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Auf dem Krokodilsweg

Dippser Geheimnis

 

Heute möchte ich Dir diesen schönen Blick empfehlen. An der Stelle einmal selber stehen und ins Tal gucken. Auf die Stadt Dippoldiswalde mit Schloss und Kirche, deutlich zu sehen zwischen Bäumen und Himmel. An diesem kleinen Aussichtspunkt gibts eine einzige versteckte Bank. Sitzt man darauf, hat man genau diesen Blick wie auf dem Foto. Man könnte auch aufstehen, dann sieht man noch mehr. Nun ist es nicht nur diese Aussicht alleine, die hier besonders ist. 

 

Sondern es gibt einen versteckten schönen Weg, der von dieser Bank aus ca. 1,3 km ins Tal der Roten Weißeritz zum Vorstaubecken der Malter-Talsperre führt. Ich glaube, der Weg hat keinen Namen; bei mir heißt er "Krokodilsweg". Ich zeig Dir, warum. Dieser recht kurze Spaziergang kann Bestandteil eines größeren Rundganges durch Dippoldiswalde und/oder rund um die Talsperre Malter sein. Oder man fährt mit dem Auto an den hier als Ziel markierten Ort am Vorstaubecken. Dort ist ein kleiner Parkplatz (eigentlich für Angler), von dem aus man dann zur Bank hoch- und wieder zurückspazieren kann. Gut geeignet auch für ein schönes Picknick oder eine Sommerabendrunde, tolle Plätze gibts auf der kurzen Strecke genug. 

 

Das rote Kreuz rechts oben auf der folgenden Karte markiert nur zur Info das "Bötchen". Wo möglicherweise in früherer Zeit eine kleine Burg stand; wir hatten diesen Ort Ende Mai schon gemeinsam besucht. Du und ich. Zum Täterwerkstatt-Artikel dazu gehts HIER.

 

 

Aber gerade sitzen wir noch ein bisschen auf der Bank und genießen die Aussicht.

 

Dann starten wir von der Reichstädter Straße, aus Richtung Reichstädt nach Dippoldiswalde kommend. Kurz vorm Dippoldiswalder Ortseingang oben am Berg geht es linker Hand in den Wald hinein. Dort steht auch die Aussichtsbank. Ein langgezogener bewachsener Berg oberhalb der Roten Weißeritz. Der Weg führt talwärts.

 

 

Der Wald ist hier ein lichter, heller, grün leuchtender. Eichen, Buchen, Kastanien, Erlen, einige wenige Fichten geben ihm ein dichtes Blätterdach. Die Sonne scheint darauf und macht Lichtflecken auf den Waldboden. Aber Stickigkeit und Hitze kommen hier nicht durch. Gerade unten am Fluss ist es auch an schwülen und heißen Tagen frisch und angenehm.

 

Langsam gehen wir bergab. Dann wird der Weg schmaler. Es wird noch grüner und wir tauchen ein in die Flussböschungen. Springkraut, Türkenhut, Brennnesseln, verschiedene Ampfersorten, Rundwegerich, Johanniskraut wachsen hier, unter anderem.

 

 

Und dann dieses fremdartig aussehende Staudengewächs mit großen hellgrünen Blättern. Der Japanische Seidenknöterich.

 

Im Winter ist er bis auf ein paar dürre braune Stengel weg. Dann, im Frühling, schießt er plötzlich mit mehreren Trieben gleichzeitig aus der Erde und wächst rasant bis auf 2 - 3 m in die Höhe, bis zu 30 cm Wachstum PRO TAG schafft dieses Unikum. Zu ungewöhnlicher Zeit, im Spätsommer/Frühherbst blüht der Knöterich ganz fein in langen weißen Rispen.

 

Diese Pflanze verleiht dem Weißeritzufer etwas fast exotisch Dschungelhaftes. Woher sie wohl kommt?

 

Sie wächst an Bach- und Flußufern, aber auch auf Wiesen, an Waldrändern. Sie wurde vor ca. 200 Jahren absichtlich aus ihren ostasiatischen Heimatgefilden hierher geholt und angesiedelt. Denn diese Staude sollte dem Wild als Futterpflanze und den Vögeln, wie Fasanen, als Deckung dienen. Beides klappte nicht so gut. Denn die Pflanze schmeckte den Tieren nicht und verstecken konnten sie sich auch nur während der warmen Jahreszeit. Dann fielen die großen Blätter ab, die Pflanze verschwand bis zum Frühjahr wieder. Und der im Pflanzendickicht Schutz Suchende war den scharfen Augen seiner Feinde preisgegeben. Ganz schlecht.

 

Aber jemand freute sich doch: die Bienen.

 

Für sie sind die Blüten der Japanerin eine gute Ergänzung des spätsommerlichen Speiseplans. Du fragst: JapanerIN? Ja, genau. Ein (mir) etwas unheimlicher Fakt: Alle in Europa vorkommenden Pflanzen sind weiblich und genetisch Nachkommen nur einer Pflanze. Sie sind sehr hartnäckig (diese Weiber) und vermehren sich durch Wurzeltriebe. Die beiden Eigenschaften machen solch Staude bei Gärtnern unbeliebt, da der Knöterich überall sehr gut wächst, egal, ob er willkommen ist oder nicht.

 

Was noch interessant ist: Man kann diese Pflanze essen. Ihre jungen Triebe dienen als Gemüsebeilage, gedünstet, ähnlich dem Spargel. Auch Heilkräfte schreibt man der Vielseitigen zu. So soll sie allgemein vitalisierend, verjüngend, entgiftend wirken;  das Immunsystem stärken, gegen Hautkrankheiten und Menstruationsbeschwerden helfen und sogar gegen Pilzinfektionen und Tumore hilfreich sein. Wahrscheinlich durch Anregung des Immunsystems und der Eigenabwehr. So etwas wächst da einfach. In Massen.

 

Japanischer Seidenknöterich (www.wikipedia.de)
Japanischer Seidenknöterich (www.wikipedia.de)

 

Tiefhängende dunkle Erlenzweige über der hier langsam fließenden Roten Weißeritz. Grünschattiges Helldunkel voller Summen, Brummen, Schnattern, Zwitschern, Quaken, Rascheln und Huschen. Hier ist man niemals alleine. Viele kleine Wald-, Fluß- und Flußuferbewohner leisten uns mehr oder weniger unsichtbare Gesellschaft. Von weitem hört man die Enten lachen. Sie wohnen am Vorstaubecken weiter vorne am Weg. Natürlich haben die Grund zu guter Laune, denn hier ist es wirklich schön. Nicht nur für Enten. Auch für Maulwürfe und Menschen. Heute für uns.

 

Japanischer Seidenknöterich unten im Bild
Japanischer Seidenknöterich unten im Bild

 

Dann kommen wir zu den Krokodilen. Sie sind nicht zu sehen, aber es sieht hier genauso aus, als ob gleich eins aus dem Wasser guckt und dann langsam flußabwärts trudelt. Vorausgesetzt, es ist gerade satt.... 

 

Weiter gehen wir auf dem Krokodilsweg. Die Weißeritz plätschert ein wenig scheinheilig, als könnte sie gar nicht anders. Dabei kennen wir ihre schlimmen Hochwasser, die die Menschen in dieser Gegend immer schon gefährdeten. Deshalb wurde auch Anfang des 20. Jahrhunderts die Talsperre hier gebaut. Zur Hochwasserregulierung der Weißeritz eigentlich. 

 

 

Flußabwärts gehen wir. In Richtung des Vorstaubeckens. Zu den Enten. Noch sehen wir sie nicht, hören sie aber gut.

 

 

Der Maulwurf hat keine Angst vor Krokodilen. Trotzdem hat es ihm oben auf der Bank mit freiem Blick auf das Geschehen besser gefallen als im grünen Weißeritz-Dschungel am murmelnden Wasser. Da ist er etwas skeptisch, schließlich weiß man es ja nie.....

 

Maulwurf versteckt und Krokodil getarnt an der Roten Weißeritz :-)
Maulwurf versteckt und Krokodil getarnt an der Roten Weißeritz :-)
"Guten Morgen!" Zeichnung von Wiebke Rauers (www.pinterest.de)
"Guten Morgen!" Zeichnung von Wiebke Rauers (www.pinterest.de)

 

Unser Weg endet am Vorstaubecken, an der Dippoldiswalder Talsperrenstraße in Richtung Paulsdorf. Hier, wo der kleine Anglerparkplatz ist. Apropos Angler: Der größte Fisch, der hier (meines Wissens) nachweislich gefangen wurde, war ein Wels in 2012. Er war 144 cm lang.

 

Die Sonne scheint uns hell ins Gesicht, als wir aus dem schummrigen Krokodilsdschungel kommen. Keiner weiß, was hier immer für Abenteuer auf uns warten. Es ist unser Geheimnis. Auch die Heilkräfte und kulinarischen Facetten der japanischen Knöterichfreundin kennt offensichtlich hier niemand, wir werden das probieren.

 

Erkunde Du es doch auch. 

 

Letztes Wegstück  zur Talsperrenstraße, rechter Hand liegt das Vorstaubecken.
Letztes Wegstück zur Talsperrenstraße, rechter Hand liegt das Vorstaubecken.

 

Zum Abschluss gibts noch ein Schmeckerchen für musikalische Krokodilsliebhaber: