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Heute, am 09. November

Fragen und Antworten

Die Alte Synagoge (Semper-Synagoge) in Dresden im Jahr 1910 (www.wikipedia.org)
Die Alte Synagoge (Semper-Synagoge) in Dresden im Jahr 1910 (www.wikipedia.org)

 

Am 09. November 1938 brannten deutschlandweit Synagogen, eine von vielen die Alte Dresdner Synagoge. Jüdische Geschäfte und Wohnungen wurden überfallen, geplündert, zerstört. Auch vor den Menschen machte man nicht halt: sie wurden erniedrigt, geschlagen, gefoltert, verletzt, verschleppt, verhaftet und getötet.

 

Sieht man sich alte Filmaufnahmen von diesem Tag an oder Fotos, liest man die Berichte der Augenzeugen - so fragt man sich nach der Moral der ganz normalen Leute, die das hier mitgemacht haben. Dieser Spaß daran, anderen Schaden zuzufügen, diese Lust an der Grausamkeit, Denunziation und Bösartigkeit - und das alles im Bewußtsein, dass man dazu berechtigt sei, weil man der "bessere Mensch" ist.

 

Ja - sicher wurde die Bevölkerung aufgehetzt, sicher gab es Propaganda. Doch damals wie heute hat doch jeder einen eigenen Kopf zum Denken und hoffentlich einen inneren Maßstab. Einen Maßstab, der ihm sagt, was man tut und was nicht - egal, welcher Meinung man ist. Einen Maßstab, der ehrloses, niedriges, brutales Tun verhindert und Gewalt nur zulässt, wenn sie der eigenen Verteidigung dient. Ich meine einen Maßstab der Aufklärung, des Humanismus und der Zivilisation. Hat man selbst Angst um sich und seine Familie, dann verstehe ich, dass vorsichtig und zurückhaltend gehandelt wird und man sich nicht unbedingt in die erste Reihe stellt, um Bedrohte zu schützen. Doch sich selbst aktiv an so einer Sauerei zu beteiligen, Leute anzuspucken, zu schlagen und deren Besitz zu plündern - das macht kein anständiger Mensch.

 

Nie wieder sollte so etwas in diesem Land geschehen, darauf hat man immer wieder wortreich hingewiesen in der deutschen Öffentlichkeit. Doch gehandelt wurde und wird ganz anders, denn über die letzten Jahrzehnte haben die Herrschenden und ihre Unterstützer dafür gesorgt, dass heute wieder berechtigte Angst bei unseren jüdischen Mitbürgern da ist. Und die gilt nicht der "Gefahr von rechts", sondern der Bedrohung von islamischer Seite.

 

Wer salbungsvoll zu allen möglichen Gedenktagen über die Zeit zwischen 1933 - 1945 spricht, dann aber für Millionen Menschen, von denen man weiß, dass ein Großteil von ihnen stark antisemitisch und der westlichen Lebensart feindlich gesinnt ist, die Landesgrenzen öffnet UND DIESE ZUWANDERER GEWÄHREN LÄSST - dem glaube ich seine guten Absichten nicht. Ganze Stadtteile gehören jetzt schon denjenigen, die das jüdische Leben und auch die westliche, aufgeklärte Zivilisation hier nicht haben wollen und unfassbar brutal gegen Andersdenkende, Anderslebende vorgehen. 

 

Im Rauch der Nebelkerzen zeigt man lange schon auf die vermeintlich rechte Ecke, aus der alles Übel kommt, angeblich. Doch die Realität sieht anders aus: linksgrün verbindet sich gerne mit dem Antisemitismus, wenn er von der "richtigen" Klientel kommt. Dafür hetzt man bodenlos gegen die Kritiker dieser Zustände, versucht sie mundtot zu machen - oder persönlich zu verunglimpfen. Weil man wieder meint, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben und sich daher Rechte herausnimmt, die kein Politiker und kein Amtsträger hierzulande hat und auch nicht haben sollte. Mich ekeln diese Leute mit ihrer Doppelmoral an.

 

Ich freue mich, dass am heutigen Tag im Dresdner Stadtmuseum doch noch die Lesung aus Victor Klemperers Buch "LTI" über die Sprache im "Dritten Reich" stattfinden kann, die eigentlich verboten werden sollte. Weil Vortragende wie Arnold Vaatz, Antje Hermenau und Uwe Steimle den Herrschenden ein Dorn im Auge sind und deshalb selbst im Zusammenhang mit so einem Tag auf das Scheußlichste verleumdet werden: ihnen wurde tatsächlich Verunglimpfung der Holocaust-Opfer vorgeworfen! Mieser gehts kaum; ich freue mich, dass Dresdens Kulturbürgermeisterin Frau Klepsch damit nicht durchkam und jetzt deshalb auch mit einer Klage rechnen muss.

 

Wer sich in diesen Tagen erinnern will, der liest vielleicht die Tagebücher des Romanistikprofessors Victor Klemperer, der diese schlimme Zeit überlebte und erst im hohen Alter lange nach Ende des Hitlerregimes gestorben ist. Diese Einblicke in sein persönlichstes Leben, seine Gedanken und Gefühle zeigen die Entstehung totalitärer Verhältnisse, die Schlechtigkeit und Feigheit vieler Mitmenschen, aber auch Mut, Größe und Güte. Doch erstaunlich ist, wie normal viele Dinge anfangs noch erscheinen: die Klemperers bauen ein Haus, kaufen ein Auto, machen Ausflüge, halten Katzen, legen einen Garten an, gehen ins Kino und zum Essen aus, besuchen Freunde - und Schritt für Schritt entsteht immer größere Bedrückung, Enge und Todesgefahr.

 

Im Jahr 1999 verfilmte man diese Erinnerungen, es entstand eine Serie von zwölf Folgen mit Matthias Habich und Dagmar Manzel als Ehepaar Klemperer - gefällt mir sehr.

 

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Wer aufmerksam und mit offenem Geist Klemperers Texte liest, der begreift, worum es geht: um absolute Meinungshoheit, Unterdrückung anderer und gewaltsame Durchsetzung eigener Ziele um jeden Preis. Und dann weiß man auch, wer heute Faschist ist und wer nicht.

 

Und dass es Hoffnung gibt, denn an einem 09. November wurde auch die Weimarer Republik geboren (das war 1918)  und die deutsch-deutsche Mauer fiel im Jahr 1989.