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Die Galgenhöhe in Buchholz

An alter Richtstätte

Auf der Buchholzer Galgenhöhe
Auf der Buchholzer Galgenhöhe

 

Im Südwesten von Buchholz (Annaberg-Buchholz / Erzgebirge) am höchsten Platz in Stadtnähe soll sich ein alter Richtplatz aus dem 15./16. Jahrhundert befinden. 

 

Schon lange wollten wir diesen berüchtigten Ort mal besuchen. Beim ersten Versuch im vorigen Jahr überraschte uns ein Gewitter. Bei schwarzem Himmel, Blitz und Donnerschlag war mir nicht daran gelegen, an so einen vom Tod geprägten Platz zu gehen. Deshalb ließen wir es damals kurzerhand sein. Planänderung auf dem Weg sozusagen.

 

Heute kann das Wetter keine Ausrede sein - strahlend blauer Himmel, Sonne, ein mittlerer Wind weht. 

 

<<< Für Interaktion hier anklicken! >>> (Quelle: www.pfadfinder-buchholz.de )
<<< Für Interaktion hier anklicken! >>> (Quelle: www.pfadfinder-buchholz.de )

 

Hier oben auf der interaktiven Buchholzer Karte siehst Du die vier gelb eingekreisten Punkte: 1 - das Viermetzdenkmal, 3 Waldfriedhof und Türmel, 16 - Wismut-Schacht 116 und, wie gesagt,  20 - die Galgensteine.

 

Auf gehts am Stadtausgang von Buchholz Richtung Schlettau.

 

Wir starten stadtauswärts an der Position des lila Pfeils (siehe obige Karte) auf der B101, deren Stück hier Schneeberger Straße heißt.
Wir starten stadtauswärts an der Position des lila Pfeils (siehe obige Karte) auf der B101, deren Stück hier Schneeberger Straße heißt.

 

Nach ein paar Minuten erreicht man rechter Hand einen kleinen Wanderparkplatz. Von hier aus geht es in den Wald hinein Richtung Galgensteine. Auf Schildern ausgewiesen ist das hier nicht, man kann sich die Karte der Buchholzer Pfadfinder (s.o.) angucken oder mit dem Smartphone navigieren.

 

Wanderparkplatz Buchholzer Wald / Wettin-Hain
Wanderparkplatz Buchholzer Wald / Wettin-Hain

 

Gleich hier am Eingang in das Buchholzer Waldgebiet erinnert ein Denkmal an den Begründer dieser Naturoase. Friedrich Wilhelm Viermetz (1802 - 1874) begann im 19. Jahrhundert mit der Gestaltung eines stadtnahen Waldgebietes unter Einbeziehung bestimmter markanter Punkte wie des Türmels und der Galgensteine. Auch hier hat die Bewaldung unter der Abholzung zwecks Bergbau, Bau und Brennmaterialgewinnung über die Jahrhunderte gelitten und musste neu angelegt werden. Denn die Zeiten, da sich diese Gegend vom Urwald Miriquidi bedeckt zeigte, die waren auch damals in den Jahren von Herrn Viermetz schon längst vorbei.

 

 

Der Weg ist nicht weit, geleitet von Google Maps sind wir nach einer halben Stunde am Ziel. Hätte man keine Orientierungsmöglichkeit in der Hand, wäre das ungünstig. Kein Schild weist uns zur Galgenhöhe. Allerdings gibt es jede Menge neue Schilder mit den Namen der Wege. Wahrscheinlich ist das Projekt noch unvollendet und die zielführende Beschilderung kommt noch.

 

Wir entdecken im Fichtenwald Senken, Gräben, kleine Wälle. Was es damit auf sich hat, konntest Du gestern HIER lesen. Es sind die alten Zinnseifen.

 

Tritt man oben am Berg aus dem Wald, dann ist man auf der Galgenhöhe, aber noch nicht am Richtplatz. Der soll sich ein Stück waldeinwärts befinden. Google leitet uns, irgendwann stehen wir auf einer kleinen Lichtung. Hier muss es sein, die Koordinaten stimmen.

 

Die Steine mit den Jahreszahlen und den Initialen der hier einst zuständigen Richter finden wir nicht; wahrscheinlich liegen sie unter dem dünnen Bewuchs und dem verstreuten Windbruch.

 

Der alte Richtplatz
Der alte Richtplatz

 

 

Was hat es mit diesen Richtplätzen aus alter Zeit auf sich?

 

Seit dem 13. Jahrhundert gibt es sie nachweisbar in Deutschland an den Orten, die eine eigene Blutsgerichtsbarkeit hatten - das bedeutete Todes- und Züchtigungsstrafen verhängen zu dürfen. Viele solche Rabensteine, Galgenberge, Galgenhöhen usw. gibt es dem Namen nach noch heute. Sie erinnern meist an ihre frühere Funktion, wobei es auch "Fake"-Namen gibt, die einem anderen Ursprung entstammen und mit Tod und Folter zum Glück nichts zu tun haben.

 

  

Immer waren diese Plätze sicher auch aus hygienischen Gründen außerhalb der Städte, zumeist erhöht gelegen. Die Hinrichtungen und körperlichen Bestrafungen waren öffentlich. Das und die exponierte Lage hatte noch einen pädagogischen Grund: die Strafen sollten sichtbar sein und die gesamte Bevölkerung erreichen. Bei besonders prominenten Delinquenten organisierte man die Hinrichtung wie ein Volksfest; dann wurde das Ereignis vom Richtplatz in die Innenstadt, zum Beispiel auf den Marktplatz, verlegt.

 

Schon, wenn man von Weitem auf eine Stadt zu unterwegs war, sah man auch als Fremder die Toten am Galgen hängen. Lange ließ man sie oft daran und verwesen. Das sagte dem Betrachter: hier in dieser Stadt ist man streng und nicht auf Fisimatenten eingestellt. Im Zweifelsfall wirst Du mit dem Tod bestraft, wenn man Dich für schuldig befindet. Deine Leiche hängt in der Landschaft und wird von Tieren gefressen. Den Rest verscharrt man dann in ungeweihtem Boden. Das schreckt ab.

 

Die Todesstrafe bekamen zum Beispiel Mörder, vermeintliche Hexen und Zauberer. Die Hinrichtungsarten waren unterschiedlich grausam. Bessergestellte Personen wurden durch das Schwert enthauptet, andere hängte man auf. Aber es gab auch viel Schlimmeres: Rädern, Vierteilen, Pfählen, lebendig einmauern, im Verließ sterben lassen. Sicher gab es damals schon Sadisten, die gerne andere Menschen quälten. Aber insgesamt diente die Grausamkeit und deren schreckliche Zurschaustellung der Abschreckung. Die Menschen, die hier zusahen, sollten sich von Verbrechen fernhalten. Denn hier zeigte man ihnen, was sie dann erwartete.

 

Auf dem Weg an der Galgenhöhe, Blick Richtung Pöhlberg
Auf dem Weg an der Galgenhöhe, Blick Richtung Pöhlberg

 

Die Sonne vertreibt finstere Gedanken.

 

Lange her ist es, dass an diesem Ort Menschen starben. Bei Ausgrabungen an solchen Richtstätten fand man teilweise auch Tierknochen. Denn die Richtplätze und ihre Umgebung wurden oft auch zur Entsorgung toter Tiere verwendet.

 

Wir verlassen respektvoll den alten Richtplatz und gehen talwärts Richtung Schacht 116, der alten Wismutanlage, über die Du HIER schon mal was erfahren konntest. Die Aussicht vom Haldengelände der Schachtanlage ist auch heute wieder herrlich. Der Wind pfeift jetzt ganz schön straff.

 

Der Pöhlberg von der Buchholzer Galgenhöhe aus gesehen
Der Pöhlberg von der Buchholzer Galgenhöhe aus gesehen

 

Vom Schacht 116 aus statten wir dem Buchholzer Türmel, einem kleinen Aussichtspunkt, noch einen Besuch ab. Dann gehen wir durch den Waldfriedhof und seinen verzauberten alten Teil zur Schneeberger Straße zurück. Hier kann man von der Wendeschleife Buchholz aus mit dem A-Bus zurück in die Annaberger City fahren.

 

Das machen wir, denn jetzt ist ein Kaffee genau das Richtige.

 

 

Nach diesem herrlichen Sonnentag gehts wieder heim. Und wieder bestätigt sich auch für kleinere Strecken das Wilhelm-Busch-Wort:

 

 

„Viel zu spät begreifen viele

die versäumten Lebensziele:

Freude, Schönheit und Natur,

Gesundheit, Reisen und Kultur.

Darum, Mensch, sei zeitig weise!

Höchste Zeit ist's!

Reise, reise!“

 

"Reise, reise!"
"Reise, reise!"