Diskussion mit Signalwirkung
In dieser Woche erfuhr man aus den Medien, dass das Containern, also das Entnehmen von Lebensmitteln aus dem Müll, in Deutschland möglicherweise bald erlaubt sein soll.
Derzeit ist es nämlich hier noch verboten, sich z. B. aus den Abfallbehältern von Supermärkten weggeworfene Lebensmittel herauszuholen. Ich finde es schade, wenn noch Brauchbares im Müll landet. Gut, wenn man das lieber noch verwenden kann. Andererseits ist die komplizierte Rechtslage einleuchtend - mehr dazu HIER.
Trotzdem empfinde ich diese Diskussion momentan als eigenartig, als zynisch. "Wenn jemand eine einfache Mauer überwindet, dort den Container eines Supermarktes öffnet und verzehrfähige Lebensmittel mitnimmt, soll dafür künftig niemand mehr wegen Diebstahls belangt werden." sagt der Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir in der obigen WDR-Reportage und scheint zufrieden mit sich. Merkt der das nicht?
In einer Zeit der immer stärker zunehmenden finanziellen Belastung von ohnehin schon kräftig geschröpften Bürgern in Deutschland will man ihnen jetzt erlauben, sich ihre Lebensmittel doch aus dem Müll zu holen?! Immer mehr Arme leben in dem Land, das der größte EU-Nettozahler ist? In dem Land, was einerseits "Platz hat" und immer mehr Migranten aufnimmt und andererseits auf seinem Wohnungsmarkt eine Verknappung wie seit dreißig Jahren nicht mehr verzeichnet?
Es wird einem demnächst vielleicht noch ganz gönnerhaft erlaubt, unter der Brücke zu wohnen oder das Familienbudget mit Kinderarbeit aufzuwerten? Oder sich bei zunehmend härteren Auseinandersetzungen bei der Wohnungssuche oder dem Ergattern der besten Brocken aus den Aldicontainern zu bewaffnen?
***
Diejenigen, die diese oberste staatliche Erlaubnis für das Containern erteilen, sind selbst Verantwortungsträger mit stabilen obersten Einkommen, die sie sich ständig erhöhen.
Jemanden wie Justizminister Marco Buschmann (FDP) wird man bestimmt nicht beim möglicherweise bald legalen Durchsuchen des Abfalls nach Verwertbarem antreffen. Das hat er selbst gar nicht nötig. Auch dem Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Die Grünen) bleibt das vermutlich erspart.
Sicher ist es gut, Lösungen für die Verwertung noch nutzbarer Lebensmittel, die entsorgt werden sollen, zu finden. Aber muss es das legalisierte Durchwühlen von Abfall sein?
Ist das im besten Deutschland aller Zeiten, in dem wir ja laut Frank Walter Steinmeier (SPD), dem Bundespräsidenten, leben, eine der Antworten der "Fortschrittskoalition" an die Bürger?!
Das sogenannte Containern muss nicht mehr grundsätzlich verfolgt werden - wenn dies die Umstände im Einzelfall zulassen. Dafür werben die Bundesminister @MarcoBuschmann und @cem_oezdemir in einem gemeinsamen Schreiben an die Justizminister der Länder. https://t.co/NAKPbmEreP pic.twitter.com/kSE1pb2N3D
— Bundesministerium der Justiz (@bmj_bund) January 10, 2023
***
"... eine einfache Mauer überwindet..." das sagt Herr Özdemir. Doch was ist eine "einfache" Mauer? Kann es auch ein Zaun sein? Wie hoch? Wie baufällig? Und was liegt dahinter? Firmengelände? Privateigentum einer Einzelperson? Was geschieht bei Sach- oder Personenschaden? Wer greift ein bei Auseinandersetzungen? Muss ich als Eigentümer eines Lebensmittelladens, z. B. eines Hofladens, Nahrungssuchende in meinem Müll dulden, auf meinem Privatgrundstück? Was soll Wachpersonal tun, wie ein Wachhund reagieren? Wer haftet, wenn sich jemand beim Überwinden der "einfachen Mauer" verletzt, weil die Mauer sanierungsbedürftig ist?
Reichlich unausgegorene Sache, die so nicht funktionieren wird. Nichts Neues also von der Ampel.
