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Herbstanfang

Farben, Reife, Herbstzeitlosen - das Jahr rundet sich

Dichter und Geistlicher: John Donne lebte im 16./17. Jahrhundert in London. (www.yeyebook.com)
Dichter und Geistlicher: John Donne lebte im 16./17. Jahrhundert in London. (www.yeyebook.com)

„No spring nor summer beauty hath such grace

as I have seen in one autumnal face."

 

(John Donne / 1572 - 1631)

 

Ich weiß, ich wiederhole mich hier. Aber der Herbst ist meine Lieblingsjahreszeit und der Oktober der schönste Monat des Jahres. Für mich.

 

Deshalb verabschiede ich den Sommer nicht mit wehmütigem Gefühl. Schön war er, ja, "aber nu isses auch genug", wie mein Uronkel Fritz, der Schwager meiner einen Oma, zu sagen pflegte. Wenn etwas gut war, aber nun auch mal Schluss sein sollte. Bei Familienfesten war seine Ansage legendär. Danach riss Onkel Fritz Fenster auf zum Lüften und machte helles Licht an, um Ungemütlichkeit und Aufbruchstimmung zu verbreiten. Worauf sich die Gäste dann zügig verabschiedeten.

 

***

 

Heute ist kalendarischer/astronomischer Herbstanfang: 22. 09. 2020. Laut Meteorologen haben wir schon seit 01. 09. Herbst.  Der Japanische Seidenknöterich blüht gerade - das Zeichen für das Ende des Sommers. Mehr zu dieser interessanten Pflanze hatten wir schon mal am Krokodilsfluss "im Dschungel" gefunden, weißt Du noch, HIER.

 

Dieses stattliche Exemplar wächst an meinem Arbeitsweg, heute morgen erst machte ich das Bild:

 

Japanischer Seidenknöterich blüht im September.
Japanischer Seidenknöterich blüht im September.

 

Jetzt freuen wir uns auf den Herbst: bunte Blätter und reife Früchte, Wind und herumwirbelndes Laub, Nebel, Regen, jagende Wolken und Herbstsonne unter hohem Himmel. Rauhreif. Pilze und Beeren. Riesige im Garten herumliegende Kürbisse und ihre kleinen Kollegen, die Zierkürbisse, drinnen auf dem Herbsttablett.  Kerzen schon am zeitigen Abend, Astern und Dahlien, Schokoladenkuchen und Kaffee oder eine echt englische Teestunde mit Earl Grey und passendem Gebäck.

 

Kino (neuer Film im Oktober über Rainer Werner Fassbinder), Kuscheldecke, Ausflüge ins bunte Land, nochmal Abbaden bei schon ziemlich kühler Wassertemperatur (ja!) und aromatischer Badezusatz für die warme Wanne zu Hause. Neue Lieblingsserie bei Netflix und Amazon oder eine alte wieder herausholen (House of Cards, Vikings, Downton Abbey, Outlander....). Schöne Klamotten, die schon lange im Schrank hängen und aufs Herauskommen warten.

 

Alfons Mucha: Obst / 1897 (www.galerie-munk.de)
Alfons Mucha: Obst / 1897 (www.galerie-munk.de)

 

Eine herrliche Zeit! Draußen und drinnen gleichermaßen. Der Frühherbst mit Altweibersommertagen und Gold überall. Die späteren Herbsttage dann, kurz vor der Adventszeit, stimmen einen schon ein wenig auf Weihnachten ein, vielleicht mit Nebel und erstem Schnee, dazwischen die Hagebutten und dunkelroten Brombeerblätter. Aber bis dahin dauert es noch lange.

 

 

 

Um Dich zu erfreuen und auf die kommende Jahreszeit einzustimmen, da habe ich Dir ein paar Herbstfotos vom vorigen Jahr mitgebracht. Aus Schwarzenberg, Wolkenstein, Roßwein, Tharandt, Rechenberg/Bienenmühle,  Holzhau, Freiberg und Leipzig. Alle unter dem Titel "Herbst" - guck, wie schön:

 

 

Auch ist der Herbst eine besonders gute Lese-, Vorlese- und Hörbuchzeit; vielleicht nimmt man sich mal etwas, was man sonst nicht so in der Hand hat. Bei mir ist es gerade ein kleiner alter Lyrikband von John Donne (geboren 1572), dem englischen Dichter, der den Artikel oben schon eingeleitet hat mit seinem Vers zur herbstlichen Schönheit (der Frau). Das Bändchen kaufte ich mir vor vielen Jahren in einem Antiquariat, weil die Sprache Donnes mich faszinierte und auch das Leben des schicksalsgebeutelten Mannes. Und die Tatsache, dass wir heute, ca. 400 Jahre später, noch lesen und lieben, was er schrieb. Uns darin wiederfinden, weil sich bestimmte Dinge halt nie ändern. Leider. Gottseidank. Ach.

 

John Donne kam aus wohlhabendem englischen, katholischen Elternhaus, schloss erfolgreich seine Studien in Oxford und Cambridge ab und machte eine juristische Ausbildung. Danach begleitete er als Assistent den Grafen von Essex auf seinen Expeditionen, wurde Sekretär von Lord Elsmere und begann als Dichter Erfolg zu haben. Sein Leben entwickelte sich gut.

 

Doch dann - verliebte er sich. In die Nichte seines Arbeitgebers Lord Elsmere, die er heimlich im Jahr 1601 heiratete, ohne den Segen der Familie der Braut. Ihr Name war Anne More. Diese Verbindung schien nicht standesgemäß für Lord Elsmere, und erst recht nicht für Annes Vater, einen einflussreichen königlichen Beamten. Wahrscheinlich war er außer sich über diese unerwünschte Verbindung seiner erst siebzehnjährigen Tochter Anne.

 

Jedenfalls kam es zu einem großen Skandal, in dessen Folge Donne vollständig ruiniert war, finanziell und gesellschaftlich. Jahre der Not und Unruhe folgten. 1615 ließ Donne sich auf Wunsch seines Königs, James I., zum anglikanischen Priester weihen. 1617 starb seine Frau Anne im Alter von nur 33 Jahren nach der Geburt eines toten Kindes. Dem zwölften, dass sie zur Welt brachte. Fünf von ihnen starben, bevor sie erwachsen wurden. Sehr litt der Dichter an dem Tod seiner Frau; seine Werke wurden noch düsterer.

 

Viele seiner Texte sprechen eine deutliche und freie Sprache - sicher auch nicht gewöhnlich im England dieser Zeit.

 

Anne More (?1584 - 1617)
Anne More (?1584 - 1617)

 

***

 

Beständigkeit der Frauen

Schon einen vollen Tag liebst du mich jetzt —
Was wirst du sagen, wenn du morgen gehst?
Misst du dann neue Zeit nach neuem Eid,
Und sagst, dass heut
Wir andere Leute sind als tags zuvor?
Dass ein Eid, den man abergläubisch schwor
Aus Liebesfurcht, die Gültigkeit verlor?
Dass so, wie echter Tod die Ehen scheidet,
Der Liebesbund, ihr Ebenbild, nur fest
Bindet, bis Schlaf, des Todes Bild, ihn löst? Nennst du als Grund, der dich geleitet,
Dass du, die eigne Falschheit kennt und plant, Dir selbst nur in der Falschheit treu sein kannst?
O Aberwitz! Die Ausflüchte zerpflück
Ich, wenn ich will, dir Stück für Stück.
Doch wozu soviel Müh?
Wie du denk ich vielleicht schon morgen früh.

 

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Also dann, wir wünschen Dir einen schönen Herbst! Vielleicht entdeckst Du ja dieses Jahr Deine Liebe für diese Jahreszeit. Und der Maulwurf ist natürlich auch dabei; ein Herbstfan wie ich.

 

Wir hören Frank Sinatras Version vom "Autumn in New York".

Unsere LIeblingsstelle singen wir mit:

 

Glittering crowds and shimmering clouds

In canyons of steel

They're making me feel

I'm home.

 

Die buntglitzernde Menschenmenge und die schimmernden Wolken

In den Straßenschluchten aus Stahl

Geben mir das Gefühl

Ich bin zu Hause.

 

 

More shimmering clouds, please!
More shimmering clouds, please!