Im Bannkreis des "Kleinen Bären"
Wer von Cunersdorf aus Richtung Sehma läuft, bewegt sich die ganze Zeit in der Nähe zum Bärenstein. Dieser kleine Vulkanberg nahe Annaberg-Buchholz war schon öfter unser Ziel. Wunderschön zu seinen Füßen die Talsperre Cranzahl, der Habichtsberg und natürlich die Aussicht vom Gipfelkreuz auf dem Bärenstein. Jede Menge gibt es hier zu entdecken; deshalb sind wir heute auch schon wieder hier. Pfingstsamstag, bei herrlichem Frühsommerwetter, haben wir uns aufgerafft. Nach Annaberg-Buchholz sind wir gefahren, von da aus noch ein paar Minuten bis Cunersdorf. Im Oberdorf Cunersdorf beginnt unser Weg, der uns zu einem hiesigen Aussichtspunkt "Am Kirchsteig" führen soll. Ich mag Aussichtspunkte, weil ich gerne was sehe. Hier oben in der Gegend ist fast überall Aussichtspunkt, es sein denn, man steckt tief im Wald, zum Beispiel am Bärenstein.
Das wird heute nicht passieren, denn laut Karte führt unser Weg über Wiesen, Felder und nur mal stückweise an Waldrändern entlang. Dort, wo auf der Karte laut Google Maps kein Weg verzeichnet ist, habe ich selbst nachgezeichnet.
Der erste Abzweig geht von der Cunersdorfer Hauptstraße dorfeinwärts gesehen nach links. Ich stutze kurz, denn der Weg führt direkt in ein Gehöft hinein. Sollen wir hier wirklich durch? Es wirkt privat. Ich respektiere die Privatsphäre anderer Leute, da ich das von anderen auch bei mir erwarte. Distanzlose Aufdringlichkeit und rücksichtsloses Verhalten diesbezüglich sind für mich schlecht erträglich und weisen für meinen Geschmack auf wenig Stil der "Täter" hin. Doch Google Maps beharrt auf seiner Meinung, dass hier unser Weg sei. Vorsichtig nähere ich mich den Wohn- und Stallgebäuden. Ein freundlicher Mann kommt mir entgegen. Ich frage ihn, ob ich auf dem richtigen Weg bin. Er nickt und bestätigt das. Also geht es rasch über das Grundstück und danach weiter Richtung Sehma. Linker Hand liegt majestätisch der Berg Bärenstein.
Ein neuer Abzweig führt Richtung Bärenstein. Unterwegs treffen wir auf einen winzigen Teich, eine Herde Rinder und deren Besitzer, der auf der Viehweide herumwerkelt. Wir kommen kurz ins Gespräch und er beschreibt mir verschiedene Möglichkeiten, wie ich von hier aus nach Sehma komme. Für den blühenden Löwenzahn verwendet er das Wort "Maiblume". Er warnt mich vor seinen Tieren; doch ich habe auch so Respekt und hatte nicht vor, unter dem Weidezaun durchzukriechen und mich auf experimentelle Weidegänge einzulassen. Wer schon mal seinen Hund aus lebensbedrohlicher Situation mit aufgebrachten Rindern retten musste, der achtet diesbezüglich auf die eigenen Handlungen....
Einsamer wird der Weg, verlassenes Feldgerät liegt an der Seite. Die Sonne scheint warm.
Der Waldrand rückt näher, der Bärenstein auch. Leuchtendes Laub, hellgrüne Wiesen mit "Maiblumen" und allerhand anderen Kräutern liegen hier vor uns. Der mir so liebe Bärwurz (nicht zu verwechseln mit Bärlauch) duftet würzig. Ich pflücke ein weiches Bärwurzblatt, was ein bisschen an eine Feder erinnert, und zerreibe es zwischen den Fingern. Was für ein Aroma!
Ein Tag wie gemalt; dafür gemacht, sich an seiner Umwelt zu freuen. Und eben auch mal am Bärwurz zu riechen.
Helle Birken vor dunklen Fichten dort, wo der Wald beginnt. Mir fällt wieder der Spruch mit der naheliegenden Ute ein, ich bringe ihn jetzt nicht, aber natürlich passt er wie die Faust aufs Auge ....
Die Schönheit ist eine frühsommerlich funkelnde.
Schließlich erreichen wir den Aussichtspunkt "Am Kirchsteig", von wo aus man über das Sehmatal Richtung Keil- und Fichtelberg schaut.
Zu unserem neuen Reiseequipment gehört außer einer Lupe auch ein kleines Fernrohr, damit kann man sich Waldrand und Berggipfel genauer betrachten. Und natürlich die Vögel weit oben, die man mit bloßem Auge nicht so deutlich erkennen kann. Mit dieser Ausstattung verpasst man weniger, weil nun auch das sehr Kleine und das weit Entfernte sichtbar gemacht werden kann.
Bergab Richtung Sehma finden wir die auf der Karte verzeichnete Pension "Fichtelbergblick", die wir uns für eine spätere Übernachtung irgendwann mal vormerken. Die Lage ist fantastisch; über Essen und Unterkunft gibt es sehr viele positive Meinungen der schon hier gewesenen Gäste.
Recht still liegt Sehma, blühender Flieder duftet und wächst üppig über die Zäune. Ruhige Straßen, sonnenbeschienene Häuser, der kleine Fluss Sehma. Eine Frau kehrt den Weg vorm Haus; in ihrem Mundwinkel klemmt eine Zigarette. Sie lächelt und grüßt mich. Ein Hauch von "Buona Vista Social Club" liegt auf einmal über der Bahnhofstraße. Wer gleichnamigen Film gesehen hat, der weiß, was ich meine. Wer mal gucken will, worum es geht, kann das HIER tun.
Der alte Bahnhof auch hier wie so oft im Land ein jammervoller Anblick. Die Bahn hält seit 1881; die neuen Sehmaer Bahnhofsgebäude errichtete man 1934/35. Immerhin hat der Bahnhof eine Infotafel über seine besseren Zeiten aufzuweisen - und unser Zug heimwärts kommt pünktlich.
Vielleicht gibt es auch ein hiesiges Bahnhofsprojekt, wovon wir noch nichts wissen. Positive Beispiel gibt es. Eines davon ist der Nachbarbahnhof von Sehma in Cranzahl, ein anderes der Kipsdorfer Bahnhof nahe Dippoldiswalde. Und ein weiterer solcher "Glücksbahnhof" an einem ganz anderen Ort wird in den nächsten Tagen hier unser Thema sein. Denn dort gibt es vielleicht auch für Dich was zu entdecken: Musik, Kaffeespezialitäten und mehr.
