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Sommertipp: Von Grimma nach Großbothen

Abenteuerdienstag mit Katharina und Pawel

 

Auf dem Lutherweg, auf dem Mulderadwanderweg, geht es heute von Grimma nach Großbothen. Ein freier Tag lockt - es ist Bilderbuch-Sommer.

 

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Wer in dieser Gegend unterwegs ist, der kommt am Kloster Nimbschen nicht vorbei. Also, er muss dahin, meine ich.

 

Eng verbunden mit diesem schönen, alten Ort (teils Park mit Klosterruine, teils Hotelanlage) ist eine berühmte Frau. Katharina von Bora, die spätere "Lutherin". Sie verbrachte in ihrer Jugend einige Jahre im Nonnenkloster Marienthron der hiesigen Zisterzienserinnen, wurde selbst Nonne. Lernte Lesen, Schreiben, Rechnen, Gesang, Krankenpflege, Heilkunde, hauswirtschafltiche Grundlagen und natürlich Dinge des Glaubens.

 

Später, im Zuge der Reformation, floh sie unter großer Gefahr im Jahr 1523 aus Kloster Marienthron nach Wittenberg. Eine wirre Zeit voller Umbrüche; für das Land, für die christliche Kirche, für Katharina. Später wurde sie die Frau des 16 Jahre älteren Reformators Dr. Martin Luther. Der half bei der Verheiratung ehemaliger Nonnen, um sie rechtlich und finanziell abzusichern. Denn diese Frauen hatten sonst keine Zukunft. In ihrem wettinischen Herkunftsort, in Nimbschen, herrschte Herzog Albrecht der Bärtige zu jener Zeit. Er war ein Gegner der Reformation und hatte die Klosterflucht unter Todesstrafe gestellt. Habe ich das richtig verstanden, so hatte Luther bereits zwei Mal versucht, Katharina an jemand anders zu vermitteln. Sie galt als stolz und wollte nicht jeden. Da hat er sie dann selbst zur Frau genommen. Wie das wohl alles so war? Sicher nicht einfach; für beide. Offensichtlich - ging es gut.

 

Katharina wurde eine angesehene, tatkräftige Hausherrin im umfangreichen Lutherschen Anwesen. Sie bekam sechs Kinder. Ihr Ehemann nannte sie respekt- und humorvoll "Herr Käthe", wohl weil sie so energisch und willensstark war. Sie wurde 53 Jahre alt.

 

Wer mehr zur Lutherin wissen will, findet weiter unten im Artikel einen roten Button mit einem interessanten DLF-Beitrag dahinter. In unserer Mediathek kannst Du eine kleine mdr-Dokumentation über die bekannte Frau anschauen.

 

Aber jetzt gehen wir endlich los, starten in Grimma, am oberen Bahnhof. In einer dreiviertel Stunde, nach ca. 3 km inklusive kleiner Trödeleien, wollen wir am Kloster sein. Kommst Du mit?

 

Katharina von Bora, die "Lutherin" (1499 - 1552)
Katharina von Bora, die "Lutherin" (1499 - 1552)

 

Vom oberen Bahnhof aus führt eine lange Straße stadteinwärts nach Grimma, die Leipziger Straße bergab, einmal biegt sie an einer Kreuzung nach rechts und ist dann die B107, die hier Colditzer Straße heißt und aus der Stadt herausführt. Wir gehen an schönen Häusern in alten Gärten vorbei. 

 

 

Ein Park mit Teich kommt. Eine Schule, aus der nun wieder gemeinsam einige Kinder kommen. Endlich eine Brücke, von der aus man das erste Mal auf diesem Weg die Mulde sieht. Schön.

 

 

Dann gehts weiter talwärts. Ein kleiner Weg biegt rechts von der B107 in den Laubwald ab, hier kann man angenehm weiter wandern oder Rad fahren.

 

 

Das Wetter ist herrlich, ein Junitag wie gemalt. Auf dem Wanderweg gehts Richtung Großbothen weiter. Nach einigen Minuten überquert man nach links kurz die B107, dann ist man wieder auf einem schönen schattigen Pfad, der zum Lutherweg gehört und mit einem gothischen, grünen "L" auf weißem Grund gekennzeichnet ist.

 

 

Dann taucht in der Ferne ein Gebäudekomplex auf. Das muss die Klosteranlage sein.

 

Wir gehen hinein. Ein großer Hof in der Mitte, darum angeordnet mehrere Wohn- und Wirtschaftsgebäude. Ehemalige Scheunen, Stallungen, Wohn- und Arbeitsbereiche sind in offensichtlich gutem Zustand und dienen heute anderen Zwecken. Hotel, Restaurant, Kulturscheune - das Alte wurde mit neuem Leben erfüllt. Das ist gut so, schließlich will keiner nur von romantischen Ruinen umgeben sein. Sinnvoll, wenn Vorhandenes, Überliefertes neu genutzt und erhalten werden kann.

 

 

Leute sind unterwegs, arbeiten hier. Man hört Rasenmäher, Bohren, Hämmern, Motorengeräusche von Fahrzeugen. Jemand lädt Bierfässer von einem Anhänger ab. Einigen Parkplätzen sieht man an, dass sie lange nicht gebraucht wurden - hohe Gräser wachsen zwischen den Pflastersteinen. Der Paketbote läuft über den Hof. Einige Frauen lachen unsichtbar in einem offenen Raum. Alles lebt und webt hier; bereitet sich auf die Ankunft neuer Gäste vor. Urlauber und Hochzeitspaare werden kommen; Konzerte und Tagungen stattfinden. Ein Gerüst für ein großes Zelt steht auf einer Rasenfläche.

 

 

https://www.kloster-nimbschen.de/en/imprint/item/58-gelaendeplan
https://www.kloster-nimbschen.de/en/imprint/item/58-gelaendeplan

 

Hier eine Übersicht des ehemaligen Klosterkomplexes, wie es heute genutzt wird, gefunden auf der Website des Klosterhotels.

 

 

So fein ich das alles finde, so vertreibt es mich dann doch vom schattigen Rastplatz unter der Linde in der Mitte des Klosterhofes. Lieber suchen wir die außerhalb befindliche Ruine um die Ecke auf, die dort in einem sehr schönen, romantischen Park liegt . Mit Luthereiche, Brunnen, kuscheligen Sitzbänken. Hier kommt dann endlich der Abenteuerdienstagseffekt zur Geltung: da hier fast niemand ist, wirkt der Ort selbst. 

 

 

Es ist warm, etwas schwül sogar; ein leichter Wind kommt ab und zu von der Mulde her. Die Klosterruine liegt im Sonnenlicht, von hohem Gras, Gebüsch und alten Bäumen umgeben. Ehemalige Heimat der Nonnen, mit ihren Schlafstätten im Obergeschoss, so alt. Ende des 13. Jahrhunderts zogen die ersten Frauen und Mädchen hier ein. Ihre Kirche wurde 1291 geweiht. Die Äbtissinen hießen Beatrix, Mechthild, Gertrud, Ursula. Die letzte von ihnen war Margaretha (II) von Haubitz, die 1536 hier starb. Danach wurde das Kloster aufgelöst; der Wirtschaftsbetrieb säkularisiert und verpachtet, später als Vorwerk und zur Ausbildung verwendet. Ungenutzte Klostergebäude verfielen; die Steine trug man für andere Bauten ab.

 

Beeindruckend, die Geschichte des Ortes. Spürbar, an so einem stillen Dienstag.

 

Gut gepflegt ist das Areal; kein Müll liegt rum. Auch gibt es nicht zuviele Hinweisschilder, Ge- und Verbotstafeln, Absperrungen, Papierkörbe, Bänke, Picknickplätze, Schaukelpferde, Eisplakate, Werbebanner und Wegweiser. Desinfektionsmittel, Maskentrageaufforderungen, Abstandshinweise. Es hält sich in angenehmen Grenzen. Wie leicht kann der Zauber so eines Ortes zerstört werden. Das ist wie in einem vertrauten Zusammensein, einem Gespräch. Ein falsches Wort, irgendein "Zuviel" vertreibt den einzigartigen Moment.

 

Zum Glück heute nicht.

 

Ein Mäuerchen findet sich, die fast 200jährige Luthereiche steht riesengroß und zentral im Park. Weiter hinten ist eine kleine, neu errichtete Kapelle, wo gern geheiratet wird. Zwei ineinander greifende Ringe sind in das Bodenmosaik vor der Eingangstür eingelassen. 

 

 

Wir denken an Katharina, dass sie vor so langer Zeit als Mädchen, im Alter von zehn Jahren hier herkam. Das erste und dann das zweite, das endgültige Nonnengelübde ablegte. Und dann diesen Ort, dieses Leben für immer verließ, um in etwas Neues, Gefährliches, Unbekanntes und Lockendes aufzubrechen. Sicher hat sie es nicht bereut.

 

Wir bereuen heute auch nichts, denn auf so einem guten Weg bei diesem Wetter unterwegs zu sein, das ist schon alleine ein Glück genug.

 

Auf gehts, wir wollen ans Wasser gehen. Die Vereinigte Mulde. Ein Stück nur, dann sind wir da.

 

 

Nachdem wir mit Kaffee eine Weile am Fluss gesessen haben und hier die seltenen Taubenschwänzchen beobachten konnten, gehen wir weiter. Auf schattigem Weg, wohltuend bei diesen Temperaturen in der frühen Nachmittagszeit.

 

 

Wir gehen an der Fähranlegestelle, wo man nach Höfgen, dem "Dorf der Sinne" rüberfährt, vorbei. Das besuchen wir an einem anderen Tag, auch das Museum Schiffsmühle und das dortige Restaurant mit dem gut sichtbaren Freisitz zur Mulde hin; siehe Bild.

 

 

Dann kommen wir in das kleine Schaddel, wo die kreative Schaddelmühle von Herrn Brinkmann steht. Unser Ziel ist Großbothen, was bald erreicht ist.

 

 

In Großbothen gibt es endlich eine Bockwurst und Eis. Völlig zufrieden warten wir am Bahnhof auf den Zug aus Leipzig, der uns heute wieder heimbringen wird. Er hat heute ausnahmsweise 20 Minuten Verspätung, was aber nichts macht - denn wir haben noch eine zweite Bockwurst mit. Etwas Kaffee ist übrig; also alles bestens. Der Großbothener Bahnhof ist ein einsamer Ort an diesem sonnigen Nachmittag, er hat etwas Unwirkliches.

 

Aber unser Zug kommt ganz wirklich. Und dann sind wir weg.

 

Großbothen, Bahnhof
Großbothen, Bahnhof