Herr Schnupke: Staffel 4 / Folge 4

Gefährliche Verfolger

 

Gestern Abend war Herr Schnupke seit langem wieder bei uns zu Besuch. Na endlich !

 

Sehr freuten wir alle uns über das Wiedersehen, schließlich waren schon Wochen vergangen seit unserem letzten Treffen in Dresden.

 

***

 

Unser Freund trägt heute ein sportliches helles Gewand. Er wirkt schlanker und schmaler - nein, er wirkt nicht nur so - er ist es. Und jetzt fällt es uns auf: unser wohlgenährter Forscherfrosch hat seit unserem letzten Treffen erheblich abgenommen. Wir finden, die sportliche Figur steht ihm gut.

 

Wäre da nicht noch etwas. Herr Schnupke wirkt gehetzt. Ihm fehlt seine innere Ruhe, das merken wir. Was ist da los ? Unser Forscherfrosch ist ja wirklich nicht der Typ, der einfach so eine Diät macht und dann hysterisch wird deshalb.

 

Wir fragen ihn.

 

Erst weicht er uns aus. Seine offene freundliche Art ist einer Verschlossenheit gewichen, die wir sonst nicht an ihm kennen. Ob ihn Hochzeitsvorbereitungen und familiärer Stress, etwa die Resedagrüne, derart belasten können ? Wir zweifeln. Gut genug kennen wir ihn nun schon, um zu wissen: Unser Freund hat ein ernstes Problem.

 

 

Nach einigem fruchtlosen Hin und Her gibt er auf. Er schaut uns direkt an und hebt verzweifelt beide Froschhände.

 

"Ich werde verfolgt." sagt er.

 

Wir gucken ihn ungläubig an.

 

"Von wem denn ?" frage ich ihn.

 

Seine Augen werden eng, der ganze Körper strafft sich und geht in eine Art Verteidigungsmodus. Er strahlt Wehrhaftigkeit aus, aber die Angst ist auch zu spüren. Uns wird etwas mulmig bei dem Gedanken, was hier auf uns alle zukommen könnte. Und wir nehmen das sehr ernst, das ist definitiv kein Scherz des Freundes.

 

Schnupke spricht weiter:

 

"Schwierig, das in Eure Sprache zu übersetzen. Es handelt sich um eine Lebensform, die aus verdichtetem Licht, aus Energie besteht. In der Sumpfplanetensprache heißen sie soviel wie "schwarzes Licht im Hochleistungsbereich", ist also kein gängiger Name für Euren Sprachgebrauch." Ich nicke, trotz der ernsten Situation denke ich wieder an die Kommode, die die Treppe runterfällt und dabei ein Geräusch erzeugt, das so klingt wie dieser Name. Sperrig, unangenehm, polternd, fast schmerzhaft. Sagen tue ich das nicht, sondern mache einen Vorschlag: "Wie wärs mit Blacklights ?" frage ich in unsere kleine Runde.

 

Der Maulwurf guckt abwartend. Vielleicht missbilligt er meine Namensidee und denkt dabei an eine Tanz-Combo aus den 1960er Jahren.... Herr Schnupke lächelt leicht (ein Glück, das geht noch...) und stimmt dann zu. Neugierig wollen wir nun mehr erfahren. Was sind das für Typen ? Was wollen sie von Herrn Schnupke ? Wie gefährlich sind die ? Und WO verstecken sie sich ?

 

 

Herr Schnupke zeigt uns ein Bild. Wir sind gespannt und betrachten es gründlich. Es sind ninjaähnliche Gestalten mit Leuchtaugen zu sehen. Sie sitzen in einem von Menschen gebauten Auto, eindeutig. Einer vorne und ein kleinerer hinten. Sie sehen schon etwas unheimlich aus, aber unter den hochenergetischen Blacklights hatten wir uns doch etwas anderes vorgestellt. Herr Schnupke klärt uns auf. "Sie tarnen sich, indem sie sich mit schwarzem lichtundurchlässigen Material umgeben. Eigentlich sind sie eine Art Leuchtkörper. Damit können sie sich aber nicht unauffällig bewegen, wie Ihr Euch denken könnt. Deshalb die schwarze Hülle. Kürzen wir ihren Namen noch etwas und nennen sie einfach BLs, was meint Ihr ?" Damit sind nun alle einverstanden.

 

Ich habe auf einmal ein ganz ungutes Gefühl. Schwarze Hülle, damit sie nicht auffallen ? Dann dieses Auto ? Und das Gebäude im Hintergrund ? Und vor allem: Warum hat unser mutiger Freund solche Angst ?!

 

Ganz direkt frage ich unseren Freund: "Sind die BLs schon auf der Erde ?!

 

Schnupke guckt betreten und sagt heiser: "Ja, leider. Das macht mir große Sorgen."

 

Daraufhin stellt sich doch eine Frage: Was wollen die denn ? Von Schnupke ? Auf unserem Planeten ? Etwa von uns ?

Und wo kommen die her ? Der Maulwurf guckt vorsichtig aus dem Fenster, ob die BLs irgendwo zu sehen sind.

 

Hier setzt unser Forscherfrosch an.

 

Er erklärt uns, dass die BLs auf der Suche nach einem eigenen Planeten sind. Da sie selbst aus konzentrierter Energie bestehen und damit keinen biologischen Körper haben, brauchen sie nur bestimmte physikalische und chemische Bedingungen für ihre Existenz. In ihren Lichtkörpern steckt ein hochintelligenter Geist. Dieser Geist will nicht nur haben, was er braucht. Sondern was ihm gefällt. Und gefallen tut ihm zwar seine Physik und Chemie, ohne die er nicht leben kann. Aber er will mehr als das Existenznotwendige. (Das verstehen wir.) BLs gelten als verspielt, neugierig und sehr grausam. Einzig ihr eigenes Ziel verfolgen sie und kennen dabei keine Skrupel. Mitleid ist ihnen wesensfremd. Sie sind nicht böse - sie haben einfach keine Empathie. 

 

Die BLs haben einen ausgesprochenen Faible für andere Lebensformen mit biologischen Körpern. Das finden sie sehr exotisch, weil es eben so ganz anders ist als sie selbst. Biologische Körper sind zum Beispiel die Riesenfrösche auf dem Sumpfplaneten. Und die anderen Lebewesen, die es dort vor der Froschapokalypse (Staffel 1 / Folge 4) gab. Deswegen hatten die Riesenfrösche in vorapokalyptischer Zeit ein Problem mit diesen BLs. Den gefiel nämlich der sumpfige grüne Planet mit den vielen verschiedenen Wesen darauf sehr gut. Und zwar so gut, dass sie ihn für sich haben wollten. Nur eine ausgewählte Fauna und Flora sollte sozusagen zu ihrer Unterhaltung dort weiter existieren dürfen. Dazu hatten die Altbewohner aber keine Lust. Deswegen wehrte man sich gegen die BLs. Die sollten sich gefälligst wieder in ihre Gasgalaxie verziehen, aus der sie gekommen waren.

 

Das ging lange Zeit hin und her. Opfer gab es auf beiden Seiten genug. BLs töteten die Sumpfplanetenbewohner meist mit einer Art Laserkanone oder mit einer Lichtlanze. Das ging schnell und schmerzlos, aber man wollte ja leben auf dem Sumpfplaneten! Die Riesenfrösche als Oberspezies ihres Planeten übernahmen die Verteidigung. Sie fanden heraus, dass man diese BLs mit keinerlei herkömmlichen Waffen vernichten konnte - aber: auf einen bestimmten hochfrequenten Ton im Ultraschallbereich reagierten sie mit sofortigem Rückzug bzw. erloschen einfach. So ging es hin und her. BLs vernichteten Sumpfplanetenbewohner, Riesenfrösche töteten BLs.

 

Bis eines Tages der Sumpfplanet zu kollabieren begann und die Froschapokalypse eintrat. Deren Ergebnis kennen wir. Denke an Herrn Minister Scheuers Entführung (Staffel 2 / Folge 1). Mühsam erholte man sich, regenerierte die sumpfplanetarische Umwelt. Aber es wurde nie wieder so wie vorher. Einige Bewohner, zum Beispiel die Säugetiere, waren unwiederbringlich vernichtet worden. Jetzt gab es Riesenfrösche, Vögel, Insekten, Fische und Pflanzen - immerhin. Das Ökosystem hatte sich regeneriert. Aber die Ausgestorbenen holte man damit nicht zurück. Mit der Ansiedlung fremder Lebensformen, wie z. B. Ziegen von der Erde (die mit vier Beinen), wollte man beginnen. Aber das war mit Vorsicht zu genießen. Die Auswirkungen im Gesamtsystem konnten komplex sein und wurden daher gründlich untersucht. Bevor man zur Ziegentat schritt. Eine vernünftige Sache, ein komplexes Vorhaben erst gründlich zu untersuchen, bevor man es umsetzt. Könnte man glatt auf die Idee kommen, Herrn Scheuer ein zweites Mal zu entführen.... Aber zum Thema.

 

Die BLs hatten sich nach der Apokalypse zurückgezogen. An diesem ruinösen Planeten waren sie nicht mehr interessiert. Was sie am meisten interessiert, ist die Artenvielfalt.

 

www.pixabay.com / geralt
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"Ja, ja, ja...." - sage ich ungeduldig zu Schnupke. "Alles soweit verständlich. Aber was wollen die den nun von DIR, von UNS ? Unser Planet Erde kann es doch nicht sein, oder ? Sicher finden die Hochenergietypen da einen besseren, wo weniger bekloppte Oberspezies herumläuft...."

 

"Du bist ein wenig streng." meint Schnupke zu mir. Der tadelnde Unterton ist hörbar.

 

"Außerdem versteht ihr es noch nicht ganz: die BLs wollen einen Planeten besetzen. Als nächstes wählen sie aus, welche Lebewesen ihnen gefallen. Und in welcher Menge. Der "Rest" kommt weg. Das schaffen sie mit ihrer rückstandslosen, garantiert sauereifreien Hochenergiebeseitigung. BLs sind gefühllos und daher äußerst effizient."

 

"Sie wollen also eine Art Naturschutzpark, in dem sie mit ausgewählten Arten leben wollen, nachdem sie eine weltweite Massenexekution durchgeführt haben ?" frage ich.

 

"Ja, so könnte man es sehn. BLs haben immer das Sagen und entscheiden, wer leben darf und wer nicht. Grauenhaft."

 

Herr Schnupke schüttelt angewidert den Kopf.

 

"Und sie haben sich für Eure Erde entschieden, da ihnen der postapokalyptische Sumpfplanet zu artenarm geworden ist. Ich mache mir große Vorwürfe, denn durch meine Forschungen sind sie erst auf Euch aufmerksam geworden. Und haben mich verfolgt. Bis hier her. Schon einmal habe ich sie abschütteln können. Aber diesmal ist es mir nicht gelungen. Und jetzt gehen sie auf Erkundungstour auf der Erde, unauffällig und schwarz getarnt." Er stützt verzweifelt den Kopf in beide Hände und stiert vor sich hin.

 

Jetzt schaltet sich der Maulwurf ein: "Die BLs gehen also auf Erkundungstour auf der Erde." - "Ja doch !" Unser Froschfreund und ich antworten wie aus einem Maul. Wir sind aufgeregt und verstehen Pawels Frage nicht. Er klärt uns auf:

 

"Da kommen also diese BLs auf die Erde. Sie wollen den Planeten erkunden. Und damit beginnen sie ausgerechnet in NOSSEN ? Wegen der Artenvielfalt, oder was ?"

 

Wir drei schauen uns an. Jetzt erkenne ich es auch. Das Gebäude im Hintergrund der BLs im Auto ist der alte Nossener Bahnhof. Wow, der Kleine hat ein gutes Auge - schließlich ist er ein Maulwurf.

 

"Sie werden sich etwas dabei gedacht haben. Auf jeden Fall sind zeitgleich nicht mehr als vier BLs auf der Erde unterwegs, das liegt an der Kapazität ihrer Flugobjekte. Das heißt, wenn zwei in Nossen waren oder sind, dann sind höchstens noch zwei woanders. Das klingt doch wie eine lösbare Aufgabe." Herr Schnupke scheint Mut zu fassen. Tatkräftig und wieder gut gelaunt schwingt er sich aus dem Sessel und wühlt in seinem Gepäck.

 

Dann fördert er drei kleine längliche Pfeifen aus einem silbrig metallischen Werkstoff ans Licht. "Hochfrequenzpfeifen zur Vernichtung von BLs!" sagt er uns stolz. Jede Pfeife ist an einer roten Schnur befestigt. Er hängt sich feierlich eine um. Uns gibt er auch jedem eine. Ich zögere nicht und binde mir die Schnur um den Hals. Dann blicken wir auf den Maulwurf. Er steht ratlos vor der ihm zugedachten Waffe. Sie ist ca. halb so groß wie er und wiegt ein Vielfaches seiner kleinen Person. Wenn er sich das umhängt, fällt er nach vorn um. Aber brauchen tut er doch auch eine zur Verteidigung! "Kein Problem, entschuldige, kleiner Freund." Schnupke wühlt nochmal und gibt dem Maulwurf dann eine winzige Pfeife an einer blauen Schnur. "Das ist die Kindergröße für unsere Quappen, die mussten sich ja damals auch verteidigen können."

 

Nun sind alle ausgerüstet. So fühlen wir uns gleich sicherer, falls so ein BL hier auftauchen sollte.

 

Und wie geht es jetzt weiter ? Gehen wir auf BL-Jagd ? Diesen Energetischen werden wir es schon zeigen. "Die treten wir jetzt gewaltig in den Arsch." meint Herr Schnupke kampfeslustig. Wir setzen uns zusammen und machen einen Plan. 

 

***

 

Wie der aussieht, was weiter passiert und ob BLs einen Arsch haben, erfährst Du in Kürze in Staffel 4 / Folge 5.

 

***

 

Der Maulwurf ist mal kurz rausgegangen und pfeift ganz vorsichtig auf seiner neuen Wunderwaffenpfeife. Gespannt steht er da und wartet ab. Es tut sich - nichts. Gut, es sind auch keine BLs in der Nähe....

 

 

Sicher ist sicher. Oder wie wir alten Lateiner sagen: "Si vis pacem, para bellum." - Willst Du den Frieden, bereite den Krieg vor. 

 

Deswegen gibt es auch Waffen namens Parabellum. Es heißt dann soviel wie  "Ich bin gerüstet".

 

Und das - sind wir auch.

 

Parata nobis sunt. Wir sind bereit.

 

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