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Die Konfessionslinde in Gleisberg

Geprägtes Land

Gleisberger Konfessionslinde
Gleisberger Konfessionslinde

 

Im Jahr 1830 gab es in Gleisberg bei Roßwein eine Feier anlässlich des 300. Jubiläums der Augsburger Konfession. Damals pflanzte man zum Gedenken an diesen Tag eine kleine Linde, die heute ein mächtiger Baum ist - fast zweihundert Jahre alt. Eine Tafel am Lindenstamm erklärt den Zusammenhang. Heute sind wir zum ersten Mal hier an diesem Ort, von wo aus man eine fantastische Aussicht hat. Schon manchmal im Vorbeifahren sah ich unten von der Straße aus diese kleine Anhöhe mit Bäumen und Bank; fragte mich, was da oben wohl ist. 

 

Was hat es mit dieser Augsburger Konfession auf sich, dass ihretwegen sogar im kleinen Gleisberg gefeiert wurde und man ihr zu Ehren damals einen neuen Baum pflanzte? 

 

Die Linde steht auf dem Hügel über der Alten Schäferei. (www.google.de/maps)
Die Linde steht auf dem Hügel über der Alten Schäferei. (www.google.de/maps)

 

Die "Confessio Augustana" - das "Augsburger Bekenntnis" - ist eine Verteidigungsschrift der Reformation von Philipp Melanchthon, einem Wittenberger Universitätsprofessor und Luther-Mitstreiter. Im Jahr 1530 wurde das "Augsburger Bekenntnis" - im Auftrag des Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen - unter Absprache mit Martin Luther von Melanchthon verfasst und von ihm auch auf dem Augsburger Reichstag im selben Jahr vorgelegt. Luther selbst war ein Geächteter und konnte dort nicht auftreten.

 

In dieser Verteidigungsschrift sollte der Ketzereivorwurf, der den reformatorischen Lehren, Luther und seinen Anhängern gemacht wurde, entkräftet und Gespräche zwischen den verschiedenen Glaubensvertretern ermöglicht werden. Die Verteidigungsschrift war auch ein Versöhnungsangebot der Lutheraner an die Gegner.

 

Dieses Augsburger Bekenntnis erklärt, dass die Lehren Luthers eigentlich nichts Neues beinhalten, sondern mit den altkirchlichen Bekenntnissen übereinstimmen. Nur die vorhandenen Missstände in der Kirche, die dem Glauben bisher geschadet haben,  wolle man abschaffen und auf das Ursprüngliche zurückgreifen. Auf diese Art und Weise gedachten die Reformatoren einerseits ihre Neuerungen durchzusetzen, doch andererseits die gemeinsame Glaubensgrundlage zu betonen. Eine jahrelange Auseinandersetzung begann, wozu auch der Schmalkaldische Krieg 1547 gehörte.

 

 

Man erreichte im Jahr 1555, neun Jahre nach Luthers Tod, mit dem sogenannten Augsburger Reichs- und Religionsfrieden endlich eine Verständigung, der evangelische / protestantische Glauben wurde anerkannt; die Koexistenz der christlichen Richtungen ermöglicht.

 

Welche Religion wo tonangebend war, das bestimmte der jeweilige Landesherr durch seine Glaubenszugehörigkeit. Mitteldeutschland, worin Gleisberg liegt,  war und ist Luther-Land, geprägt durch Fortschrittlichkeit und Reformwillen unserer Vorfahren. Der Kampf der Anhänger der Reformation hat sich gelohnt.

 

Gleisberg bei Roßwein, vom Lindenhügel aus gesehen
Gleisberg bei Roßwein, vom Lindenhügel aus gesehen

 

Bis heute erinnern sich vor allem protestantische Christen an diese Ereignisse und die streitbaren Personen, die für ihre Überzeugungen kämpften. Freies Denken, Fleiß, Bildung, Selbstbeherrschung, Mäßigung und auch die zum Beispiel in Musik und Tanz oder der Liebe ausgedrückte Lebensfreude kennen wir als protestantische Werte. Eine Aufklärung im Sinne Kants wäre wahrscheinlich nicht möglich gewesen ohne die Reformatoren der vorangegangenen Jahrhunderte.

 

Luther dichtet in seinem berühmtesten Lied "Ein' feste Burg ist unser Gott" in Strophe 3:

 

Und wenn die Welt voll Teufel wär,

und wollt uns gar verschlingen,

so fürchten wir uns nicht so sehr,

es soll uns doch gelingen.

Der Fürst dieser Welt,

wie saur er sich stellt,

tut er uns doch nicht;

das macht, er ist gericht':

Ein Wörtlein kann ihn fällen.

 

Die Entstehungszeit dieses Textes vermutet man 1521 - 1529, also in Zeiten der Ächtung, der Gefahr, des Kampfes für die eigene Sache Luthers.

 

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 Und so kamen wir von Roßwein-Wolfstal nach Gleisberg:

 

 

In Gleisberg pflanzte man also im Jahr 1830 auf einem Hügel am Ortsrand eine Linde, um das alles zu würdigen. Heute lädt eine stabile Bank auf dem Lindenhügel zum Hinsetzen ein. Einen wirklich schönen Blick hat man von hier aus über Gleisberg und weit in das Land hinein.

 

 

Ein guter Platz.