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Sommertipp: In der Somsdorfer Klamm

Spinnerei und Teufelskanzel

Ingenieur und Textilarbeiterin , VEB Kammgarnspinnerei 1974 (Lizenz Foto HIER)
Ingenieur und Textilarbeiterin , VEB Kammgarnspinnerei 1974 (Lizenz Foto HIER)

 

Der heutige "Weißeritzpark", ein Einkaufs- und Freizeitzentrum im Freitaler Stadtviertel Coßmannsdorf / Stadtteil Freital-Hainsberg, war früher eine große Kammgarnspinnerei.

 

Gegründet 1880 von den Herren Franz Dietel und Felix Schmidt, zwei Schwägern, gab es sie unter verschiedenen Besitzern bis 1992, mehr als hundert Jahre. Dann verlagerte man die Produktion des ehemaligen VEB Buntgarnwerke Leipzig, zu dem auch dieser Freitaler Standort gehörte, nach Tschechien. Die Leipziger Kammgarnspinnerei war bereits im Jahr 1927 von der Coßmannsdorfer Spinnerei GmbH übernommen worden, weil die Coßmannsdorfer die Aktienmehrheit gekauft hatten.

 

Aus den alten Spinnereihallen wurde ein Einkaufszentrum mit Freizeitbereich. Man sieht noch die alten Ziegelhallen mit den typischen Sägezahndächern, die mehr Licht in die Fabrikhallen ließen als Bauwerke ohne diese zackigen Formen. Auch die werkseigenen Häuser, in denen einige der Arbeiter wohnten, gibt es zum Teil noch.

 

 

 

Hans Richard Wolf: 100 Jahre Kammgarnspinnerei zu Leipzig als Aktiengesellschaft 1836–1936. Kammgarnspinnerei zu Leipzig im Jahr 1895, Leipzig 1936, nach S. 128, PD-alt-100, https://de.wikipedia.org/w/index.php?curid=6395480
Hans Richard Wolf: 100 Jahre Kammgarnspinnerei zu Leipzig als Aktiengesellschaft 1836–1936. Kammgarnspinnerei zu Leipzig im Jahr 1895, Leipzig 1936, nach S. 128, PD-alt-100, https://de.wikipedia.org/w/index.php?curid=6395480

 

Auf dem Bild ganz oben am Beitragsbeginn sehen wir die Textilarbeiterin Ingrid Wolf, die sich von Ingenieur Josef Szymanski die Arbeitsweise ihrer neuen Maschine aus polnischer Herstellung erklären lässt. Das war am 21. April 1972, im VEB Kammgarnspinnerei, allerdings am Standort Leipzig. Ob Ingrid mal ihre Kolleginnen im Werk Freital besucht hat und dabei einen Ausflug in die Somsdorfer Klamm unternahm - wir wissen es nicht. Es könnte aber sein.

 

 

Bekannt ist der Klammbesuch dagegen von Franz Dietel, dem schon genannten Gründer und Namensgeber der ersten Spinnerei an diesem Standort. Er war es nämlich auch, der 1894 die Einrichtung eines Wander- und Kletterpfades in diesem Buschbachtal in Auftrag gab.

 

Spinnerei Coßmannsdorf, Postkarte von 1918 / Ausschnitt (www.picclick.de)
Spinnerei Coßmannsdorf, Postkarte von 1918 / Ausschnitt (www.picclick.de)

 

Wir jedenfalls machten das an einem Julitag im vergangenen Jahr.....

 

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... und gehen nur ein paar Minuten vom mäßigen Trubel des Weißeritzparks zum Eingang in den Rabenauer Grund, gleich an der Roten Weißeritz hier vor der Haustür. Der Weg führt flussaufwärts und hat nach ein paar Metern einen etwas versteckten Abzweig nach rechts; zumindest jetzt im Sommer ist er dicht und grün zugewachsen. Ein sehr gut sichtbares Schild schickt uns auf den gesuchten Pfad.

 

 

Man taucht hier auch an einem warmen Sommertag ein in Kühle, Frische, Ruhe, Frieden.

 

Das tief in die Felsen gekerbte kleine Bachtal - da fließt der Buschbach zur Roten Weißeritz - ist ein versteckter Schatz dieser Gegend im Rabenauer Grund.

 

Es ist die Somsdorfer Klamm.

 

 

Voraussetzung für Ruhe ist allerdings die kluge Wahl der Stunden, die man hier verbringen will.

 

Da die Klamm ein beliebtes Wanderziel ist, sollte man diesen Ausflug wenn möglich an unspektakulären Tagen machen. Nicht zu Ostern, Pfingsten oder am ersten Mai. Nicht bei schönem Wetter nachmittags um drei. Sondern an ganz normalen Dienstagen außerhalb von Schulferien und gesetzlichen Feiertagen. Oder wenigstens zu weniger gängigen Tageszeiten, sehr zeitig an einem Sommermorgen vielleicht. Dabei gehts auch nicht nur um die Zufriedenheit einsamkeitsliebender Käuze wie mir, sondern um die Vermeidung des unangenehmen Gegenverkehrs bei der Kletterpartie.

 

(Mein Traum ist ja schon lange eine Nachtwanderung durch den Rabenauer Grund, bei Vollmond. In einer Jahreszeit, wo die Bäume keine Blätter haben, damit das Mondlicht bis auf den Talgrund scheint und sich in der Weißeritz spiegelt. Am liebsten im Vorfrühling, im März. Allerdings würde ich mich nachts nicht durch die halsbrecherische Klamm wagen.)

 

 

Wer hierher in die Somsdorfer Klamm kommt, muss fit sein - denn der Pfad hat einige Strecken, die dem Klettern ziemlich nahe kommen. Ketten zum Festhalten sind an den Felsen befestigt; Stege aus Holz und Stahl führen über kleine Abgründe.

 

Lässt man den Aufstieg an der Teufelskanzel und die sich daran anschließende Himmelsleiter weg, dann ist es immer noch nichts für Gebrechliche, aber ganz gemütlich insgesamt. Da wir uns bei sehr sommerlichen Außentemperaturen nicht auch noch extra "alpin" anstrengen wollen, so lassen wir bei diesem ersten Besuch in der Klamm die steilen Steinstufen nach oben zu Himmelsleiter und Teufelskanzel weg. Das werden wir an einem kühleren Tag nachholen.

 

 

Obwohl das fast eine Ausrede ist, denn in der tiefen Klamm mit murmelndem Buschbach spenden Bäume und steile Felsen Schatten. Es herrscht Kellerklima; um die zwanzig Grad Celsius feuchte Kühle haben wir hier. Es riecht nach Erde, Wasser, Moos, Laub und Steinen. Herrlich.

 

 

Am Ende der Klammfelsen gehen wir noch ein Stück durch schattigen Laubwald, ehe wir auf einen Feldweg abbiegen. Der führt uns oberhalb des Tals der Roten Weißeritz in einem Bogen in den Rabenauer Grund zurück. Durch Feld, Wiese und Gebüsch kommen wir zu einem kleinen Hochstand mit guter Aussicht und etwas später - zu einem sehr schönen Felsenaussichtspunkt im Wald.

 

 

Von da aus gehts steil bergab durch den Wald und wir landen wieder auf dem Hauptweg im Rabenauer Grund. Es gibt auch noch einen Zustieg zur Klamm etwas weiter flussaufwärts an einer Brücke, siehe Video. Den habe ich aber noch nicht ausprobiert. 

 

 

Schöne Idee gemeinsam mit größeren Kindern und sportlichen Hunden (und Maulwürfen :-)); feste Schuhe für die menschlichen Wanderer sind ein Muss. 

 

Ein weiter Blick befreit den Geist!
Ein weiter Blick befreit den Geist!

 

Hier zum Abschluss Uwe Gretzschels Video. Der kleine Film ist von 2017. Heute sind die Klettersteige größtenteils erneuert worden.

 

Da kann man mal hin, ein schöner, abenteuerlicher Ort.