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Moldava (Böhmisch Moldau) - Teil 1

Hinterm Holzhauer Teichhaus gehts weiter - nach Moldava bis zur Kirche

Kirche Mariä Heimsuchung / Moldava (CZ)
Kirche Mariä Heimsuchung / Moldava (CZ)

 

Das Holzhauer Teichhaus hat hier in der Käffererkundung schon ab und zu eine Rolle gespielt. Das kommt auch daher, dass der "Muldenweg" vom Holzhauer Bahnhof dorthin für mich einer der schönsten in dieser Gegend ist. Nun ist der Weg ja nicht am Teichhaus zu Ende.

 

Geht man auf dem alten Bahndamm ein paar Minuten weiter, erreicht man einen kleinen Parkplatz. Von da aus gehts weiter durchs Muldental Richtung Rehefeld. Oder man wendet sich nach rechts, geht den Weg an der nun winzigen Freiberger Mulde entlang.

 

Und überquert nach wenigen Metern die Grenze nach Tschechien. Mit ein paar Schritten ist man im alten, sagenhaften Böhmen.

 

Freiberger Mulde am Grenzübergang
Freiberger Mulde am Grenzübergang

 

Der Grenzverlauf zwischen Böhmen und Sachsen war lange ein Grund für Auseinandersetzungen der hiesigen Machthaber. Im Jahr 1459 wurde im Vertrag von Eger diese Grenze festgelegt und anerkannt. Besiegelt hat man das Abkommen mit der Heirat der böhmischen Prinzessin Zedana (Sidonie), der Tochter Georg von Podiebrads,  mit Sachsenherzog Albrecht. Wir begegneten Zedana erst kürzlich in Tharandt, wo sie auf der dortigen Burg bis zu ihrem Tod im Jahr 1510 lebte. Zum Zeitpunkt ihrer Hochzeit im Jahr 1459 war Zedana zehn Jahre alt. Sie folgte ihrem Ehemann nach Meißen. Mit dem Vollzug der Ehe wartete man, bis Zedana als alt genug galt. Im Jahre 1464 war es soweit, das "Beilager von Tharandt" erfuhr historische Erwähnung. Das Mädchen wurde zur Frau; die böhmische Prinzessin zur sächsischen Herzogin.

 

 

Wie Zedana damit klar kam, ob sie Albrecht gern zum Mann nahm, ist nicht überliefert. Sie wurde sicher nicht gefragt. Es war die ihr zugedachte Rolle. Dass eine Zehnjährige, die ihre Heimat verlassen muss, Heimweh hatte - das lässt sich denken.

 

Der Grenzverlauf ist bis heute fast unverändert, auch sicher ein wenig dank dieses Mädchens?

 

Hochzeit von Herzog Albrecht mit Prinzessin Zedana / Von Unbekannt - Wandbild (Ausschnitt) in der Albrechtsburg Meißen, PD-alt-100, https://de.wikipedia.org/w/index.php?curid=8038976
Hochzeit von Herzog Albrecht mit Prinzessin Zedana / Von Unbekannt - Wandbild (Ausschnitt) in der Albrechtsburg Meißen, PD-alt-100, https://de.wikipedia.org/w/index.php?curid=8038976

 

"Der Historiker Lars-Anne Dannenberg von der TU Dresden sprach über die historischen und aktuellen Verbindungen zwischen Sachsen und Böhmen: „Das Bistum in Bautzen war im 15. Jahrhundert Spielball ausländischer Herrscher. Es gab Konflikte mit dem Bischof von Meißen. Mit dem von Georg von Podiebrad und dem Kurfürsten Friedrich und Herzog Wilhelm von Sachsen 1459 in Eger unterzeichneten Friedensvertrag wurden die Grenzstreitigkeiten zwischen Böhmen und Sachsen beigelegt. Die Grenze von Eger über den Kamm des Elster- und Erzgebirges bis nach Tetschen-Bodenbach (Dečín) ist noch heute gültig und somit die älteste und längste Grenze in Europa." (Quelle HIER)

 

Grenze von Eger (www.wikipedia.de)
Grenze von Eger (www.wikipedia.de)

 

Es ist ein schöner Herbsttag: Sonne, Wolken, wenig Regen. Ein paar Schäden, die Sturmtief "Ignatz" vor wenigen Tagen angerichtet hat, sind sichtbar. Entwurzelte Bäume, abgerissenes Geäst; einmal liegt eine riesige Fichte quer über dem Weg und muss überklettert werden.

 

Vom Holzhauer Bahnhof aus gehts Richtung Teichhaus.

 

 

Hinterm Teichhaus linker Hand auf dem alten Bahndamm läuft man in ein paar Minuten zur "Grenze von Eger". Die Stadt Eger heißt heute Cheb.

 

Der schienenlosen Bahndamm, auf dem ein Weg entlangführt, erinnert an die großartige Bahnstrecke Nossen - Moldau, auf der man seit 1885 63 Kilometer weit aus Mitteldeutschland bis nach Böhmen fuhr. Güter- und Personenverkehr fand hier statt. 

 

Am 07. Mai 1945 fuhr der letzte Zug von Moldau nach Holzhau. Danach wurde der grenzüberschreitende Streckenabschnitt zurückgebaut, die entfernten Gleise kamen, soweit ich weiß, in die Sowjetunion, als Reparationsleistung. Seitdem endet die Fahrt hier in Holzhau.

 

Auch die Nossener Strecke gibt es seit 1977 nicht mehr. Stabil ist die Route Freiberg - Holzhau. Verschiedene Quellen sprechen auch schon länger vom Wiederaufbau der alten Bahnstrecke bis Moldava. Sind ja nur wenige Kilometer, aber bringen würde es dem Reisenden viel. Wer Böhmen, die Tschechische Republik erkunden will, könnte nun von Freiberg aus direkt bis Moldava durchfahren. Und von da aus dann weiter nach Teplice, Mikulov, Dubi und Most. Schöner Gedanke.

 

Grenzübergang Holzhau/Teichhaus - Moldava
Grenzübergang Holzhau/Teichhaus - Moldava

 

Bald taucht das erste Dorf in der Tschechischen Republik auf.  Von der Grenze aus erreicht man zuerst das Oberdorf mit der Kirche, die eine neue Kuppel trägt.

 

Es ist Moldava, das alte Böhmisch-Moldau, erstmals 1346 als kleiner Glasbläserort erwähnt. Eine mehrheitlich deutsche Bevölkerung lebte seit Jahrhunderten mit wenigen Tschechen in diesem Dorf zusammen. Moldau gehört zu den vielen deutschen Ortsgründungen, seitdem zuerst die Premysliden, ein böhmisches Herrschergeschlecht, die Deutschen nach Böhmen riefen. Es waren rein wirtschaftliche Gründe, denn das Land brauchte Arbeitskräfte und Siedler. Das begann im 12./13. Jahrhundert. Es folgte eine Gründungswelle an deutschen Ortschaften. Die Mehrheit der heute tschechischen Städte haben deutsche Ursprünge.

 

Vergleicht man ein altes Foto aus den 1930iger Jahren mit einem Bild von heute, dann sieht man, dass die grenznahen Gehöfte nicht mehr da sind. Anderen böhmisch-deutschen Dörfern erging es noch schlechter. Sie wurden komplett vernichtet, so wie Grünberg oder Motzdorf.

 

Im Jahr 1921 lebten in Moldau 930 Einwohner, davon 43 Tschechen, sonst Deutsche.

 

Moldau / Moldava in Böhmen; Straße von der Grenze aus (https://www.boehmisches-erzgebirge.cz/pictures/Moldau/index.html)
Moldau / Moldava in Böhmen; Straße von der Grenze aus (https://www.boehmisches-erzgebirge.cz/pictures/Moldau/index.html)
Das heutige Moldava ist zu sehen.
Das heutige Moldava ist zu sehen.

 

Hier in Moldava gibt es eine besondere Kirche mit einem alten deutschen Friedhof. Diesem stillen Ort gilt unser Besuch heute. Das Dorf selbst wollen wir später mal erkunden.

 

Eingangstor zum alten Friedhof Moldava
Eingangstor zum alten Friedhof Moldava

 

Wann diese Kirche gebaut wurde, ist nicht bekannt. Im Jahr 1687 wurde sie der Jungfrau Maria geweiht; als katholische Kirche. Seitdem trägt sie den Namen "Mariä Heimsuchung". Der Kampf von Katholizismus und Protestantismus spielte in den böhmisch-sächsischen Grenzregionen eine große Rolle. 

 

Nach der herrscherverordneten strengen Katholisierung im Jahr 1668 wanderten viele böhmische Protestanten nach Sachsen aus, die so genannten Exulanten. Wir trafen sie schon in Deutsch-Georgenthal, wo sie viel später eine eigene Kirche bauten. Lange Jahre boykottierten die mehrheitlich protestantischen deutschen Einwohner die Moldauer Kirche und gingen lieber nach Hermsdorf zum Gottesdienst.

 

Andere Moldauer wurden katholisch. Die Kirche belebte sich.

 

 

Kirche und Friedhof sind verlassen. Alte, teilweise stark beschädigte Grabsteine stehen im Gras. Deutsche Namen auf den Grabsteinen, beerdigt vor 1945. Ich denke beim Lesen manchen Namens, wieviel demjenigen doch durch seinen Tod in den 1930er Jahren oder früher  erspart blieb. Zum Beispiel Frau Marie Rudolf, Bahnbedienstetengattin, gestorben im Alter von 63 Jahren im Jahr 1928.

 

Die Kirche ist leider verschlossen.

 

Sonntags sollen hier regelmäßig Gottesdienste stattfinden. Vielleicht schaffen wir das mal ....

 

***

 

Für heute verabschieden wir uns von diesem beeindruckenden, stillen Ort. Bis bald, Moldava-Moldau in Böhmen. Zum Schluss noch ein paar Eindrücke von Moldava, die Martin Valina eingefangen hat. Ein YouTuber, der gerne im böhmischen Erzgebirge und anderswo unterwegs ist: