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Hervorgeholt: Die Überraschung

Mein Traum vom 22.02.2022

Wenn die Nacht kommt
Wenn die Nacht kommt

 

Ein Tag mit einem besonderen Datum wie der 22. 02. 2022 ist selbst etwas Besonderes. Ich tat an diesem Tag nichts Spektakuläres. Ich heiratete nicht, legte keinen Grundstein, beging kein Verbrechen. Das nicht, aber ich erlebte einen sehr schönen Tag auf Wanderschaft durch das Erzgebirge. Und dann, in der Nacht, da geschah etwas. 

 

 

Sturm und Regen tobten durch die Landschaft. Das kleine Haus, in dem ich schlief, wackelte und ächzte im Wetter. Der Wetterhahn klapperte, als ob ein Waschbär mit Ritterrüstung im Schornstein unterwegs wäre, Tropfen peitschten gegen die Fenster.

 

Ich schlief etwas unruhig und hatte einen besonderen Traum. Einen von der Art, an dem man nicht beteiligt, sondern nur Zuschauer ist. Ich sah also mich selbst und beobachtete gespannt folgendes Geschehen:

 

 

Es war im Traum früher Morgen im Spätherbst, neblig und dunkel. Ich wohnte in diesem Traum allein in einem kleinen Reihenhaus aus Backsteinen, so wie sie es in England häufig gibt. Die Haustüren gehen alle auf schmale Straßen hinaus, ohne Vorgärten. Wenige Stufen führen vom Haus auf den Gehweg.

 

 

***

 

An diesem Morgen weckte mich das schrille Klingeln an meiner Haustür. Ich warf einen Blick auf das Leuchtzifferblatt des Weckers, kurz nach drei Uhr. Ohne mich zu wundern stand ich auf und ging frei von Aufregung und Hast zur Tür. Ich trug ein weißes Nachthemd, das wie ein übergroßes Männerhemd geschnitten war. Meine Haare waren etwas wirr; ich fuhr im Gehen mit den gespreizten Fingern beider Hände hindurch.

 

Dann war ich schon an der Haustür und öffnete einfach so. Früh um drei, ohne zu wissen, wer da draußen war und was er wollte. Mein Beobachter-Ich wunderte sich über das lässige, leichtsinnige Traum-Ich.

 

 

Die Tür wurde also in Ruhe geöffnet. Draußen im Laternenlicht stand ein Mann in schwarzem Regenmantel, mit schwarzem Hut. Ein freundliches Gesicht, dunkle Augen, er lächelte und sprach: "Guten Morgen! Ich habe eine Überraschung für Sie und muss Ihnen unbedingt etwas Wichtiges zeigen." Mein Traum-Ich erwiderte das Lächeln des Schwarzglänzenden und bat ihn doch tatsächlich ins Haus.

 

Beim Beobachter-Ich schellten die Alarmglocken, doch es war eben nur Beobachter und konnte nicht eingreifen. Der Mann stellte seine schwarze Aktentasche auf dem Boden ab. Dann wandte er sich ernsthaft an mein Traum-Ich, berührte die Frau, die ich war, an der Schulter und drehte sie sanft herum. Jetzt blickte sie nicht mehr zur Haustür, durch die der geheimnisvolle Fremde gerade gekommen war, sondern ins Hausinnere, auf ein paar Türen. Große, weißlackierte Holztüren, die sicher in Wohn- und Esszimmer, Küche und Bad führten.

 

Der Mann, der jetzt hinter meinem Traum-Ich stand, langte mit dem rechten Arm elegant am Traum-Ich vorbei und ergriff den Drehknauf einer unauffälligen Tür. Diese war nicht so groß wie die nebenan befindlichen, hohen und zweiflügligen Türen mit großen Klinken. Einflügelig, schmal, mit silbrigem Drehknauf war diese.

 

Auch mir, dem Beobachter-Ich, war diese Tür auf den ersten Blick entgangen, obwohl ich, für die Anderen unsichtbar, genau daneben stand.

 

Der Fremde drehte den Knauf kurz, es gab ein klackendes Geräusch, er zog die Tür leicht, ohne Mühe, ohne Eile auf. Und zwar so, dass ich hinter der Tür stand und nicht sah, wohin sie führte, was sich hinter ihr verbarg.

 

Aber ich konnte mein Traum-Ich sehen, was direkt vor der offenen Tür stand. Es lächelte begeistert, stand ganz still, schaute und war voller Freude und Ergriffenheit. Ein leichter Windhauch und ein zartes Licht schienen aus dem geheimen Raum zu kommen. Die Haare des Traum-Ichs wehten kurz und ganz leicht nach hinten, das Gesicht leuchtete wie in plötzlicher Morgensonne.

 

Gebannt stand das Beobachter-Ich da und schaute auf die beiden da vor der Tür.

 

 

***

 

Dann wachte ich auf. Eine besonders laute Böe vor dem Fenster, irgendein heftiges Geräusch weckten das reale Ich. Da stand ich auf, guckte, ob irgendwas Ungewöhnliches zu entdecken sei. Nichts. Weder ein abgerissener großer Ast noch ein umgestürzter Baum oder runtergerissene Ziegel waren zu finden. Der Ritterrüstungswaschbär turnte weiter durch den Schornstein, blieb aber unsichtbar.

 

***

 

Auch stand kein Mann mit Hut und Regenmantel vor der Tür, obwohl es gerade kurz nach drei war.....

 

 

Ich rauchte eine Zigarette und sprach den Traum auf mein Diktiergerät. Denn, so fürchtete ich, sonst hätte ich wohl am hellen Morgen alles vergessen. Ich suchte in meiner da noch frischen Erinnerung vergeblich nach Hinweisen, was wohl hinter der Tür gewesen sein könnte. Aber außer dem leichten Luftzug und dem freundlichen Lichtschein ist meinem Beobachter-Ich nichts aufgefallen.....

 

Ich weiß es also nicht und kann nur vermuten, was mein Traum-Ich sah. Wohin die geheime Tür denn nun führte. Möglichkeiten gibt es so viele.

 

***

 

Was wäre wohl hinter Deiner Tür?