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Auf dem Ziegenfelsen in Schönbrunn

Unterwegs auf der "anderen" Seite

Blick vom Ziegenfelsen / erster Aussichtspunkt auf Schloss Wolkenstein
Blick vom Ziegenfelsen / erster Aussichtspunkt auf Schloss Wolkenstein

 

Egal wobei: immer interessant, sich mal auf "die andere Seite" zu begeben.

 

Wir tun das heute, indem wir in Schönbrunn den Ziegenfelsen besuchen. Sozusagen den "Gegenberg" vom Wolkensteiner Schlossberg.

 

Ziegenfelsen, zweiter Aussichtspunkt
Ziegenfelsen, zweiter Aussichtspunkt

 

Woher der Felsen seinen Namen hat - ob von früher hier lebenden wilden Bergziegen oder von tragisch abgestürzten Hausziegen - das konnte ich bisher nicht herausfinden. Leider. Dafür habe ich beim Suchen etwas anderes bzw. jemanden gefunden: die Erzgebirgsziege.

 

Das ist eine speziell für die Bedingungen im Erzgebirge gezüchtete Hausziegenrasse.  Und so sieht sie aus:

 

Erzgebirgsziege mit Kitz (www.wikipedia.org)
Erzgebirgsziege mit Kitz (www.wikipedia.org)

 

***

 

Um auf einen Felsen zu kommen, muss man irgendwo hoch. Dafür ist dann die Aussicht um so besser.

 

Wir starten in Schönbrunn gleich am Café "Burgblick", wo von der durch das Zschopautal führenden Straße (die hier im Ort Annaberger Straße heißt und teilweise die B101 ist) eine Seitenstraße namens Häuslergasse den Berg hinterm Café hochführt. Ein Wegweiser hilft auch dem Ortsunkundigen.

 

Die Häuslergasse hoch gehts in Richtung Ziegenfelsen.
Die Häuslergasse hoch gehts in Richtung Ziegenfelsen.

 

Seinen Namen hat dieser zur Stadt Wolkenstein gehörende Ortsteil Schönbrunn sicher der Tatsache zu verdanken, dass es hier in der Gegend Heilquellen gibt. Sieht man in den Nachbarorten Warmbad und Wiesenbad, wo man in Thermalbädern baden und das besondere Wasser in kleinen Trinkpavillons zu sich nehmen kann. Überlieferungen zur Namensgebung fand ich für Schönbrunn, das es seit dem 14. Jahrhundert urkundlich nachgewiesen als Dorf gibt, nicht.

 

 

Es geht noch ein Stück bergauf, ein Wanderweg biegt rechts ab -  dann landet man nach wenigen Metern an einem kleinen Wiesenplatz mit zwei Bänken. Ein schöner Ort - vielleicht erinnerst Du Dich an meine Aktion "Abendsonne" letztens. Das war hier. 

 

Ein paar Minuten weiter ist dann schon der Ziegenfelsen, Aussichtspunkt 1, erreicht. Der zweite Aussichtspunkt, zu sehen oben auf dem zweiten Foto, liegt ein paar Meter weiter Richtung flussabwärts. Beide sind sehr schön und auf jeden Fall einen Besuch wert. Oder lieber mehrere, immer mal wieder.

 

Traumhaft bestimmt, hier einen Herbstmorgen zu erleben: Nebel über der Zschopau, rosaoranger Himmel mit aufgehender Sonne, Erd- und Laubgeruch, Krähenrufe, kalte Luft und - heißer duftender Kaffee aus dem Rohr, ein noch warmes knuspriges Brötchen vom Burgcafé. Grundvoraussetzung dafür natürlich ein kuschliges bequemes Wanderoutfit und gute Schuhe. Es ist eigenartig: stelle ich mir in diesem Moment genau diese Morgenstimmung vor, da freue ich mich jetzt, Mitte Mai, schon wieder auf den Oktober....

 

Aber jetzt - tobt gerade der Frühling und geht in den Sommer über. Warm genug ist es an diesem Tag auf jeden Fall ...

 

 

Also sitzen wir in der Maisonne auf dem Ziegenfelsen und genießen das Wetter, den Gesang der Vögel, den Duft der blühenden Bäume und Wiesen, den leichten Wind. Und den Kaffee. Ich weiß wirklich nicht, was ich ohne Kaffee machen sollte ...

 

 

 

Das Hinterland des Ziegenfelsens, Richtung Heidelbachtal, ist wunderschön. Hier kann man, je nach Lust, Laune, Kraft und Zeit einen schönen kleinen Spaziergang oder eine Riesentageswanderung machen. Oder mehrere Tage .... Ziele gibt es genug, die einen locken. Von hier oben kann man gut ins Weite gucken, das regt bei mir immer die Sehnsucht nach der Ferne, die Abenteuerlust und meistens auch die Laufkapazitäten an....

 

Wir trödeln durch Wald und Feld, liegen zwischendurch in der Sonne. Dann beobachte ich Ameisen, die ein paar Zuckerstücke von der Streuselschnecke abbekommen haben und versuche mich als "Tierfotograf". Natürlich, ohne meine Models zu erschrecken oder gar zu verletzen. 

 

Diese interessante und vor uns meist verborgene Welt der Insekten ist ein ganzes Universum für sich. So viel gibt es hier zu beobachten, zu erfahren, zu verstehen - wenn man es nur will. Also, bitte die kleinen Lebewesen achten und nicht einfach geistlos draufhauen.

 

Auch sie lieben Zucker!
Auch sie lieben Zucker!

 

Beim Stöbern zu Schönbrunn findet sich ein interessantes altes Buch, dass die Ereignisse während des Bauernkrieges in dieser Gegend beschreibt. Geschrieben hat es ein Schuldirektor aus dem benachbarten Annaberg; im Jahr 1900 wurde es veröffentlicht.

 

Während dieser Bauernaufstände auf deutschem Territorium zwischen 1524 und 1526 organisierten sich die Bauern und andere Aufständische, bildeten Gruppen und kämpften gegen Leibeigenschaft, Unterdrückung, Ausbeutung und auch für verständlichere Gottesdienste in ihrer Muttersprache. Sie wollten ein menschenwürdiges Dasein. Einer der berühmtesten Anführer war Thomas Müntzer, ein Pfarrer, Reformator und Kämpfer. In der Schlacht bei Frankenhausen in Thüringen am 15. Mai 1525 starben mindestens 6000  Bauern im Kampf. Müntzer und andere Anführer wurde gefangengenommen, gefoltert und später hingerichtet.

 

Was geschah in dieser Zeit im Erzgebirge? Hier ein Auszug für Dich. Falls Dir das zu umfänglich ist, überspringe einfach nach den Bildern den dann folgenden Teil mit der blauen Schrift:

 

"Geyer und das Obererzgebirge"

Heimatkundliche Geschichtsbilder für Haus und Schule von Max Grohmann,

Schuldirektor.Zweite veränderte und erweiterte Auflage. Annaberg 1900.

Graser'sche Buchhandlung (Richard Liesche). Verlag. (Quelle HIER)

 

41. Das Obererzgebirge im Bauernkriege.

~a.~ Die Kriegsereignisse.

"Den Bauern drückten am Ende des Mittelalters allerhand Lasten weltlicher wie geistlicher Herren. Er hatte Frondienste, Zehnten, Zinsen und Abgaben aller Art zu leisten. Luther sagt: »Wenn der Acker eines Bauern so viel Thaler wie Ähren trüge, es würde nur die Ansprüche der Herren vergrößern.« Die Reformation sollte ihnen auch ihre Menschenrechte vor die Seele führen. Mannigfache Flugschriften erschienen, und bald entstand unter den Bauern eine Bewegung, die man den +Bauernkrieg+ nannte. In 12 Artikeln waren die Forderungen der Bauern zusammengefaßt. An der allgemeinen Bewegung nahm auch das Sachsenland und unser Obererzgebirge teil.

 

Durch sein tyrannisches Wesen hatte sich besonders Ernst von Schönburg hervorgethan, der damals im oberen Erzgebirge ausgedehnte Besitzungen hatte. Ließ er doch zwei Annaberger Bürgern, die in seinem Gebiete Fischdiebstahl begangen hatten, die Augen ausstechen....

 

Wolf Göftel aus Buchholz und Andreas Ziehner, beides Bergknappen in Marienberg, machten den vogtländischen Aufrührern zu Waldkirchen bei Reichenbach die Artikel. Wir sehen, daß auch die Bergleute mit fortgerissen wurden von der Bewegung. Größere Ansammlungen von Bauern entstanden zunächst in Zwickau und Stollberg....

 

Die Mildenauer zogen nach Schönbrunn. Sie nahmen die Pfarre ein und trieben allerlei Unfug....

 

Lukas Merten aus Wolkenstein machte Butter in der Pfarre; dessen Sohn schlachtete eine Kuh und kochte auch sogleich das Fleisch; Eulner aus Neundorf zerschlug mit dem Berghammer ein Kruzifix und warf es ins Wasser; Petzold aus Neundorf hieb dem Johannisbilde, das in der Schönbrunner Pfarre hing, den Kopf ab, hing es an den Füßen auf und trug es im warmen Bade umher zur Freude des Wirtes. In Geyer unterblieb die Erstürmung der Pfarre, da es zum Ausgleich kam. Die Drehbacher wollten sich gegen ihre Herren, die von Stangen auf Drehbach, erheben. Gegen 400 Mann zogen vor das Schloß und verlangten Freisprechung. ....Erfüllt wurden die Forderungen der Bauern nicht. Nach der Niederlage bei Frankenhausen (TW: am 15. Mai 1525) zerstreuten sich die Unruhestifter. Viele flohen, um harter Strafe zu entgehen, die auch nicht ausblieb. Herzog Georg erschien bald im Erzgebirge.

 

Am härtesten verfuhr Ernst von Schönberg gegen die Aufständischen. Milde war Kurfürst Johann. In Annaberg wurden vom Herzog Georg viele ausgewiesen oder in Gefangenschaft gesetzt. Andere mußten die Mauern um Annaberg bauen helfen. Herzog Heinrich ließ die Richter zu Mildenau, Arnsfeld und Schönbrunn köpfen. Die Geringswalder und Rückerswalder wurden gespießt, viele verloren ihre Güter. Wolf Göftel, der Hauptführer im Erzgebirge, war entflohen. Ernst von Schönburg schrieb an Herzog Georg, er habe dem Pfarrer zu Penitz die Ohren abschneiden lassen ...

 

... und viele andere an Geld und Freiheit strafen. Das war das Ergebnis der bäuerlichen Bewegung."

 

(Nach ~Dr.~ Wolf)

 

 

An diesem Tag kommen wir nicht mehr ins Heidelbachtal und auch nicht zum Tollfelsen, der mit einem alpinen Wandersteig angekündigt wird. Jetzt noch nicht, beim nächsten Mal.

 

 

 

Denn heute ist Maisonnenherumtrödeltag. Demnächst Trollbesuchstag, mit griechischem Essen im Anschluss - wenn das schöne Restaurant wieder geöffnet hat?! Draußen an der Mauer habe ich da mit meinem kleinen Sohn früher mal Eidechsen beobachtet an einem warmen Sommerabend, das vergisst man nicht ...

 

Operation "Abendsonne"
Operation "Abendsonne"

 

Nach einem wunderschönen Tag verabschieden wir uns dieses Mal erst am Abend von Schönbrunn und fahren heim. Hat sich wieder gelohnt herzukommen. Ich empfehle es Dir.