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Roßwein hat gerufen

Es ist viel zu leise ohne Dich

Kleines "Blaues Wunder" in Roßwein über der Freiberger Mulde
Kleines "Blaues Wunder" in Roßwein über der Freiberger Mulde

 

Am letzten Freitag ist ein kleiner, luftgepolsterter Briefumschlag bei mir angekommen. Ohne Absender, ohne Nachricht. Er enthielt das Wappen der Stadt Roßwein, Pferd mit Weinreben. Dieses Wappen ist als Aufnäher gemacht, aus festem Stoff, sehr schön die Farben. 

 

 

Ich freute mich sehr und rätselte, wer da wohl so freundlich an mich gedacht hat. Falls derjenige das hier lesen sollte: ich danke ihm sehr. Ich werde es mir vielleicht auf den Ärmel einer meiner Jacken nähen. Dann begleitet es mich auf meinen Wegen.

 

Das kleine Geschenk ermunterte mich zu einem Roßwein-Besuch am Herbstanfangstag 2024.

 

Ich liebe diese Stadt und ihre schöne Umgebung, seit ich sie vor über zehn Jahren erstmals betrat, zu einem Vorstellungsgespräch. Ein paar Jahre arbeitete ich hier. Zeit, die mich mit Roßwein und den Roßweinern verbunden hat. Auch jetzt, wo ich nicht mehr dienstbedingt dorthin fahre, zieht es mich regelmäßig an den Weg enlang der Freiberger Mulde, in die Altstadt mit Markt und Marienkirche, in die Gassen und Straßen, zu Goldborn und Hardenberg, in das Wolfstal mit seinen berühmten Kamelien und besonders zur Wunderburg.

 

Viele Erinnerungen habe ich an diesen Ort. Ich besuche alte Lieblingsplätze, trinke einen Kaffee beim Bäcker Möbius, dessen Ladenkette hier in Roßwein ihren Ursprung hat. Ich spaziere über die Goldbornstraße und das "Blaue Wunder", besuche mein "Rossi", was frisch herausgeputzt am Werder / Ecke Muldenbrücke Bahnhofstraße vieleicht auf mich gewartet hat.

 

Ich denke an meinen Kollegen W., der einmal im Sommer sagte, die Mulde hätte  so wenig Wasser, dass sich die Enten beim Hindurchlaufen den Bauch nicht mal nass machen würden ...

 

Es ist wie neu!
Es ist wie neu!

 

Wie immer guckt das Roßweiner Wappentier mich freundlich und doch mit leichtem Spott an. Wo ich mich denn so lange rumgetrieben habe, will es bestimmt wissen. Dazu gibt es eine Menge zu sagen, doch ich muss mich vorsichtig benehmen. So als einzelne Frau, die am hellen Tag angeregt mit steinernen Pferden plaudert. Dass man mich hier nicht noch wegfängt und dahin bringt, wohin ich nicht möchte ...

 

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Begleite mich doch ein Stück von der "Grünen Aue" den Mulderadwanderweg entlang in die Stadt. Nach Roßwein, das einst von einem Mann namens Rusava gegründet wurde und ihm den aus dem Altsorbischen stammenden Namen verdankt: Rusavin.

 

 

Auch durch das "Brautloch" zwischen Kirche und Rathaus gehe ich wieder. Da steht etwas an der Wand, das auch auf mich und Roßwein passt:

 

 

Denn das stimmt. Seit die Schmiedewerke geschlossen wurden, ist es viel zu leise hier. Es fehlen der Klang der Hammerschläge und die Geräusche des ganzen Schmiedebetriebes. Die herumfahrenden Gabelstapler, die klappernden Rundtische, die Kühlpumpen, die Lüftung, die kleineren Pressen in der "alten" Halle, der Werkzeugbau. Die Stimmen der Kollegen.

 

Und vor allem der so viele Jahre wie ein großer, starker, regelmäßiger Herzschlag klingende Pressenrhythmus der SP22.

 

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