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Unterwegs in sächsischen Gärten

Freude ganz nah

Eine meiner Lieblingsblumen: die dunkelrote gefüllte Pfingstrose
Eine meiner Lieblingsblumen: die dunkelrote gefüllte Pfingstrose

 

Diese Jahreszeit ist voller neuer Blätter, Kräuter, Gräser, Knospen, Blüten. Die Natur schwelgt, das Schöne explodiert um uns herum. 

 

Eine gute Zeit, um in den Garten zu gehn. Hat man, so wie ich, keinen eigenen - guckt man sich eben die Gärten anderer Leute an. Das hat den Vorteil, dass man das Vergnügen hat, nicht aber die Arbeit. Aber auch diesen Nachteil: man muss auf ein wirklich eigenes Refugium verzichten.

 

Bald wird hoffentlich mein lieber Forstbotanischer Garten in Tharandt wieder für Besucher öffnen, denn dort findet derjenige, der Pflanzen liebt, das wahre Paradies.

 

Paradiesisch auch eine meiner Lieblingsblumen: die Pfingstrose (Päonie). Egal, ob einfach oder schwer gefüllt, schneeweiß oder dunkelrot - die sind wunderschön, duften herrlich und verzaubern uns jedes Jahr an der Schwelle des Frühlings zum Sommer. Viele verschiedene Sorten gibt es. Sie heißen etwa "Big Ben", "Bowl of Beauty", "Festiva Maxima" oder "Duchesse de Neymours". Schön, oder? Eine fand ich namens "Bunker Hill"... "Bunkerhügel", eine Pfingstrose?! wundere ich mich.

 

Pfingstrose "Bunker Hill" (Bild: https://graefin-von-zeppelin.de/paeonia-lactiflora-bunker-hill)
Pfingstrose "Bunker Hill" (Bild: https://graefin-von-zeppelin.de/paeonia-lactiflora-bunker-hill)

 

Aber, wie so oft, steckt etwas dahinter, hinter diesem Namen. Wenn man nachforscht und neugierig genug ist. Bunker Hill nennt man eine Schlacht im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, als sich die 13 britischen Kolonien vom englischen König lossagten. Bunker Hill fand statt am 17. Juni 1775 während der Belagerung von Boston. Die britische Armee unter William Howe vertrieb die amerikanischen Milizen aus den befestigten Stellungen an den Hügeln Bunker Hill und Breed's Hill. Trotzdem verloren die Engländer - am 4. Juli 1776 wurden die Vereinigten Staaten von Amerika gegründet, zunächst aus diesen 13 britischen Kolonien. Die am Ende gegen England gewonnen hatten! Um die  freiheitsliebenden und kämpferischen Kolonisten zu ehren, die später US-Amerikaner wurden, da nannte man diese 1906 vorgestellte neue Pfingstrosenzüchtung so.

 

Die "Welt" schreibt am 15.06.2018 über das historische Kriegs-Ereignis  :

 

"Im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg kommt es am 17. Juni 1775 unweit von Boston zur Schlacht von Bunker Hill. Es ist die erste große militärische Auseinandersetzung zwischen britischen Kolonialtruppen und amerikanischen Milizen, die seit April die Hafenstadt belagern. Zwar gelingt es den Briten unter dem Kommando von William Howe, die Aufständischen aus ihren Stellungen zu vertreiben. Aber angesichts der hohen Verluste ziehen sich die Sieger wieder nach Boston zurück.

 

Die Amerikaner haben bewiesen, dass sie trotz mangelhafter Ausrüstung und fehlender Kriegserfahrung ein ernst zu nehmender Gegner sind. König Georg III. von England erlässt daraufhin am 23. August 1775 die Proclamation of Rebellion, die den Krieg verschärft.

 

Im März 1776 zieht sich die britische Garnison aus Boston zurück."

 

Die Schlacht von Bunker Hill / Felix  Oktavius Carr  Darley (1822 - 1888)
Die Schlacht von Bunker Hill / Felix Oktavius Carr Darley (1822 - 1888)

 

Nicht zuletzt durch Vergänglichkeit beeindruckt die Pfingstrosen-Schönheit, man weiß: sie hält nur kurz. Die zarten Blütenblätter fallen schnell aus und die oft kindskopfgroßen Blüten einiger gefüllter Sorten neigen sich schwer zu Boden. Dafür bauen manche Gärtner solche kleinen Stützringe um ihre Blumen. 

 

Bei uns in der Gegend tragen die Pfingstrosen temperaturbedingt dieses Jahr Ende Mai erst Knospen, manche öffenen sich zaghaft.  Es war ihnen bisher wohl zu kalt. 

 

Helen Gräfin von Zeppelin gründete 1926 eine Gärtnerei im heutigen Landkreis Breisgau-Hochschwarzbald, in Sulzbach-Laufen. Auch die heute dort tätigen Gärtner wissen viel über Pfingstrosen.

 

 

Meine Pfingstrosenliebe geht vielleicht auf eine kleine Geschichte zurück, die sehr lange her ist. Pass auf:

 

 

Ich war noch klein, so 4 - 5 Jahre, ging mit meiner Mutter spazieren.  Wir waren in Leipzig damals, liefen durch "unseren" Park und dann - durch eine Kleingartenanlage. Später Frühling, zeitiger Sommer. So wie jetzt. Während ich daran denke, erfassen mich Neugier und Sehnsucht, diesen alten Platz wieder mal aufzusuchen. Jahre war ich nicht dort, würde alles aber sofort wiederfinden, hinter dem Eisenbahntunnel der Weg zum Stünzer Park und den Gärten in der Nähe ... Ich weiß noch, wie es in dem Tunnel gerochen hat: Sehr gut. Nach Mauerwerk, Zement und Feuchtigkeit. Ein wenig nach den Bahndammpflanzen, im Sommer die riesige Goldrute, ganzjährig herrliche fette Brennnesseln. Selbst meinen alten Sandkasten, ein großes Rondell mit gefährlichem Steinrand, habe ich per Satellitenbild wiedergefunden.

 

 

Leipzig: Sandkasten im Stünzer Park
Leipzig: Sandkasten im Stünzer Park

 

Links die Bahngleise, rechts die Kleingärten, dort spazierten wir lang. Ein kleiner Fußweg am Rand der Gartenanlage. Bahngleise in der Sonne haben auch so einen besonderen Geruch: mineralisch-metallisch, angenehm.

 

Wir kamen an einer Hecke vorbei, die mir damals riesig erschien.

 

Ein Frau war gerade dabei, sie zu verschneiden. Sie stand vor ihrem Gartentor an der Blätterwand und hantierte mit einer großen Schere. Schnipp-schnapp, schnipp-schnapp, sagte die Schere. Ich sah Grünzeug wie Haare beim Friseur herunterfallen und trat näher. Begeistert sammelte ich von dem Abgeschnittenen Zweig für Zweig einen kleinen Strauß zusammen. Die Gartenbesitzerin schaute mir zu, unterbrach ihr Heckenschneidwerk und rief mich zu sich, in den Garten. Meine Mutter lächelte und nickte zustimmend, also ging ich mit hinein.

 

Und da geschah es: sie reichte mir einen Strauß Pfingsrosen, die sie gerade extra abgeschnitten hatte. Leicht gefüllte, ganz dunkelrote, duftende, ich weiß es noch genau. Ich war begeistert, das kam so unerwartet - diese riesigen, wunderschönen Blumen, einfach so: für mich! Das hat solchen Eindruck gemacht, dass ich es bis heute noch weiß. Und das ist doch etwas - eine schöne Erinnerung und ein Lebensfreude-Tipp für die Gegenwart: Pfingstrosen suchen, finden, anschauen, dran riechen. Vielleicht ein paar in die Vase stellen. Oder jemandem ein paar schenken, von dem man weiß, dass er sich drüber freut.

 

Wunderschön!

 

***

 

Heute in den Gärten, Pfingstrosen erst im Kommen, paar andere Pflanzen sind schon voll da. Guck es Dir an:

 

 

Ein Gartentipp von mir Nichtgärtner: Geh (mal wieder) in einen botanischen Garten. Am besten an einem ganz normalen Dienstagvormittag (siehe "Abenteuerdienstag"), wenn Du Dir da etwas Freizeit einplanen kannst. Denn die zauberhafte Gartenatmosphäre spürt man am besten, wenn wenige oder keine Menschen darin unterwegs sind. Dann hört man auch den Gesang der Vögel und das Summen, Brummen und Zirpen der Insekten besser. Finde ich (so als Kauz). Vielleicht, aber nur ganz vielleicht, sieht man ja mal einen der seltenen und äußerst eleganten Maulwürfe:

 

 

Meinen Tharandter Liebling, den Forstbotanischen Garten,  kennst Du ja schon zur Genüge (wenn nicht, dann HIER). Mehr Garten-Ideen sind hinter dem folgenden Button auffindbar, da gehts von Leipzig und Chemnitz bis ins Erzgebirge nach Schellerhau. Jeder einzelne der elf Genannten ist sicher einen Besuch wert. Mich zieht es glaube ich als nächstes sehr nach Schellerhau ...

 

 

Und solange diese großen Gärten noch geschlossen sind, da mache ich eben eine Runde durch die Kleingartenanlage .... Du siehst etwas davon in der kleinen Bildergalerie oben.

 

Auch schön....
Auch schön....