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Hervorgeholt: In der Schlosskapelle von Burg Mildenstein

Wieder in Leisnig

Burgkapelle St. Martin auf Mildenstein / Leisnig
Burgkapelle St. Martin auf Mildenstein / Leisnig

 

Als wir Anfang September 2020 wieder in Leisnig waren, erwartete uns dort eine schöne Überraschung. 

 

Die Schlosskapelle St. Martin von Burg Mildenstein ist nach anderthalbjähriger Sanierungszeit wieder für Besucher geöffnet. Beim letzten Besuch kurz vor Pfingsten im selben Jahr war sie noch "in Arbeit".

 

Wir waren drin. In dieser ca. tausendjährigen Kapelle. Sie gehört zu den ältesten erhaltenen Bauwerken des Burgkomplexes Mildenstein und wurde im 11. Jahrhundert erbaut. Mehrere Erweiterungen und Umbauten folgten  (um 1100 Bau der ersten Kapelle, danach Umbau zur romanischen Burgkapelle St. Martin von 1374 an der Ostseite des Burghofs, damit das älteste noch existierende Steingebäude auf der Burg, 1400/20 Anbau eines gotischen Chores, Sanierung im 18. Jahrhundert; Sanierung 2019/2020).

 

Trotzdem die kleinen Räume nicht geweiht sind und demzufolge auch "weltlich" genutzt werden dürfen, zum Beispiel für nichtreligiöse Hochzeiten, atmet das alte Gemäuer doch teilweise die Heiligkeit seiner tausend Jahre.

 

Wenn man sich überlegt, wie lange das Kapellchen schon da ist. Wie viele Menschen hier getauft wurden, heirateten und das letzte Geleit bekamen. Wieviele Rat- und Trostsuchende, Menschen in Unruhe und Angst, hier her kamen. Um zu beten oder sich einfach nur in den sicheren Mauern zu verstecken. Das Wort "Schutzsuchende" kommt mir aus Gründen derzeit nicht über die Tastatur. Aber auch große Dankbarkeit und Freude werden empfunden worden sein in der Kapelle: über errungene Siege, überstandene Krankheit und Gefahr, Glück über ein geborenes Kind, ein lange vermisstes und nun zurückgekehrtes Familienmitglied oder eine schöne Heirat aus Liebe, nicht aus politischen oder finanziellen Gründen....

 

Viele Kriege hat die Kapelle überstanden, auch den Umbauplänen  der Burgbesitzer konnte sie trotzen. Wurde immer irgendwie mit einbezogen, teilweise auch für die Lagerung von Akten oder verschiedener Gerätschaft. Egal. Sie ist noch da, die Kapelle. Und heute so schön wie wahrscheinlich lange nicht.

 

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Komm doch mit auf unseren kleinen Rundgang. Falls Dir Mildenstein und Leisnig gefallen, habe ich Dir den Artikel vom ersten Besuch Ende Mai hier am Beitragsende zum Nachlesen angehangen. Mit sehr schönen Bildern vom Burgfried ganz oben über das Muldental flussaufwärts und dem Burg- und Schlossinneren.. 

 

 

Wir betreten die Kapelle durch den rechten Seiteneingang. Der ehemalige Haupteingang wurde mit einem Gitter verschlossen. 

 

Der Friedensengel schwebt im Nebenraum der Kapelle über uns. Sein Gesichtsausdruck verrät, dass er schon viel mitgemacht hat. Trotzdem gibt er nicht auf und wacht weiter. Schließlich wird der Engel gebraucht in der Welt und das weiß er auch. "Ehre sei Gott in der Höhe." ist seine Botschaft.

 

 

Der Neben- oder Vorraum der Kapelle wurde, wie schon gesagt, eine Zeitlang als Archiv genutzt, Heute ist das ein winziges Museum mit einer schönen Sitzbank und sehr gelungener Beleuchtung der einzelnen Objekte. Das gut eingesetzte Licht winziger Scheinwerfer macht aus diesem Ort eine zauberhafte Schatzkammer. Das Schönste für mich ist eine geschnitzte Muttergottes mit dem Jesuskind auf dem Arm. Das Kind guckt sehr zuversichtlich und keck in die Welt. Die Mutter wirkt etwas abgeklärt und sehr geduldig. Also alles wie immer.

 

Mit viel Liebe zum Detail ist dieser Ausstellungsraum gestaltet. Hier erfährt man Interessantes über die Exponate, wenn man will. Oder man sitzt nur auf der lila Bank und lässt die Einzelstücke auf sich wirken. Am besten von beidem ein bisschen...

 

 

Dann gehen wir in die eigentliche Kapelle mit Altarraum. Große Heiligenfiguren strahlen im neuen Glanz und schmücken die Wand. Erhaben stehen sie auf ihren Sockeln. Ein Sockel ist noch leer. Vielleicht ist ihr Inhaber, ein besonderer Heiliger, noch in der Generalüberholung?  Es ist absolut still und kühl. Der schöne Fußboden aus gebrannten rohen Ziegeln. Ein guter Ort zum Nachdenken und um zur Besinnung zu kommen. Ich stelle es mir gut vor, als Restaurator in so einem Raum zu arbeiten. Für eine lange Zeit.

 

 

Wir verlassen die Kapelle und drehen noch eine Runde durch Schlosshof und Garten. Hier, unterhalb der Burgmauern, war seit dem 18. Jahrhundert ein Garten und, ich glaube bis in die 1990er Jahre, ein Tierpark.

 

Heute kann man auf kleinen Wegen die abgelegenen Gärtchen und Sitzplätze erkunden. Mein Favorit: die Muldenecke mit Weitblick flussaufwärts am Felsen mit der gelben Flechte (wahrscheinlich Caloplaca Regalis). Schöner Ort.

 

Blick vom Burggarten aus über die Stadt Leisnig
Blick vom Burggarten aus über die Stadt Leisnig

 

Und dann sind wir durch das äußere und innere Burgtor gegangen und machen uns auf den Heimweg.

 

Burg Mildenstein und Leisnig sind nicht nur eine, sondern viele Reisen wert. Glaub' es ruhig und fahr mal hin.

 

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Kapellenmaulwurf, keine Kirchenmaus
Kapellenmaulwurf, keine Kirchenmaus