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Auf Schloss Purschenstein

Traumhaftes im Erzgebirge

Schloss Purschenstein mit Bergfried im Vordergrund rechts
Schloss Purschenstein mit Bergfried im Vordergrund rechts

 

Der böhmische Ritter Borso ließ um 1200 ein Schloss erbauen, das "Castrum Borsensteyn". Es diente zum Schutz des hier entlangführenden "Böhmischen Steigs", eines von Leipzig nach Prag führenden Handelsweges, eine der alten Salzstraßen. Die Stelle hier war günstig, da es eine Furt über die Flöha gab.

 

Heute kennen wir die ehemalige Zollburg als Schloss Purschenstein. Es trohnt über dem Flöhatal auf einem Berg, nahe der kleinen Stadt Neuhausen im Erzgebirge.  In südlicher Richtung blickt Schloss Purschenstein auf den Schwartenberg. Der 42 Meter hohe Burgfried ist der älteste Bestandteil der Anlage, die im Lauf der letzten 800 Jahre mehrfach in verschiedenen Baustilen umgebaut, ergänzt, nach Kriegen, Blitzschlägen und Bränden wieder instandgesetzt wurde. Es dominiert heute die Renaissance.

 

Ein wahres Märchenschloss.

 

 

Lange Zeit, ca. 500 Jahre, war Purschenstein Familienbesitz einer der bekanntesten sächsischen Adelsgeschlechter, der von Schönbergs. Deshalb sieht man hier auch das Schönbergsche Wappen; den rot-grünen Löwen. Warum der so aussieht - dazu später noch mehr.

 

Wir hatten das Glück, voriges Jahr ein Familienmitglied, Frau Ilse von Schönberg, auf ihrem Schloss in Reichstädt nahe Dippoldiswalde kennenzulernen. Vielleicht erinnerst Du Dich daran. Willst Du was über Frau Ilse und ihr beeindruckendes Projekt wissen, dann findest Du hier Teil 1 und Teil 2 dazu.

 

Schloss Purschenstein Mitte des 19. Jahrhunderts (Bild: https://de.wikisource.org/)
Schloss Purschenstein Mitte des 19. Jahrhunderts (Bild: https://de.wikisource.org/)
Schloss Purschenstein 2021 (Blick vom Bahnhof, Flöhatal)
Schloss Purschenstein 2021 (Blick vom Bahnhof, Flöhatal)

 

Von Neuhausen aus führt ein Weg den Schlossberg hinauf. Jetzt liegt er in der Frühlingssonne vor uns. Die Bäume haben erst ganz kleine Blattknospen, noch kann man durch die Zweige das Schloss gut sehen. Gespannt nähern wir uns dem Märchenhaften.

 

Auf dem Weg überqueren wir rostige Gleise, auf denen kein Zug mehr fährt. Auch der kleine Bahnhof schlummert, hat aber einen schönen Vor- und Nebenplatz bekommen.

 

 

Dann sind wir oben, auf Schloss Purschenstein. Es wirkt sofort. Ehrwürdig, geheimnisvoll und irgendwie lebenserfahren. Was für Zeiten, Geschehnisse und Menschen hat das Castrum schon erlebt! Eine großzügige Anlage mit geräumigem Schlosshof, den Resten der alten Schlosskapelle und einem schönen Garten; sogar zwei Teiche gibt es. Drei Turmspitzen hat das Schloss: den Burgfried, den Uhrenturm und einen Turm mit Treppenaufgang am Südflügel (Wendelstein).

 

Ein besonderer Ort. Sein Zauber entfaltet sich; gerade ist kein Mensch hier zu sehen. Es ist still. Nur der Gesang der Vögel ist zu hören. Mal ein fernes Auto.

 

 

Nachdem das Schloss 1945 enteignet wurde und Familie von Schönberg vertrieben war, wurde es geplündert. Georg von Schönberg war der letzte Besitzer. Nach mehr als 500 Jahren verlor die Familie dieses Anwesen. Interessant: Georgs Bruder Hans von Schönberg war Besitzer von Schloss Reichstädt, von dem schon die Rede war. Auch er musste seinen Besitz 1945 verlassen.

 

Im Magazin "aufgeschlossen" schreibt Marion von Sahr-Schönberg 2021 (Quelle HIER):

 

"Die Brüder Georg von Schönberg (1875–1956) auf Purschenstein und Hans von Schönberg (1880–1953) auf Reichstädt hatten keine Nachkommen. Um die jeweiligen Besitze für die Familie von Schönberg zu erhalten, bildeten sie Familienanwartschaften, in denen die Erbfolge geregelt wurde. Dem Gesetz über das Erlöschen der Familienfideikommisse von 1928 begegneten die Brüder, indem sie die Familienstiftungen Reichstädt (1935) und Purschenstein (1934) errichteten. Beide Familienstiftungen beinhalteten neben Schloss, Ackerflächen und Forst das landwirtschaftliche Inventar und das Schlossinventar, also die Kunstgegenstände. Auch diese beiden Familienstiftungen wurden von der Enteignung 1945 erfasst. 1973 wurde in der Bundesrepublik für die enteigneten Stiftungen Lastenausgleich gezahlt."

 

 

Georg von Schönberg (http://www.familie-von-schoenberg.de/)
Georg von Schönberg (http://www.familie-von-schoenberg.de/)

 

Nach 1945 war das Schloss einige Jahre Parteischule  und später Kinderheim, bis 1955. Über dreißig Jahre lang nutzte man es als Kulturhaus des FDGB. Im Frühling 1989 brannte Schloss Purschenstein und wurde stark beschädigt. Die Brandursache wurde, soweit ich weiß, nie eindeutig festgestellt, man vermutet einen Schornsteinbrand.

 

Über zehn Jahre dauerte der Wiederaufbau dieses Mal. In 2001 richtete man hier ein Restaurant ein und zeigte eine Motorradausstellung. 

 

Dann, im Jahr 2005, kam das Schloss in die Hände seines heutigen Besitzers. Das ist der Niederländer Roloef Praagman, der aus dem Schloss ein Schlosshotel machte. Für 650.000 € kaufte er das Schloss. 10 Millionen wurden seitdem bisher investiert, 3 Millionen davon Fördergelder (Freie Presse, HIER).

 

Und so ist Purschenstein heute eine Herberge für viele Menschen, die das Erzgebirge besuchen, hier feiern, Hochzeit machen, sich treffen, die Gegend erkunden. Auf diese Weise wird es gut erhalten und kann von jedem, der es möchte, besucht werden. Den Button, der Dich zur Hotelwebsite bringt, findest Du am Artikelende. Dort kann man sich die über vierzig schön eingerichteten Zimmer angucken, der Hammer ist die Hochzeitssuite im Uhrenturm - herrlich. Guck Dir diese Suite hier mal an, mit einen kleinen Live-Rundgang!

 

Hoffen wir, dass man in diesem schönen Haus bald wieder speisen, feiern und übernachten kann.

 

Ansichtskarte 1950 (https://ansichtskarten-lexikon.de/ak-34340.html)
Ansichtskarte 1950 (https://ansichtskarten-lexikon.de/ak-34340.html)

 

Schlosshof und Außenanlagen sind unabhängig vom Hotel frei zugänglich; es gibt viel zu sehen. Auch heute.

 

 

Schaut man genauer hin, so entdeckt man den Frosch am noch im Winterschlummer liegenden Springbrunnen, die Osterglocken an der Kapellenmauer, jede Menge Buschwindröschen, Gänseblümchen und andere Blumen. Und eine winzige Insel in einem der Teiche.

 

Dieser Schlosspark ist ein guter Ort für ein kleines Picknick, also lassen wir uns auf einer Bank nieder und eröffnen die Schlossgartensaison mit Kaffee und Bemme.

 

Ein guter Zeitpunkt für die kleine Geschichte des Schönbergschen Wappenlöwens:

 

 

Ein in alter Zeit lebender Ritter von Schönberg wurde (vermutlich während der Kreuzzüge) im Heiligen Land, um Jerusalem, angegriffen. Und zwar an einem Fluss, von einem Löwen. Verbissen kämpften beide miteinander, teilweise in Wasser, Schilf und Schlamm. Schließlich konnte der Ritter den Löwen besiegen. Der war einesteils mit grünen Wasserlinsen, andererseits mit rotem Blut bedeckt. Daher dieses Wappentier in rot-grüner Farbe.

 

 

***

 

Wenn Du willst, mach' doch einen Spaziergang gleich jetzt auf Schloss Purschenstein:

 

 

Nach ausgiebiger Erkundung des Geländes verabschieden wir uns von dem märchenhaften Ort und werden bestimmt wiederkommen, auf einen Kaffee. Und vielleicht zu einer Übernachtung. Wir wünschen dem Schlosshotel alles Gute für seine Zukunft in dieser ungewissen Zeit.

 

Und dann gehts bergab Richtung Neuhausen.

 

 

Blick übers Flöhatal auf Neuhausen / Erzgebirge
Blick übers Flöhatal auf Neuhausen / Erzgebirge

 

Was für ein schöner Tag. Und wie immer empfehlen Pawel und ich Dir: fahr doch dort mal hin!