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Sommertipp: Über die Quohrener Kipse zum Wilisch

Lieber Bergtag als Werktag

Auf der Quorener Kipse
Auf der Quorener Kipse

 

Wir waren zwar Anfang Oktober da, doch es ist auch ein guter Sommertipp - zumal der kühle Rabenauer Grund und die Talsperre Malter mit Bademöglichkeit in der Nähe sind ... Deshalb heute hier als kleine Anregung für die Gestaltung schöner Sommerzeit:

 

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Entgegen der Wettervorhersage lockt die Sonne am vergangenen Sonntagmorgen denjenigen aus dem Bett, der neugierig auf das ist, was ihn draußen so erwartet. Wir sind es. Unser kleines Feriendomizil in Karsdorf (Sachsen) gibt uns für ein paar Herbsttage ein gemütliches Dach überm Kopf, das wir an diesem Tag hinter uns lassen.

 

Denn heute ist Bergtag statt Werktag. Gleich drei Berge eines kleinen Gebirgszuges liegen vor uns: die Quorener Kipse, der Hermsdorfer Berg und der Wilisch. Den Luchberg sehen wir in der Ferne.

 

Zur Orientierung (Quelle: http://piperpit.de/index.php?/archives/116-Fahrradtour-zur-Quohrener-Kipse.html)
Zur Orientierung (Quelle: http://piperpit.de/index.php?/archives/116-Fahrradtour-zur-Quohrener-Kipse.html)

 

Von Karsdorf geht es auf einem Wiesenweg bergauf, bis man den oberen Teil des "Quohrener Kipse" genannten Bergrückens erreicht. 452 über dem Meeresspiegel steht man da oben und hat bei guter Sicht freien  Ausblick unter anderem ins Elbsandsteingebirge, über die Dippoldiswalder Heide, zum Luchberg hinüber. 

 

Quohrener Kipse, Hermsdorfer Berg und Wilisch
Quohrener Kipse, Hermsdorfer Berg und Wilisch

 

Wir überqueren die Kipse, den kleinen Laubwald, der auf ihr wächst. Langsam wird es hier bunt, der Herbst ist da. Auch hellgrünes Heidelbeerkraut findet sich, jetzt Anfang Oktober längst früchtelos. Am nagelneuen Rastplatz gibts dafür Kaffee aus dem Rohr, dann gehen wir weiter auf der schmalen Karsdorfer Straße Richtung Hermsdorf/ Wilisch. Apfelbäume voller Früchte.

 

Dieses Hermsdorf hat nichts mit dem Hermsdorf im Erzgebirge bei Frauenstein zu tun, über das es hier in der Täterwerkstatt schon ein paar Geschichten gibt.

 

Das blühende Leben in Hermsdorf / Wilisch.
Das blühende Leben in Hermsdorf / Wilisch.

 

Der Hausberg von Hermsdorf / Wilisch heißt unspektakulär  Hermsdorfer Berg. Ein Abzweig von der Karsdorfer Straße führt zu ihm.

 

Heute lassen wir ihn links liegen, da es uns zum Wilisch zieht und es zu regnen beginnt; das Wetter entwickelt sich im Lauf des Tages aprilartig.

 

 

Wenige Schritte hinter dem Ortseingangsschild von Hermsdorf / W. führt ein ausgeschildeter Weg auf den Wilisch, den Wolfsberg. Sein Name leitet sich von slawischen "Wjelk", was Wolf heißt, ab.

 

Wer mit dem Auto herkommt, findet hier am Bergfuß einen Wanderparkplatz kurz nach der Wegeinmündung.

 

 

Oben angekommen, nun schon bald auf 472  Höhenmetern, finden wir ein Stück Vergangenheit: die Wilischbaude, heute verlassen und vernagelt.

 

Gebaut wurde sie 1908/1909, vorher gab es provisorische Gebäude für den seit 1834 hier erlaubten Bierausschank.

 

Mehr als fünfzig Jahre betrieb Pächter und späterer Besitzer Otto Friedrich Werner die Wilischbaude als Gasthof mit Fremdenzimmern. Nach Umbau und Sanierung im Jahr 1927 bekam die Baude unter anderen Neuerungen auch Telefonanschluss, Zentralheizung und eine Wohnung für Herrn Werner.

 

Nach seinem Tod im Jahr 1961 wurde das Haus zum Ferienheim. 1990 schloss man es.

 

Wilischbaude 1968 (www.akpool.de)
Wilischbaude 1968 (www.akpool.de)
Wilischbaude 2022
Wilischbaude 2022

 

Hier machte man rund achtzig Jahre lang Urlaub zu allen Jahreszeiten. Es wurden Feste gefeiert, Skatturniere veranstaltet. Alte Zeitungswerbung für ein Bratwurstessen habe ich gefunden. Das fand im Frühjahr 1933 hier oben statt (ohne "Impfangebot").

 

Während dieser ganzen Zeit erlebte man zwei Weltkriege, eine Weltwirtschaftskrise, eine DDR. Und immer war die Baude mit dabei. Und dieser Mann:

 

Otto Friedrich Werner (1867 - 1961) / (Quelle: https://docplayer.org/28820640-Ein-kreischaer-strohhut-erzaehlt.html)
Otto Friedrich Werner (1867 - 1961) / (Quelle: https://docplayer.org/28820640-Ein-kreischaer-strohhut-erzaehlt.html)

 

Aktuell gibt es ein Projekt, das den Wiederaufbau der Wilischbaude und die Errichtung kleiner Häuser für Ferienappartments vorsieht. Biergarten, Wellness, Holzbauweise. Ob es diesmal dazu kommt? Ca. vier Millionen Euro sollen investert werden, was mir angesichts der aktuellen Zustände wenig erscheint ... Ein Versuch scheiterte vor über zehn Jahren; vielleicht klappt es jetzt. (Natürlich ist diese kastige Bauweise Geschmacksache. Für mich sieht es mehr wie ein Unicampus aus, aber sicher gefällt es vielen anderen.)

 

Zukunft auf dem Wilisch? (www.wilischbaude.de)
Zukunft auf dem Wilisch? (www.wilischbaude.de)

 

Der Wilisch und die Wendischcarsdorfer Verwerfung, zu der der "Wolfsberg" geologisch gehört, war für die Bronzezeitsiedler und die Slawen die südliche Besiedlungsgrenze. Zu wenig ergiebig erschienen die kargen Böden den sesshaften Bauern. Nur Sammler und Jäger gingen über den Wilisch hinaus in die Heidelandschaft, so kann man nachlesen.

 

Seit Mitte des 19. Jahrhundert bis ins Jahr 1923 gab es hier oben einen Steinbruch, wo man den vulkanischen Basalt gewann. Heute leben hier einige seltene Tiere und Pflanzen.

 

Es gibt oberhalb des ehemaligen Steinbruchs einen Aussichtspunkt mit einer alten Vermessungs- und Kriegsgedenksäule. Sie wurde selbst im Zweiten Weltkrieg beschädigt.

 

Blicķ vom Wilisch in nordwestliche Richtung
Blicķ vom Wilisch in nordwestliche Richtung

 

Einen schönen Blick hat man von hier oben über das jetzt herbstliche Land, hinüber zum kleinen Hermsdorfer Berg und der Quohrener Kipse.

 

 

Wir trinken auf halbem Abstieg an einem kleinen Hochsitz aus dem Rohr noch einen Kaffee und beenden diesen gelungenen Bergtag. Nicht ohne Pilzsammler mit vollen Körben gesehen und einen kleinen, wahrscheinlich menschlichen Wolf heulen gehört zu haben...

 

Kaffeepause am Bergtag
Kaffeepause am Bergtag