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Das Freigut Oelsa

Größe und Weite

Neue Allee zum alten Portal des Freiguts in Oelsa
Neue Allee zum alten Portal des Freiguts in Oelsa

 

An einem Sommertag, an dem interessante, graublaue Wolken träge am Himmel entlangziehen und die Sonne erfolgreich verstecken, brechen wir vom Ortskern Oelsa nahe Dippoldiswalde auf und gehen in Rabenauer Richtung.

 

Hier gibt es den "Götzenbusch", ein kleines Wäldchen - an diesem Tag unser Ziel.  Dieser Ort trägt nicht nur diesen geheimnisvollen Namen, der an vorchristliche Kultstätten denken lässt, sondern er ist auch eine geologische Besonderheit, ein sogenanntes Geotop. Und wer braucht schon Sonne, wenn er Gesteinsformationen aus der Kreidezeit betrachten will....

 

Blick vom Weg zum Götzenbusch hinüber
Blick vom Weg zum Götzenbusch hinüber

 

Aus Oelsa heraus kommt man auf einem Weg, einer kleinen Straße namens Spechtritzer Straße, gesäumt von Obstbäumen. Hier findet man ein Überraschung: ein großes landwirtschaftliches Anwesen, das hinter den Bäumen sichtbar wird: das Oelsaer Freigut. Größe und Weite - man hat eine Ahnung vom früheren Landwirtschaftsbetrieb, der das mal war. Beeindruckend. So was macht mich zumindest erstmal still, erzeugt eine gewisse Ehrfurcht vor dem Lebenswerk der früher hier Tätigen.

 

Freigut Oelsa
Freigut Oelsa

 

Das Freigut ist ein imposantes Grundstück. Riesige Gebäude, teilweise saniert, teilweise noch verfallen. Viel Platz ringsrum, alte hohe Bäume, Wiesen. Kein Mensch. Ein paar Alpakas auf der Weide.

 

Nach behördlicher Auflage im Jahr 1946 wurde vom damaligen Freigutsbesitzer Emil Zielke eine neue Linde als Wegmarkierung an der kleinen Straße vor diesem Gut gepflanzt. Die alte Weglinde war vom Blitz zerstört worden, Nachfolge musste sein. So liest der Vorbeikommende auf einer grün-weißen Tafel.

 

Wegmarkierungslinde von 1946
Wegmarkierungslinde von 1946

 

Schon seit den Jahren um 1200 gibt es hier ein Vorwerk, das der Versorgung mit landwirtschaftlichen Gütern und dem Schutz der Burgherrschaft in Rabenau diente. Im 16. Jahrhundert wurde das Vorwerk aufgelöst, durch Verkauf entstanden neue Besitzverhältnisse der Ländereien und Gebäude. Seit 1569 gehörte dazu auch das grundherrschaftliche Freigut mit 51 Hektar Fläche und Gerichtsamt. 

 

Ende des 19. Jahrhunderts riss man das alte Freigut ab und errichtete 1885 ein neues. Leider brannte jenes Anfang des 20. Jahrhunderts teilweise ab. Erneut baute man und zog endgültig um an die heutige Spechtritzer Straße, wo wir das Gut jetzt finden. Schon seit 1906 gab es hier einige Gebäude, die zum Freigut gehörten. Damalige Bauvorhaben wurden nur teilweise umgesetzt - ein geplantes großes Herrenhaus hat man nie gebaut; in dieser Zeit gab es Weltkriege und Wirtschaftskrisen - sicher waren Geld, Material und Fachkräfte nicht immer verfügbar. Oder man änderte die Pläne, hatte andere Vorstellungen.

 

www.google.de/maps
www.google.de/maps

 

Später, nach Ende des privaten Großgrundbesitzes, zog die LPG ein. Ställe für die Tiere nutzte man, auch Wohnungen für die Menschen gab es, vielleicht ein paar Verwaltungsräume - ich weiß es nicht, kann es mir vorstellen.  Letzter privater Besitzer war die Familie Zielke, weswegen das Freigut auch manchmal Zielke-Gut genannt wird.

 

Noch etwa zum Jahr 2000, längst war die LPG nicht mehr da, gab es in den Gutsgebäuden einige Wohnungen; dann folgten Leerstand, Vandalismus, Niedergang, ab und zu brannte es - zuletzt heftig im Jahr 2017.

 

Es muss noch im Ortskern von Oelsa selbst ein altes Herrenhaus stehen, das ehemals zum Freigut gehörte. Da waren wir aber noch nicht, vielleicht werden es beim nächsten Besuch finden.

 

Blick durch das Tor in den Gutshof
Blick durch das Tor in den Gutshof

 

Wir umrunden das Gelände und erfassen die wirkliche Größe. Neu gepflanzte Bäume, gemähter, Rasen, abgestelltes Baugerät, Gerüste. Saniertes, im Bau befindliches, Verfallendes nebeneinander. Eine kleine Steinbank mit Blick auf den Gutshof.  Eindeutig ist zu sehen, dass hier etwas getan wird.

 

Heute gehört das riesige Gut Martin Mönch und Jennifer Barczyk. Wer sie sind, was sie hier machen, wie es früher war und heute aussieht, darüber findest Du mehr in einem interessanten Artikel der Sächsischen Zeitung vom Juni 2022 HIER.

 

Eine gute Sache, so einen Ort zu bewahren und für die Zunkunft zu erhalten. Wer diese Aufgabe übernimmt, weiß vorher schon, dass er niemals fertig werden wird. Folgende Generationen werden übernehmen, weil es etwas zu übernehmen gibt.

 

***

 

Und zum Götzenbusch und den dort gefundenen Besonderheiten erfährst Du übermorgen etwas, da wir heute so lange im Freigut waren - in Oelsa. Es gibt nicht viele Informationen über das Freigut, teilweise sind sie widersprüchlich, was die Historie anbelangt. Sollte hier jemand etwas Genaueres wissen, freue ich mich über Informationen dazu, z. B. über das Täter-Kontaktformular.

 

 

Beim Erforschen des Freiguts und seiner Geschichte stoßen wir auch auf einen bekannten Namen: Dinglinger.

 

Da ist Georg Christoph Dinglinger aus Dresden, der Hofjuwelier des sächsischen Königs. Ihm gehörte das Freigut Oelsa seit 1728 für ca. zwanzig Jahre. Sein Bruder Johann Melchior Dinglinger war der Hofgoldschmied von August dem Starken und schuf einige weltweit berühmte Werke, die heute im Grünen Gewölbe ausgestellt werden. 

 

Ein Werk von Johann Melchior Dinglinger (1664 - 1731) / Quelle: https://www.kulturstiftung.de/china-sehnsucht-am-saechsischen-hof/
Ein Werk von Johann Melchior Dinglinger (1664 - 1731) / Quelle: https://www.kulturstiftung.de/china-sehnsucht-am-saechsischen-hof/