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St. Egidien zu Rabenau

Auferstanden aus Ruinen

Rabenauer Kirche St. Egidien
Rabenauer Kirche St. Egidien

 

Als wir vorige Woche im sächsischen Rabenau waren, da hatten wir wieder mal Glück.

 

Zuerst mit dem Wetter, das trotz mieser Prognose ein paar schöne Sonnenstunden bereithielt und einen kräftigen Regenguss erst für unser Ausflugsende vorbereitet hatte. Dann mit der kleinen St. Egidien-Kirche am Rabenauer Markt. Eine freundliche Mitarbeiterin der Gemeindeverwaltung schloss uns die Kirche auf, so dass wir hier endlich mal hineinschauen konnten. Schon oft waren wir in Rabenau und auf dem kleinen alten Friedhof, der die Kirche umgibt. 

 

Das ist heute unser Ziel:  St. Egidien in Rabenau.

 

St. Egidien in Rabenau / Kreidelithographie von Hermann Schmidt, Dresden, um 1835 (Quelle HIER)
St. Egidien in Rabenau / Kreidelithographie von Hermann Schmidt, Dresden, um 1835 (Quelle HIER)

 

Am Marktplatz von Rabenau nahe Freital in Sachsen steht die kleine Kirche St. Egidien.

 

Seit Ende des 15. Jahrhunderts ist an diesem Platz ein Gotteshaus zu finden; fast sechshundert Jahre lang. Viel ist passiert in dieser Zeit an diesem Ort.  Geistliche machten sich Gedanken, wie sie ihrer Gemeinde beistehen konnen. Es wurde geheiratet, getauft, gefirmt, konfirmiert, beerdigt.

 

1539 hielt die Reformation hier Einzug; St. Egidien wurde evangelisch - der Name des Heiligen St. Aegidius aber blieb. Aegidius ist Schutzpatron der stillenden Mütter und der Hirten. Er gilt als Beschützer von Armen und Kranken. Bei Pest, Aussatz und Krebs, bei Dürre, Sturm und Feuersbrunst, in geistiger Not und Verlassenheit, bei Geisteskrankheiten und Unfruchtbarkeit von Mensch und Tier wird er um Hilfe gebeten.

 

Auch Schlimmes geschah hier in Rabenau.

 

Stadt und Kirche wurden während des dreißigjährigen Krieges fast vollständig zerstört, das war im Jahr 1639.  Während dieser Zeit organisierte der damalige hiesige Pfarrer Herr Bodenhäuser die Flucht der Rabenauer aus ihrer Stadt. Alle suchten sich Verstecke im nahen Tal der Roten Weißeritz; im Rabenauer Grund. Dort, an einem Felsen, der heute Predigtstuhl heißt, hielt Bodenhäuser am Palmsonntag 1639 seine Predigt und tröstete die im Wald lebende Gemeinde. Als die Schweden weg waren, kehrten die Bürger zurück in die Ruinen ihrer Stadt. Und bauten sie wieder auf, auch die Kirche.

 

Schon nach kurzer Zeit konnte im Jahr 1642 die Kirche geweiht werden, die bis auf die Grundmauern abgebrannt und neu errichtet worden war. Von den Rabenauern, die der Überlieferung nach dabei weitgehend auf sich allein gestellt waren. Weder Fürst noch Behörde halfen hier. Es gelang trotzdem, aus eigener Kraft. Man muss sich vor Augen halten, was diese Leute damals ertrugen und leisteten. Sicher hat auch mal einer gejammert, war mutlos und verzweifelt - konnte nicht mehr. Und das mit gutem Grund. Doch - sie haben es geschafft.

 

 

Die freundliche Gemeindefrau zeigt mir die Kirche.

 

Schön ist es in der dämmrigen Stille darin. Grün schimmern die Bäume durch die Fenster hindurch.

 

Die Restaurierung des Innenraums steht kurz bevor; eine neue Orgel wurde vor dreißig Jahren schon eingebaut. In den letzten Jahren hat sich hier viel getan. Das Kirchendach samt Dachstuhl wurde saniert, die Kirchenuhr automatisiert, das Kircheninnere teilweise renoviert, der Steinfußboden erneuert. Die Heizung modernisierte man, es gab einen neuen Wetterhahn und eine Neuverglasung für die drei schönen Bleiglasfenster im Altarraum. Glockenstuhl und Glocken erhielten eine Sanierung; im Juni 2015 war Glockenweihe.

 

Die Gemeindefrau und ich diskutieren über das seit 1647 in St. Egidien befindliche Altarbild, das Christus am Kreuz zeigt. Seit Jahrzehnten schmückt es nicht mehr den Altar, sondern hat an der Längswand im Eingangsbereich einen Platz gefunden. Die Gemeindefrau ist der Meinung, dass eine solche Darstellung wie auf dem alten Bild angemessen sei, da auch heute die Gläubigen an das Leiden Christi erinnert werden sollten. Ich stimme zu, finde aber auch, dass sich für ein Altarbild positiv stimmende biblische Szenen wie die Auferstehung (Kirche im benachbarten Oelsa) oder der segnende Christus (Kirche in Bärenstein/Altenberg) gut eignen. Bilder, die Hoffnung geben, vorwärts zeigen, ermutigen.

 

Dazu kann man verschiedenste Meinungen haben - das ist auch gut so. Ein anderes Thema, worauf wir kommen, ist die schwindende Akzeptanz der Kirche in der Gesellschaft. Scharenweise laufen die Mitglieder davon. Ich sage vorsichtig, dass die Kirchen zum Teil auch selbst Schuld daran trügen, man denke an die nicht enden wollenden Missbrauchsskandale. Doch das ist nicht alles.

 

Einige Christen können sich beispielsweise auch nicht mit der Tatsache abfinden, dass ihre Kirchen brave Vertreter grüner Politik sind und dort jeden Mist mitmachen. Vom Hissen der Regenbogenfahnen auf Kirchentagen über das Gendern des Wortes "Gott" bis hin zur feigen Anbiederung an den Islam. Ganz zu schweigen von dem unsäglichen "Impfen-ist-Liebe"-Getöse zu Corona-Zeiten, als die Kirchen m. E. n. größtenteils völlig versagten und ihre Leute bitter allein ließen. 

 

Doch auch hier gibt es positive Ausnahmen, kämpferische Pfarrer und anderes Kirchenpersonal, das nicht jeden Unsinn klaglos mitmachte.

 

***

 

 

Der kleinen Kirche St. Egidien ist es egal, was wir reden und denken. Sie steht da schon jahrhundertelang und wird wahrscheinlich auch noch dann da sein, wenn wir - die Gemeindefrau und ich - uns die Radieschen von unten angucken. Wenn auch die Irrungen über schwarzrotgrüne deutsche Sonderwege längst Geschichte sind und unsere Nachkommen fassungslos betrachten werden, welchen falschen Propheten wir hinterherrannten, welchem Aberglauben wir anhingen und wie leicht ein Großteil von uns verführbar war - wieder einmal.

 

Vielleicht lächelt das kleine Gebäude gerade nachsichtig über uns, wir sehen es nur nicht.

 

 

Grund genug gäbe es.