege sicher nicht nur deshalb aus, weil er an sich ein schöner und stiller Ort ist. Abgelegen und doch gut erreichbar.
Bestimmt bewog sie noch etwas anderes.
An dieser Stelle stand nämlich jahrhundertelang eine Kirche. Schon Anfang des 14. Jahrhunderts finden sich Erwähnungen der Wallfahrtskirche "Zu den vierzehn Nothelfern" genau hier.
Noch mehr verrät uns eine Infotafel:
Bei den 14 Nothelfern handelt es sich um christliche Heilige, die in Notsituationen um Hilfe gebeten werden.
Eine davon ist uns hier im Erzgebirge sehr gut bekannt: die heilige Barbara. Denn sie ist unter anderem auch die Schutzherrin der Bergleute.
Außerdem ist Barbara Patronin der Sterbenden, Helferin gegen Blitz- und Feuersgefahr, Schutzpatronin der Geologen, Artilleristen, Gießer, Hüttenleute, Architekten, Glöckner, Glockengießer, Schmiede, Maurer, Steinmetze, Zimmerleute, Dachdecker, Elektriker, Kampfmittelbeseitiger, Pyrotechniker und Feuerwerker, Feuerwehrleute, Helfer des Technischen Hilfswerks (THW). Sie ist auch Patronin der Totengräber, Hutmacher, der Jungfrauen und der Gefangenen.
Barbara ist eine vielbeschäftigte Heilige mit komplexem Aufgabengebiet. Einer ihrer 13 Kollegen ist der heilige Ägidius. Er ist zuständig für stillende Mütter und leistet als Helfer bei der Beichte Beistand. Bei der Verteilung der Aufgaben hat er eindeutig Glück gehabt.
Da gehts den Heiligen wie uns normalen Menschen.
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