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Burg und Schloss Frauenstein

(M)Ein Lieblingsplatz

Südlicher Wohnturm (genannt "Lärmstange"), Burg Frauenstein / Erzgebirge
Südlicher Wohnturm (genannt "Lärmstange"), Burg Frauenstein / Erzgebirge

 

Endlich bin ich mal wieder an einem alten Lieblingsplatz, der mich und unsere Familie schon viele Jahre im Leben begleitet: in Frauenstein, mit Burg und Schloss. Hierher hatte ich Dich im Januar 2020 schon mal mitgenommen, allerdings sind wir da nicht in die Burg hineingegangen, denn sie hält immer Winterruhe. Sehr klug.

 

Blick aus der Burgruine heraus auf Schloss, Stadtkirche und Stadt Frauenstein
Blick aus der Burgruine heraus auf Schloss, Stadtkirche und Stadt Frauenstein

 

Nicht so jetzt, mitten im Sommer. Ein guter Abenteuertag also, dieser Donnerstag. Mittags brechen wir schon auf, einen schönen Tag vor uns. Am zeitigen Nachmittag gehen wir vom Frauensteiner Markt aus die kleine Allee zum Torhaus hinauf.

 

Dahinter liegen Schloss und Burg.

 

 

Woher kommt eigentlich der Name "Frauenstein", den erst die Burg und später die kleine Stadt und auch das Schloss bis heute tragen und den man erstmals in 1218 urkundlich erwähnt fand? Natürlich gibt es in der sächsischen Sagensammlung von Herrn Grässe, erschienen im 18. Jahrhundert in Dresden, etwas dazu:

 

Stadtansicht Frauenstein von 1720 mit Burg (A) und Schloss (B) / (Quelle: Von Rosenlöcher - Deutsche Fotothek Dresden, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=23179620)
Stadtansicht Frauenstein von 1720 mit Burg (A) und Schloss (B) / (Quelle: Von Rosenlöcher - Deutsche Fotothek Dresden, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=23179620)

 

227. Ursprung des Namens der Stadt Frauenstein.

[203] Bahn, Das Amt, Schloß und Städtchen Frauenstein. Friedrichst. bei Dresden 1748. S. 19. 21.

 

"Als in Deutschland noch das Faustrecht in seiner schönsten Blüthe stand, da haben eine Anzahl Raubritter mehrere gemeinschaftliche Burgen im sächsischen Hochlande gehabt; zu Frauenstein hatten sie ihre Frauen, zu Rechenberg hielten sie ihre Abrechnung und theilten ihren Raub, zu Purschenstein lagen ihre Reisige und Burschen in Quartier und zu Pfaffrode unterhielten sie ihre Pfaffen. Wenn aber auf dem alten Stadtsiegel eine Frau, an einem Felsen stehend und in der Hand einen Zweig mit drei Aesten und Blüthen haltend, dargestellt ist, so bedeutet dies, daß früher das Städtchen unter dem felsigen Schloßberge stand und von der Königin Libussa ... gegründet worden ist. ..."

 

(Quelle: Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1, Dresden 21874, S. CCIII203-CCIV204.

 

http://www.zeno.org/nid/20004928032)

Stadtwappen Frauenstein mit Königin Libussa
Stadtwappen Frauenstein mit Königin Libussa

 

Wir bezahlen am Kassenhäuschen Eintritt und betreten das Burggelände. Der Himmel ist bewölkt, einzelne Tropfen fallen, ein leichter Wind weht. Kalt ist es nicht. Einsam liegt die Burg im Nachmittagslicht; direkt vor uns der südliche Wohnturm. Er wird auch "Lärmstange" genannt, was sicher mit dem lautstarken Treiben seiner früheren Bewohner zu tun hat. Es sieht hier jetzt genau so aus wie auf manchen Kalenderbildern, wo man einsame Gemäuer schottischer Castles in weiter Landschaft romantisch herumliegen sieht.

 

In den nächsten Stunden treffen wir hier genau drei Menschen: eine kleine Familie. Mehr nicht. Schön. Die Stille dieses historischen Ortes, das Rauschen der Bäume, die Geräusche der Vögel und Insekten - herrlich.

 

Weniger schön, aber eben auch notwendig ist ein emsig in der Nähe arbeitender Hubschrauber. Wir sehen ihn hin- und herfliegen, etwas hängt an ihm dran, das er transportiert. Löschwasser ist es offensichtlich nicht, denn nirgens sind Rauch oder Feuer zu entdecken.

 

Wir klettern in Burgkellerräume, gucken uns die alten Wohnbereiche an und steigen auf den höchsten Turm, den nördlichen Wohnturm namens "Dicker Merten" mit seiner schönen Aussichtsplattform ganz oben. Weit sieht man von hier aus ins Land, in alle Richtungen. Auf diesem Turm haben wir früher mal einen Drachen steigen lassen, mein damals noch kleiner Sohn und ich. Auch vor dem Torhaus, vor vielen Jahren, verloren wir beim Spielen einen besonderen Fußball, einen ganz schwarzen ("Wilde Kerle"-Ball). Wir suchten und suchten erfolglos; gingen dann traurig in unser damaliges Ferienquartier hier in der Nähe. Am nächsten Tag machten wir weiter. Und fanden unseren Fußball. Er klemmte im Inneren einer Hecke, die auch heute noch vor der Schlossmauer wächst - unsere Freude war damals groß.

 

Natürlich gibts auch hier in dieser Burgruine einen Ort, wo man heiraten kann, er heißt "Eheschließungsraum". Das klingt nicht sehr romantisch, eher nach einer Mischung aus Trafohaus und Tagesklinik. So sieht es zwar nicht aus, die Verantwortlichen haben sich Mühe gegeben, aber es hat doch etwas Gruftiges. Geschmacksache eben. Viel schöner: im "Dicken Merten", weiter oben, ein herrlicher großer Raum mit Blick in die Bäume und dann - ganz oben - die Aussichtsplattform. Freier Blick, besser als im Eheschließungskeller....

 

 

Seit wann gibts die Burg eigentlich? Und wann kam das Schloss dazu?

 

Im 12. Jahrhundert begann die Besiedelung des Erzgebirges, die teilweise Rodung des Miriquidi-Urwaldes voller Wölfe und Bären. Zu dieser Zeit ließ der Meißner Markraf auf dem Berg über dem Kuttelbachtal eine Burg bauen. Sie diente der Straßen- und Grenzsicherung. Denn hier führte eine wichtige Verbindungsstraße zwischen Meißen und Böhmen entlang. Silbererz war im Erzgebirge entdeckt worden; man betrieb Bergbau, auch hier, in den Dörfern unterhalb der Burg Frauenstein. 

 

Die Burganlage (Schautafel)
Die Burganlage (Schautafel)

 

Verschiedenen Markgrafen und Rittern gehörte die Burg in den nächsten Jahrhunderten. Immer wieder wurde sie umgebaut, erweitert, den Bedürfnissen ihrer Nutzer angepasst. Auch mal belagert. 1585 ließ der damalige Besitzer, der kurfürstliche Rat Heinrich von Schönberg, neben der Burg ein modernes Wohngebäude bauen, das Schloss im Stil der Renaissance. Es sollte mehr Komfort bieten als die Burgräumlichkeiten. Vor allem die Wasserversorgung spielte eine große Rolle. Denn ein über zwanzig Meter tiefer Brunnen ist im Burginneren zu sehen; der ist aber nur eine Zisterne und fängt Regenwasser auf, geht nicht bis zum Grundwasser. Wasser in Schläuchen wurde auf Eseln in die Burg transportiert, war also ziemlich umständlich.

 

Grenzsicherungsaufgaben hatte Burg Frauenstein zu diesem Zeitpunkt des Schlossbaus längst nicht mehr, sie diente als Wohn- und Amtssitz.

 

 

Seitdem stehen Burg und Schloss nebeneinander, teilten auch das Schicksal des Brandes von 1728, bei dem Stadt, Schloss und Burg stark beschädigt wurden. Das Schloss diente weiterhin als Wohn- und Amtsgebäude; die Burg verfiel. Bis man sich ab 1901 für die historische Anlage zu interessieren begann, was sehr dem damaligen Frauensteiner Baumeister Arthur Göpfert zu verdanken war. Sie wurde instandgesetzt und ab da von vielen Leuten besucht.

 

Nach 1945 war das Schloss Kinderferienlager, Wohnstätte für Vertriebene und Museum. Die Ruine wurde weiter für Besucher offengehalten; eine 1923 ins Burgareal eingebaute Skischanze betrieb man noch bis in die 1970er Jahre. Eine krasse Zerstörung der historischen Substanz aus heutiger Sicht, das sah man damals offensichtlich nicht so eng. Die Schneise am Burgberg ist immer noch zu sehen.

 

Seit 2015 gehört die Burgruine (zum Glück) der Stadt Frauenstein, das Schloss erhielt 2006 private Besitzer. Professor Lew Turski kaufte es. (mehr dazu siehe Zeitungsartikel hinter dem roten Button).

 

 

Ausführliches zur Geschichte von Stadt, Burg und Schloss findet sich gut zusammengefasst HIER.

 

 

Auf diesem Boden, wo seit fast tausend Jahren Menschen leben, kämpfen, arbeiten: diese Burg, dieses Schloss und diese kleine Stadt gebaut haben, da wandelt es sich gut durch diesen Nachmittag.

 

Die Burgruine wurde in den letzten Jahren aufwändig saniert, sehr gut ist sie jetzt begehbar mit wohlgeplanten Stegen und Treppen; auch früher unzugängliche Bereiche kann man sich heute ansehen. Sehr schön die Aussicht immer wieder von den verschiednen Ecken der Burg aus ins Umland. Das Schloss hat mittlerweile ein neues Dach bekommen; das Hauptportal wurde saniert. Das seit Jahren im Erdgeschoss befindliche Silbermann-Museum, gewidmet dem wohl berühmtesten Frauensteiner, dem Orgelbauer Gottfried Silbermann, zieht gerade um. Deshalb ist es nicht zu besichtigen, bis es im kommenden Herbst in neuem Glanz eröffnet. Das neue Museum zieht in ein sehr schönes, frisch saniertes Haus neben der Schule am Markt ein.  

 

Mehr zum Silbermannmuseum der Zukunft HIER. Auf die Eröffnung kann man sich schon freuen:

 

Hier zieht das Silbermannmuseum ein, Markt 4 / Ecke Wassergasse, Frauenstein.
Hier zieht das Silbermannmuseum ein, Markt 4 / Ecke Wassergasse, Frauenstein.

 

Nachdem wir die Burg verlassen, als sie abgeschlossen wird, da gehen wir noch die kleine, wohlbekannte Runde um das Gelände herum. Dunkelgrün leuchtender Schlosswald. Bienen summen. Ein altes Herz in Baumrinde geritzt. Da entdecken wir eine neue Aussichtsbank und genießen Kaffee aus dem Rohr. Die Grillen sind hier wirklich lautstark; vielleicht ahnen sie schon das baldige Ende des Sommers.

 

Von hier aus kann man sich, anstatt nach rechts zur Stadt zurück, auch nach links wenden. Zur Schäferbrücke und weiter nach Reichenau kann man laufen oder Richtung Hofefeld und Kleinbobritzsch gehen. Sehr schöne Strecke; machen wir aber heute nicht. Alles zu seiner Zeit. Du wirst sehen.

 

Vrouwin, der Frauensteiner Burggeist, begleitet Besucher durch die Ruine und berichtet Interessantes. (Quelle: https://www.silbermann-museum.de/standard-titel-2)
Vrouwin, der Frauensteiner Burggeist, begleitet Besucher durch die Ruine und berichtet Interessantes. (Quelle: https://www.silbermann-museum.de/standard-titel-2)

 

Heute gibts noch einen Kaffee in der Bäckerei Schmieder, es regnet mittlerweile richtig. Und es ist schon Abend geworden - also Zeit, nach Hause zu fahren. 

 

Nicht, das uns noch Vrouwin, das Burggespenst, erwischt ....

 

 

 

Die Burg besichtigen kann man vom 01. Mai - 31. Oktober, immer von 10 - 16 Uhr. Montags ist geschlossen. Da die Öffnungszeiten witterungsbedingt sind, empfiehlt sich im Zweifelsfall eine Nachfrage unter:

 

Gottfried-Silbermann-Museum Frauenstein
Am Schloss 3
09623 Frauenstein
Telefon: 0049(0)37326-1224
Fax: 0049(0)37326-85886 oder 0049(0)37326-83919
E-Mail: silbermann.museum @frauenstein.com

 

Sei weise und reise! Nach Frauenstein ...
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