· 

Heftige Debatte um Gesetzesentwurf

Über die Wichtigkeit demokratischer Prozesse

Grafik: https://www.instagram.com/otto_rotbart/
Grafik: https://www.instagram.com/otto_rotbart/

 

Nachtrag vom 18.11.2020, 22:00: Abstimmungsergebnis siehe auch Artikel vom 19. 11; ab 18.30:

 

Abstimmungsergebnis vorab:

 

 

https://www.bundestag.de/parlament/plenum/abstimmung/abstimmung?id=698
https://www.bundestag.de/parlament/plenum/abstimmung/abstimmung?id=698

 

Artikel vom 17.11.2020:

 

Aus aktuellem Anlass, wegen der kurz bevorstehenden Sondersitzung des Bundestages morgen (18.11.2020) hier Informationen zu geplanten Änderungen des Infektionsschutzgesetzes, das auch Bevölkerungsschutzgesetz heißt. In der Täterwerkstatt gabs dazu schon vorige Woche einen Beitrag mit dem Gesetzestext, nachzulesen HIER.

 

Sag jetzt bitte nicht: "Oh, langweiliger Gesetzeskram. Was geht mich das an. Versteh' ich eh nicht, bin ja kein Jurist". Nein! Es geht uns alle an, weil es in Zukunft direkten Einfluss auf unser Leben hat, ob so etwas gültig ist oder nicht. Wird der jetzt vorliegende Gesetzentwurf vom Parlament abgesegnet, sind Teile der Grundrechte außer Kraft gesetzt. Das ist ganz emotionslos ausgesprochen ein Fakt. Ich springe nicht schreiend hoch und runter und rede von 1933 und dem Ermächtigungsgesetz der Nationalsozialisten - nein.

 

Aber: Wie später von der Regierung, und von kommenden Regierungen, damit umgegangen wird, weiß man vorher nicht. Vor allem über einen längeren Zeitraum hinweg können Verantwortliche sich an die Machtfülle und das "Durchregieren" ohne Widerrede gewöhnen (für mich äußerst verständlich, wenn ich mich hineinversetze).

 

Einige Verfassungsrechtler unseres Landes haben sich zu Wort gemeldet, um ihre Bedenken zu äußern. Einer von ihnen ist der ehemalige Verteidigungsminister Rupert Scholz (CDU), der das Zustandekommen der bisher festgelegten Corona-Maßnahmen für verfassungswidrig hält, Quelle HIER. Man sieht, nicht nur sogenannte "Covidioten" , "Aluhüte" und "Wutbürger" üben Kritik.

 

***

 

Die Bürger hätten im Fall eines Inkrafttretens dann aufgrund des einmal verabschiedeten Gesetzes kaum rechtliche Möglichkeiten, da viele Eingriffe des Staates in unsere Leben ja vom Parlament legitimiert wurden. Damit sind auch der Bundestag und die Landesparlamente nicht mehr in der Lage, Einfluss zu nehmen.

 

Panik ist nicht angesagt, aber sachliche Selbstinformation. Diese Abstimmung morgen im Bundestag findet namentlich und nicht anonym statt, auf Antrag der AfD. Man kann also später nachvollziehen, welcher Politiker wie abgestimmt hat. Ich hoffe hier auf eine demokratische Opposition und deren klugen Umgang mit der Situation. Mut der Abgeordneten ist gefragt.

 

***

 

Wir Bürger müssen uns, so gut es geht, informieren und dann über unser Verhalten nachdenken. Im gleich folgenden Artikel von Milosz Matuschek gibts dazu Vorschläge, was man tun könnte. Zumindest solltest Du in groben Zügen wissen, worum es da geht und die Wichtigkeit dieser Angelegenheit erkennen. Das Abstimmungsverhalten der jetzigen Bundestagsabggeordneten könnte Einfluss auf unsere eigene Wahlentscheidung bei der Bundestagswahl 2021 haben.

 

Als Bürger einer demokratischen Gesellschaft sind wir verpflichtet, diese zu erhalten, in unserem eigenen Interesse. Und mit dem Eingriff in Grundrechte muss in jedem Fall sehr sensibel umgegangen werden. Wenn bestimmte Einschränkungen unter Umständen notwendig sind, müssen sie begründet, sinnvoll, angemessen und zeitlich befristet sein.

 

Wenn wir hier alle pennen und immer Besseres zu tun haben als uns zu informieren und entsprechend zu handeln, sind wir selbst schuld, wenn man uns wie eine Schafherde behandelt. Denn dann sind wir auch eine.

 

***

 

Ich zitiere einen Auszug aus Matuscheks Artikel, danach folgt der komplette Beitrag zum Nachlesen in der "Welt":

 

***

 

"Am kommenden Mittwoch, dem 18.11.2020, geht es im Bundestag nun ans Eingemachte. Der Geist des pandemischen Imperativs und eine offene Anzahl von Einzelmaßnahmen werden in Gesetzesform gegossen. Die Regierungskoalition will das Dritte Bevölkerungsschutzgesetz beschließen, der Bundesrat wird noch am gleichen Tag per Sondersitzung konsultiert, der Bundespräsident soll das Gesetz dann noch am gleichen Tag unterzeichnen.

Worum geht es?

Das Infektionsschutzgesetz in aktueller Fassung sieht in § 28 Absatz 1 derzeit eine Generalklausel für staatliche Maßnahmen vor. Das ist keine ausreichende Rechtsgrundlage, sie ist zu allgemein. Das Rechtsstaatsprinzip in Art. 20 Absatz 3 des Grundgesetzes (GG) sieht den „Vorbehalt des Gesetzes“ vor. Für staatliche Maßnahmen, die so wesentlich sind, dass sie an Grundrechte rühren braucht es eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage, also ein formelles Parlamentsgesetz. Der Souverän, also der Bürger muss seine Erlaubnis geben, wenn in seine Grundrechte eingegriffen wird. Das ist Volkssouveränität. Das Gesetz muss zudem klar gefasst, bestimmt und verhältnismäßig sein. Es muss einen legitimen Zweck verfolgen, objektiv für diesen geeignet und erforderlich sein (d.h. es darf kein milderes Mittel geben) und die Maßnahme muss in ihrer Eingriffsintensität proportional zum verfolgten, legitimen Zweck stehen."

***

"Was ist die „öffentliche Gesundheit“ überhaupt? Wann ist das gesamte Gesundheitssystem destabilisiert? Ausgerechnet der Dreh- und Angelpunkt an dem alle Zwangsmaßnahmen hängen, der „Begriff der epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ ist eine juristische Wundertüte mit Begriffen, die man in Sonntagsreden mit Kraftrhetorik beliebig zum Leben erwecken kann. Also auch bei der nächsten Grippewelle. Die gesamte Konstruktion steht von Anfang an auf wackeligen Füßen. Und es bleibt bei dem Befund, den der Rechtswissenschaftler Thorsten Kingreen von der Universität Regensburg in einem Gutachten für den Bundestag stellte:

„Das rechtliche Problem besteht aber im Kern darin, dass die Feststellung der „epidemischen Notlage“ ein verfassungsrechtlich hochgradig problematisches Ausnahmerecht auslöst und ihre dauerhafte Aufrechterhaltung den fatalen Anschein eines verfassungsrechtlich nicht vorgesehenen Ausnahmezustands setzt.” "