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Mensch und Maulwurf: ein Dialog (48)

Abschied auf Zeit

 

Heute früh ist der Maulwurf Pawel zur Kur gefahren; natürlich nicht alleine - aber so Privates soll hier nicht vorgetragen werden. Fakt ist: ich bin einige Wochen ohne meinen kleinen Begleiter; auch zu Ostern wird er nicht da sein. Gestern Abend hat er seinen ledernen Reiserucksack eingepackt. Zwei Euro sind darin; seine blaue Pudelmütze, ein paar Gummibärchen für den Notfall und Pawels Maulwurfsgeheimutensilien. 

 

Am Morgen haben wir uns dann verabschiedet, ein bisschen traurig war das schon, obwohl es ja eigentlich nichts weiter ist und wir doch so hart im Nehmen sind, oder?

 

Ich tröste ihn damit, dass er erstens  ja bald heimkommt und zweitens an einen sehr schönen Ort fährt, in die Berge, in den Wald - zur Erholung; was für eine gute Sache. Nach Thüringen, so sage ich ihm, reist man doch fast immer mit Freude.

 

Folgendes Gespräch zwischen Tür und Angel, kurz vor sechs Uhr morgens:

 

 

***

Pawel beim Packen
Pawel beim Packen

 

Maulwurf (schnieft): "Was ist denn nun an Thüringen so schön, na, sag' schon...."

Yvonne (tapfer): "Da überlege ich nicht lange: Eisenach, Bad Salzungen, Gotha, der Thüringer Wald, die Wartburg, der Prinzenteich, die Drachenschlucht, das Hörselufer, die Bratwurst, die Klöße, das Sauerkraut, die Leberwurst,..."

Maulwurf (mault): "Und DU sagst, ich würde immer nur ans Essen denken..."

Yvonne: "Nein doch - nicht NUR, aber gut ist das dort schon. Und Du weißt doch, dass Essen und Trinken Leib und Seele zusammenhalten. Und in Thüringen gibt es besonders leckere Spezialitäten. Wenn Du aber zum Beispiel nach Mecklenburg-Vorpommern ...." (Ich komme nicht mehr zum Ende meines böswilligen Nord-Bashings, denn Pawel unterbricht mich.)

Maulwurf (traurig): "Im Moment würde ich lieber daheim bleiben und hier Leib und Seele  zusammenhalten."

Yvonne (nickt): "Ach komm schon, mein Lieber ... der Aufbruch ist immer das Schwierigste. Wenn Du erst losgefahren bist, zum Zugfenster in die Landschaft rausguckst, an Deinem Käffchen nippst - dann hat sich die Lage schon sehr gebessert."

Maulwurf (skeptisch): "Na hoffentlich. Ich fühle mich jetzt schon doppelt so unerholt wie hier zu Hause sonst."

Yvonne (tröstend): "Warte es mal ab, wir werden uns wieder darüber unterhalten, in ein paar Tagen - da hast Du Dich dort schon eingelebt im Wald und weißt, wie der Hase da läuft."

Maulwurf (plötzlich interessiert): "Da gibt's Hasen?"

Yvonne (unsicher): "Ich weiß nicht, ich meinte das mehr sprichwörtlich."

Maulwurf (mit wieder nachlassendem Jagdeifer): "Ach so ...."

Yvonne: "Du fährst doch immer mit mir so gerne in der Gegend rum, da hast Du jetzt endlich mal längere Zeit hintereinander Gelegenheit, alles dort zu erkunden - ich beneide Dich schon. Da gibts Wald und Wasser und Dörfer und Städte und Tiere und Burgen ... und Frühling!"

Maulwurf (überlegt): "Ja, stimmt eigentlich. Und - wenn ich wiederkomme, bin ich ausgeruht wie verrückt. Dann machen wir sofort was Schönes gemeinsam, was meinst Du?"

Yvonne: "Na klar; darauf freu' ich mich jetzt schon."

Maulwurf: .....

Yvonne: .....

 

Dann drücken sich beide zum Abschied ganz fest. Aber der Maulwurf wäre ja nicht Pawel, wenn da nicht noch was käme:

 

 

***

 

 

Maulwurf (reißt sich zusammen): "Noch ein Klassiker, Mylady?"

Yvonne (bemüht um Fröhlichkeit): "Aber sicher, mein Bester. Wenn ich Dich nicht hätte ..."

Maulwurf (konzentriert): "Pass auf:

 

"Wenn Jemand eine Reise thut, // So kann er was erzählen; // Drum nahm ich meinen Stock und Hut // Und thät das Reisen wählen."

(Matthias Claudius)" "

 

***

 

Und dann ist es soweit - die Tür schloss sich leise; man nahm Stock und Hut - die Reise hat nun begonnen. Ich muss hier bleiben - und freue mich jetzt schon drauf, wenn er - endlich -  wieder da ist ....