Passiert etwas, was nicht ins Bild passt, soll es möglichst nicht beachtet werden. Das war mir schon als Kind klar, als ich bunte Ablenkungsmanöver für meine Eltern inszenierte, wenn sie irgendwas nicht merken sollten.

 

Das gelingt um so besser, je mehr man den Blick der Abzulenkenden auf etwas ganz anderes richtet. Etwas, auf das jetzt auf einmal hingewiesen wird, mit Nachdruck. Etwas, was man vom Zwerg zum Riesen macht, um entsprechende Aufmerksamkeit zu generieren. Dann läßt man etwas Zeit vergehen - und im Nachhinein erinnern sich viele nur noch an das zweite, an das in den Vordergrund gerückte Ereignis. Das vorher Geschehene rangiert unter "Ja, da war doch was ...." oder es wurde komplett vergessen bzw. verdrängt. Wenn man immer scharf nach rechts guckt, dann sieht man das, was links von einem, vorne, hinten, oben und unten passiert - nicht.

 

Kluge Manipulation ist schwer durchschaubar. Was aber aktuell bei uns im Land von Politik und Medien gemacht wird, ist ziemlich dreist und offensichtlich. Die Bürger werden es schon fressen, so sagt man sich. Kein Wunder nach den letzten über zwei Jahren, als fast jeder noch so offensichtliche Schwachsinn seine gläubigen Anhänger fand.

 

Wir erinnern uns an die Ermordung zweier junger Männer in Oggersheim am 18. Oktober 2022. Auf offener Straße wurden sie von einem somalischen Migranten erstochen. Von diesem Somalier erfuhr man kürzlich, dass er bereits vorher gewalttätig geworden war, sein Verfahren aber eingestellt wurde.

 

Kurz nach der Tat von Oggersheim, in der Nacht zum 20. Oktober, brannte im mecklenburgischen Groß Strömkendorf eine Flüchtlingsunterkunft für Ukrainer ab, wobei zum Glück niemand verletzt wurde. Mit Macht stürzte man sich sofort auf diesen Brand und vergaß scheinbar darüber die ermordeten Oggersheimer Bürger. Bei diesem Feuer wurde ein rechtsradikaler Hintergrund vermutet, ein hingeschmiertes Hakenkreuz war vor dem Brand schon gefunden worden. Schließlich war es eine Unterkunft für Flüchtlinge. Wer zündete sowas an? Na ganz klar: Nazis. Politiker vor Ort, Geheul gegen die Gefahr von rechts. Später - Stille. Der laut propagierte "rechte Hintergrund" hatte sich schon bald doch als unpolitischer Feuerteufel erwiesen. Die Nebelkerze hatte ausgeraucht.

 

Genau das jetzt wieder. Kurz nach der Ermordung eines Mädchens und der schweren Verletzung eines zweiten Mädchens am 05. 12. 2022 in Illerkirchberg nahe Ulm werden sehr medienwirksam einige Reichsbürger verhaftet. Die Bundesinnenministerin spricht davon, dass sie in einen "Abgrund terroristischer Bedrohung" schaue. 3000 Polizisten sind im Einsatz gewesen. Journalisten waren erstaunlich schnell an Ort und Stelle und produzierten Bilder für die Medien. Dass in Illerkirchberg in 2019 eine Vierzehnjährige von vier Migranten mehrfach vergewaltigt wurde und sich Frau Faeser gegen die Abschiebung des damals beteiligten Afghanen  wehrt, dass diskutiert man lieber nicht. Diese Heuchelei finde ich widerlich.

 

Die unfassbar große Gefahr von rechts! Terroristische Reichsbürger, die die Regierung stürzen wollten. Waffen hatten sie sogar. Tja. Man nahm 25 Personen fest, fand eine übersichtliche Anzahl von Armbrüsten, Schwertern, Schreckschusspistolen und ein paar wenige "echte" Waffen. Der Kopf der Verschwörung ist der einundsiebzigjährige Heinrich XIII. Prinz Reuß aus Thüringen. Auch ein Ex-AfD-Stadtrat, eine ehemalige Richterin und eine russische Staatsangehörige sind mit dabei, so berichtet BILD. Das Feindbild passt. Die einzige wirkliche Oppositionspartei wird mit den Reichsbürgern in Zusammenhang gebracht, natürlich. Wieder giftet man begeistert los. Was mir am Rande auffiel: verhaftete Reichsbürger sind z. B. Immobilienmakler, ehemalige Richterin, Oberst der Bundeswehr a. D. .... - besser qualifiziert als so mancher Ampelpolitiker ....? . Wegen der Klarheit: ich bin kein Reichsbürger und sympathisiere auch nicht mit ihren Zielen. Doch halte ich sie für viel weniger gefährlich als dargestellt.

 

Wie gut, dass die bundesweit seit Jahrzehnten operierenden Araber-Clans mit Tausenden Mitgliedern als nicht so gefährlich angesehen werden wie die Reichsbürger. Die 3000 Polizisten hätte ich lieber in diesem Bereich im Einsatz gesehen. Aber hier greift man weniger gern ein. Weil man das Ergebnis ja auch gar nicht sehen will, da müsste am Ende gar etwas in der Einwanderungs- und Integrationspolitik geändert werden. 

 

Ist so wie bei uns im Stadtpark. Da kümmern sich Ordnungskräfte auch lieber um ältere Damen, die unerlaubterweise mal ihren kleinen, harmlosen Hund von der Leine lassen als um - eine andere Klientel, die ebenfalls "vor Ort ist". 

 

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Die offiziell verwendeten Nebelkerzen sind zahlreich und bunt. Sie täuschen aber nicht dauerhaft über die Realität hinweg, denn schwere Verletzungen kann man nicht mit Herzchen- und Dinopflaster oder lautem Gesang verstecken.

 

Der gefährliche Abgrund, in den wir schauen, ist wirklich da. Da hat die Ministerin recht.  Doch ganz sicher hat er nichts mit den Reichsbürgern zu tun.

 

 

Und am Ende noch eine Kachel des wunderbaren Twitter-Satire-Acounts @QuarkDDR: