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"Wir müssen uns plötzlich selbst kümmern und Verantwortung übernehmen."

Harald Martenstein zu Gast bei der NZZ

Quelle: Buchcover (https://www.amazon.de/)
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Benedict Neff von der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG hatte jetzt im Oktober 2023 einen Interviewgast: den Journalisten und Autor Harald Martenstein. Ich lese und höre gern Martensteins Kolumnen, auch dann, wenn ich die Meinung des Verfassers nicht teile. Wer möchte, kann in seinen aktuellen Podcast bei RADIO EINS hier reinhören und nach dem gleich folgenden Zitat aus dem NZZ-Artikel selbigen insgesamt mit dem roten Button weiterlesen.

 

 

Die NZZ schreibt:

 

(Zitat, 23.10.2023):

 

"Harald Martenstein ist seit Jahrzehnten Kolumnist in Deutschland. Er fühlt dem Land den Puls. Viele verehren ihn, andere halten ihn für den prototypischen alten weissen Mann, die Stimme von vorgestern."

 

***

 

(Ein Auszug aus dem Interview - Anmerkung TW): 

 

Gespräch über Deutschland

 

...

 

Benedict Neff:

Die «Süddeutsche Zeitung» beschreibt ihre Kolumnistentätigkeit als «eine Art gesellschaftliche Pulsmessung am Elektrozaun».

 

Harald Marteinstein:

Das gefällt mir.

 

Benedict Neff:

Wie würden Sie den Zustand von Deutschland beschreiben?

 

Harald Martenstein:

Das ist eine große Frage. Im Moment beschäftigt mich die deutsche Reaktion auf die Hamas-Verbrechen in Israel. Das Schweigen des linken, woken Milieus zu dieser Barbarei. Eigentlich gibt es zwischen den Hamas-Terroristen und zum Beispiel Aktivisten der LGBTQ-Szene ja überhaupt keine Gemeinsamkeiten. Diese Menschen würden sofort massakriert werden, wenn sie sich im Gazastreifen zeigten.

 

Benedict Neff:

Was verbindet die Linken mit dem Islamismus?

 

Harald Martenstein:

Ich glaube, der gemeinsame Feind ist der Universalismus, also die Idee, dass wir alle gleich seien, auch gleich an Menschenrechten und Bürgerpflichten. Die linken Aktivisten und die Islamisten haben ein beinahe mittelalterliches Gesellschaftsbild, das einer Ständegesellschaft. Sie interessieren sich nicht für das Verbindende und Allgemeine. Sie versuchen lediglich, die Interessen ihrer eigenen Gruppe durchzusetzen. Der Rest des Universums ist unwichtig.

 

2015 war Deutschland beseelt von der Willkommenskultur, nun reagieren Politiker geschockt, wenn arabische Einwanderer bei antisemitischen Demonstrationen mitmachen. Wie schon bei der Russland-Politik wird sich Deutschland nun auch in der Migrationspolitik allmählich bewusst, wie unfassbar naiv das Land agiert hat.

 

Naivität ist das richtige Wort. Deutschland war lange eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Für unsere militärische Sicherheit waren die Amerikaner zuständig, die Energieversorgung hat man an Russland delegiert. Die Bundesrepublik ist als Wirtschaftsnation entstanden, die sich einzig dem Gelderwerb gewidmet hat. Es war letztlich ein unpolitisches Land. Nun findet vielleicht ein Erwachsenwerden statt. Wir müssen uns plötzlich selbst kümmern und Verantwortung übernehmen. Und wir müssen irgendwie unseren Platz finden in diesem zerstrittenen Europa.

 

...

 

(Zitatende)