Posamenten

Bevor ich vor ein paar Jahren nach Annaberg-Buchholz kam, habe ich ehrlich gesagt nicht gewusst, was Posamenten sind. Klar kannte ich sie, diese Kordeln, Quasten, Borten, Bänder, Litzen, Schnüre und weiß der Himmel was noch. Doch das Wort "Posamenten" war mir unbekannt. Ich erinnerte mich an das Wort "herumposamentieren". Es hieß für mich immer soviel wie an etwas Kompliziertem herumzubasteln.

Und das trifft es: komplex, vielfältig, verschlungen, zart bis pompös sind diese schmückenden Gebilde, ohne die eine bestimmte Art von Kleidung, Wohntextilien und anderen Objekten nicht denkbar wäre. Auch Schnürsenkel und Geschenkband gehören zu dieser Produktpalette.

Wie sähe denn beispielsweise der eingangs abgebildete, etwas irritiert dreinblickende Forst- und Wildmeister ohne Posamenten aus? Genau, ziemlich alt und unglamourös. Seine Uniform lebt erst durch den goldenen Besatz.

Ich als Grobmotoriker bewundere Menschen, die mit filigranen Dingen erfolgreich umgehen können: Uhrmacher, Goldschmiede, Feinmechaniker, Zahntechniker, Hörgeräteakkustiker zum Beispiel und jetzt auch Posamentierer.

Drauf gekommen bin ich durch eine junge Frau namens Luisa, die jetzt in 2022 eine Ausbildung zur Posamentiererin begonnen hat. Handwerk und Kunst; industrielles Know-how und Tradition; Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in einem - schön. Luisa und die Pracht. Und die Arbeit. Und all das Neue.....

Annaberg-Buchholz als ein Zentrum europäischer Posamentenherstellung hatte schon seit dem 16. Jahrhundert viele Beschäftigte in der Textilbranche, speziell der Posamentenherstellung. Auch Barbara Uthmann, berühmte Annaberger Unternehmerin des 16. Jahrhunderts, gehört mit dazu. Wir widmeten uns hier in der Täterwerkstatt schon dieser beeindruckenden Frau.

Im Jahr 1953 wurde mit der Zusammenlegung vieler kleiner Textilunternehmen das VEB OPEW (Obererzgebirgisches Posamentier- und Effekten-Werk) gegründet. In den 1980er Jahren arbeiteten dort rund 4000 Leute an verschiedenen Standorten im Erzgebirge.

Nach dem Ende der DDR entließ man bis auf ein paar Mitarbeiter diese große Belegschaft. Heute hat die 2006 neu gegründete OPEW GmbH mit Sitz in Annaberg-Buchholz 50 Beschäftigte  (Quelle: www.wikipedia.org).

Bis heute behauptet sich das OPEW, liefert seine Posamenten in die Welt. Bis heute auch ist sein Markenzeichen dieses schöne Posamententeil, dass auf Herrn Schumachers Foto an der Gebäudefassade zu sehen ist und die Firmenwebsite schmückt:

Fast fünfhundert Jahre schon werden im Erzgebirge solche textilen Zier- und Gebrauchselemente hergestellt. Eine beeindruckende Dauerausstellung auf Schloss Schlettau nahe Annaberg-Buchholz gibt Einblicke in dieses alte Handwerk.

Hier kann man die prächtigen und die alltäglichen Posamenten betrachten, die alten, riesigen Musterbücher und die einfallsreich konstruierten Maschinen sehen. Ein vor Ort verfügbares Video erklärt Hintergründe. 

Das Schlettauer Video habe ich online nicht gefunden, aber eins zur Annaberg-Buchholzer Posamentenausstellung im vorigen Jahr.

Ein paar Schritte jetzt durch und um Schloss Schlettau. Leider konnten wir nicht in den Rittersaal hinein, dort waren Musiker beim Üben - wenn wir das richtig erkannt haben.

Ein schöner Ort. Das kleine Schloss hat einen Park mit Teichen und großen alten Bäumen.

Interessantes, Erstaunliches und Schönes findest Du über Schloss Schlettau mit der "Tätersuche" in der Navigation.

Ich sage nur "schwarze Braut" ....