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Die Friedenslinde der Hofeweiber

"Friede der See und dem Lande - dass sie uns günstig sind"

Frieden in Oelsa (1)
Frieden in Oelsa (1)

 

Im Jahr 1873 pflanzten drei Frauen aus Oelsa nahe Rabenau in Sachsen gemeinsam eine Linde. Ort und Jahr des Geschehens sind noch bekannt; auch, dass diese Linde nur hundert Jahre alt wurde. Denn dann wurde sie von einem Blitz getroffen, der Baum spaltete sich und wurde gefällt.

 

Die Linde wurde von den dreien gepflanzt, weil ihre Männer unversehrt aus einem Krieg heimkehrten und alle darüber froh waren. Sicher gab es Kinder, die sich über die Heimkehr der Väter freuten; hoffentlich. Und Mütter, die ihre erwachsenen Söhne gesund wieder zu Gesicht bekamen. 

 

Heute erinnert in Oelsa ein Schild an diese Linde, die "Hofeweiber" und deren Freude über die Rückkehr der Ehegatten.

 

 

 

Wo kamen die Männer der Oelsaer Hofeweiber her? 

 

Es kann sich hier nur um den Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 handeln. Er war der letzte der sogenannten Einigungskriege. Damals kämpften einerseits Frankreich und auf der anderen Seite der Norddeutsche Bund und die verbündeten deutschen Südstaaten gegeneinander. Es ging um europäische Machtpolitik. 190.000 Tote und 230.000 Verwundete kostete das.

 

Das deutsche Bündnis gewann 1871, Frankreich verlor.

 

In Frankreich wurde nun die Monarchie gestürzt und die Republik ausgerufen. In Deutschland gründete man am 10. Dezember 1870 das Erste Deutsche Kaiserreich als konstitutionelle Monarchie mit Wilhelm I. und seinem Reichskanzler Otto von Bismarck an der Spitze und - einem Parlament.

 

Da Frankreich mit dem Krieg angefangen und ihn dann auch noch verloren hatte, musste es zur Wiedergutmachung das schöne und reiche Elsass-Lothringen an Deutschland abgeben.

 

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Frieden in Oelsa (2)
Frieden in Oelsa (2)

 

Es waren Männer wie diese hier, deren Gesichter wir auf einer alten, in einer Garage gefundenen, mittlerweile blassen Fotografie finden. Vermutlich entstand das Bild im Jahr 1870. Wir wissen nicht, wer diese Männer waren oder wer der Fotograf. Ob sie den 10. Mai 1871, das Kriegsende, noch erleben durften wie die drei Oelsaer Heimkehrer der Hofeweiber oder nicht.

 

Deutsche Soldaten um 1870 (Foto: https://commons.wikimedia.org/wiki/)
Deutsche Soldaten um 1870 (Foto: https://commons.wikimedia.org/wiki/)

 

Der ernste Gesichtsausdruck der Dargestellten aus jenen Jahrzehnten hat nichts mit der Situation zu tun, in der sie sich befanden. Damals galt es als richtig, auf Fotografien niemals zu lächeln, zu lachen oder sonst irgendwie eine Miene zu verziehen. Man würde dann für albern, affig, nicht ernstzunehmen gehalten und so auch noch der Nachwelt überliefert - so meinte man. Also rissen sich fast immer alle zusammen. Auch Brautpaare gucken auf diesen alten Aufnahmen wie auf ihrer eigenen Beerdigung; Kinder sehen unglücklich oder gealtert aus, jeder Mensch wirkt entweder abwesend, leidend oder grimmig - so werden es heute viele empfinden.

 

Was diese Männer auf dem Foto damals noch nicht ahnen konnten, waren zwei Weltkriege, die in den nächsten Jahrzehnten folgen sollten und deren Opferzahlen ins Unvorstellbare stiegen.

 

 

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Friedenslied von Bertold Brecht und Hanns Eisler, großartig gesungen von der unvergesslichen Gisela May.