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In Liebstadt

In der kleinsten Stadt Sachsens

Liebstadt mit Schloss Kuckuckstein
Liebstadt mit Schloss Kuckuckstein

 

1.268 Einwohner hat diese kleine Stadt im Dezember 2022, verteilt auf 8 Ortsteile. Damit ist Liebstadt die kleinste Stadt Sachsens und belegt deutschlandweit Platz 20 der "Zwergenliste".

 

Stadtwappen Liebstadt: sieben Lilien an einer Staude (www.wikipedia.de)
Stadtwappen Liebstadt: sieben Lilien an einer Staude (www.wikipedia.de)

 

Ihren Namen trägt die unweit des für seine Uhren weltberühmten Glashütte entstandene Stadt seit ihrer Gründung als Marktort im 13. Jahrhundert; weil dieser Platz so lieblich, so schön gelegen ist hier im Tal von Seidewitz und Börnersdorfer Bach. Seit 1492 besitzt Liebstadt das Stadtrecht - wahrscheinlich deshalb darf es sich auch "Stadt" nennen, obwohl es weniger als 2.000 Einwohner hat. 

 

Die alte Stadtschänke; heute Frühstückspension
Die alte Stadtschänke; heute Frühstückspension

 

Bei aller Lieblichkeit fällt demjenigen, der in seinem Leben selbst schon mal mit Hochwasser zu tun hatte, auch die Gefährlichkeit dieser Lage auf: der Zusammenfluss zweier kleiner Flüsse in einem sehr engen Tal. Heute zeigen sich Seidewitz und Börnersdorfer Bach harmlos und still; doch natürlich können sie auch anders. Wie im Jahr des großen Hochwassers 2002; als es auch in Liebstadt gefährlich wurde und ein gewisser kleiner Karl berühmt wurde.

 

Wir haben die Stadt besucht und fanden einen sehr besonderen Ort. Schön, romantisch, berührend, mit sanierter Stadtkirche und einem Schloss im Aufwind - aber auch  Verlassenheit und Verfall sind da. Das große Gasthaus "Zum Schwarzen Kleeblatt" zum Beispiel; einst das erste Haus am Platz, heute Ruine mitten im Stadtzentrum. Leerstehende Häuser hier im Zentrum, dazwischen ein Jugendtreff und eine Betreuungsstation für Senioren. Die schön restaurierte sächsische Postsäule aus der Zeit August des Starken, große Wohnhäuser mit diesen Barockdächern, die mir so gefallen.

 

Auch das Wohnhaus von Christian Benjamin Geißler, der 1765 herkam und als "Rebell von Liebstadt" gilt, findet man noch. Geißler war an der Organisation des Sächsischen Bauernaufstandes von 1790 beteiligt, wurde im gleichen Jahr verhaftet und zu Festungshaft in Torgau verurteilt. Nach 15 Jahren gelang ihm die Flucht, danach wurde er noch bis 1809 verfolgt und steckbrieflich gesucht, bevor er nach Liebstadt zurückkehren konnte. Einen Teil seiner revolutionären Aufrufe zum Aufstand der sächsischen Bauern findest Du HIER.

 

Liebstadt mit dem Gasthof "Zum schwarzen Kleeblatt" (Ansichtskarte von 1913, www.ebay.de)
Liebstadt mit dem Gasthof "Zum schwarzen Kleeblatt" (Ansichtskarte von 1913, www.ebay.de)
Gasthof "Zum schwarzen Kleeblatt" 2023 in Liebstadt
Gasthof "Zum schwarzen Kleeblatt" 2023 in Liebstadt

 

Doch insgesamt gibt es hier noch viel zu entdecken; für denjenigen, der das will. Deshalb kommen wir auf jeden Fall wieder und wissen auch schon, wann ...

 

Stadtkirche Liebstadt, geweiht 1499 / heute evangelisch
Stadtkirche Liebstadt, geweiht 1499 / heute evangelisch

 

Zur Stadtgeschichte erfahren wir auf der Liebstädter Website (Zitat):

"Im Jahre 1286 wurde Liebstadt erstmals urkundlich im „Codex Diplomaticus Saxoniae" als „civitas Libenstat" (liebliche freundliche Stadt) erwähnt. In einer Tauschurkunde vom Oktober 1286 tauscht Otto von Dohna Liebstadt mit dem Stift Meißen gegen Weinberge bei Dresden.
In der blutigen Dohnaischen Fehde im Jahr 1402, nach der das gesamte Gebiet der Burggrafen von Dohna den Meißner Markgrafen zufiel, wurde Liebstadt zerstört. Lange hatte es auch unter Fehdenzügen zwischen Sachsen und Böhmen zu leiden.

Die Herren von Bühnau, die 1408 mit Liebstadt belehnt wurden, ließen nach 1450 die Burg zum Schloss ausbauen und siedelten von Weesenstein nach Liebstadt um. Über die Familien von Wedelbusch, von Birkholz u. a. kam der Besitz 1774 an die Herren von Carlowitz. Hans Carl August verwandelte die Grundherrschaft zusammen mit Großhartmannsdorf (bei Freiberg) in ein Majoratsgut. Von der einstigen Bedeutung der Stadt spricht es, dass sie bereits 1489 das Halsgericht ausüben und seit 1576 zweimal jährlich Jahrmärkte abhalten durfte. Zu ihren Rechten gehörten ebenso die Bier- und Salzgerechtsame, d. h. die Bewohner der umliegenden Dörfer mussten diese Waren in Liebstadt kaufen.

Mehrfach wurde die Stadt durch Brände, Kriegsverwüstungen und Hochwasserkatastrophen betroffen. Doch ihr mittelalterlicher Grundriss blieb bis heute erhalten.

Weil Liebstadt vergeblich um einen Eisenbahnanschluss kämpfte und die Fahrten mit der Postkutsche von Pirna über Laurich - Schlossberg sehr beschwerlich waren, wurde 1871 die Talstraße gebaut, durch die man Liebstadt nun bequem erreichen konnte.

Nachdem 1920 die letzte Postkutsche die kleinste Stadt Sachsens für immer verlassen hatte, bekam sie 1921 den ersten Autobusanschluss im Landkreis Pirna. Dadurch konnte ein wirtschaftlicher Aufschwung, wenn auch in geringem Umfang, doch noch vollzogen werden, der durch das Fehlen der Eisenbahn ausgeblieben war."

 

Das über der Stadt wachende Schloss Kuckuckstein haben wir uns auch angesehen, darüber gibt es in den nächsten Tagen hier mehr.

 

Museum für saechsische Vaterlandskunde (https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=9509643)
Museum für saechsische Vaterlandskunde (https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=9509643)

 

Um wie schon angesprochen einmal mehr Zeit in Liebstadt zu haben, bietet sich ein verlängertes Wochenende mit Übernachtung in der Pension Stadtschänke an.

 

Wir merken es uns für den kommenden Herbst vor, wo es in der Jahreszeit der bunten Blätter hier in der Gegend der Laubwälder sicher wunderschön ist.

 

Ansichtskarte der Stadtschänke Liebstadt von 1961 (www.akpol.de)
Ansichtskarte der Stadtschänke Liebstadt von 1961 (www.akpol.de)