Wieder da: Herr Schnupke / Staffel 2 - Folge 4:

Das Elektroauto, der Bus und der Ferrari

 

Wir überspringen in der Rückschau ein paar Einzelfolgen und landen in Staffel 2, hier bei Folge 4. Wer die gesamte Saga lesen will, der findet das im ARCHIV.

 

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Bei diesem Treffen heute mit Herrn Schnupke kommen wir auf ein Thema, was uns alle sehr interessiert und eine Fortsetzung unserer bisherigen Planetenrettungsdiskussionen ist.  Wir sitzen am See; Herr Schnupke raucht.

 

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Es geht heute um die Mobilität des Menschen.

 

Einer Menschheit, die von 4,4 Milliarden im Jahr 1975 auf gegenwärtig 7,6 Milliarden angewachsen ist. Und im Jahr 2080 10,8 Milliarden betragen wird, wenn das so weitergeht. Das heißt, von den siebziger Jahren bis jetzt hat sich die Erdbevölkerung knapp verdoppelt.  Wir Menschen sind wohl der schlimmste Parasit aller Zeiten. Und der tödlichste für jedes Mitlebewesen.

 

Der Mensch kann laufen, auf einem Tier reiten oder mit einer Maschine fliegen, schwimmen und fahren. Letzteres tut er am liebsten. Natürlich motorisiert. Da die Anzahl der kraftstoffbetriebenen Kleinfahrzeuge für Einzelmenschen immer größer wird und die Anzahl der Einzelmenschen auch immer größer wird, gibt es hier ein ebenfalls immer größeres Problem. Was aber nicht von jedem so wahrgenommen wird. Nein, im Gegenteil. Mit den riesigen SUVs kann man ja immer den Hals noch nicht vollkriegen und blockiert zwei Parkplätze, wenn man vorm Bäcker parkt.

 

Über den Katzenschlitten haben wir ja schon in vergangenen Episoden gesprochen. Viele Menschen sind es gewöhnt, mit ihrem eigenen Auto zu fahren. Wenns geht, jedes Familienmitglied einzeln. Möglichst jeden Schritt. Nicht viele Menschen haben Lust, hier umzudenken. Mancher ist drauf angewiesen, da der sogenannte öffentliche Personennahverkehr teilweise noch sehr zu wünschen übrig lässt. Viele Ziele sind zu bestimmten Zeiten nicht vernünftig erreichbar, weil es einfach keine Verbindung gibt. Zum Beispiel vom Dorf X in Stadt Z abends zur Nachtschicht zu fahren und früh wieder heim. Da braucht man natürlich sein eigenes Fahrzeug  wirklich zur Existenzsicherung, wenn man da arbeitet - klar. Das soll auch kein Vorwurf sein. Oder um die Kinder zur Schule zu bringen, wenn es keine Buslinie gibt oder sie dafür noch zu klein sind.

 

Mancher ist aber auch einfach zu faul. Und fährt lieber 600 m zum Bäcker, anstatt zu laufen. Oder hat keine Lust, sich mit Fahrplänen von Bus oder Bahn zu befassen.

 

Da die Mehrzahl der Fahrzeuge auf unseren Straßen kraftstoffbetrieben ist, gibt es jede Menge Abgase. Hier haben wir die letzten Jahre genug Skandale und Diskussionen gehabt - Du hast es im Ohr. Aber wir sind nicht weiter gekommen, oder nicht viel. Um diese Abgase zu vermeiden und das Auto insgesamt umweltfreundlicher zu machen, wird zunehmend auf das Elektroauto gesetzt. Und wieder auf ein Modell für den einzelnen Menschen (bzw. für wenige). Da das Elektroauto bisher eine uncoole Sache war, arbeiten die Autohersteller an einer Aufmöbelung seines Images.

 

Ihr Ziel ist, langfristig gesehen, statt einer Unmenge einzelner kleiner Diesel- und Benzinschlitten einen Haufen einzelner kleiner Elektroautos zu verkaufen. Für den Verbraucher soll das keinen Unterschied im Fahrkomfort machen. Deswegen wird in diesem gesamten Bereich geforscht. Sei es, um die Energiespeicherkapazität zu erhöhen und damit die Reichweite des Fahrzeugs oder um die Verbesserung anderer Details.

 

Schön und gut. Sicher teilweise richtig. Aber insgesamt erscheint es uns nach Betrachtung der Tatsachen eigentlich eine riesige Mogelpackung zu sein. Und kein neues Mobilitätskonzept, was die vorhandenen Probleme annähernd löst.  Du fragst, warum ? Hier unsere Diskussionsergebnisse:

 

1. Wenn weiter sehr viele kleine Einzelfahrzeuge unterwegs sind, wird insgesamt auch sehr viel Energie verschwendet. Durch die Einzelnutzung. Denn auch der Strom für diese Autos muss irgendwo produziert werden. Für jedes einzelne Auto. Hoffentlich nicht aus Kohle. Aber irgendwoher muss er kommen, der Strom. In großer Menge. Er muss nicht nur produziert, sondern auch verteilt werden. 

 

Da gehts gleich weiter. Niemand will Kohlekraftwerke, Atomkraftwerke, Überlandleitungen, Windparks, Solarfelder vor der Haustür haben. Und schon gar kein Gas von bösen Lieferanten beziehen. Aber jeder will immer mehr Strom nutzen. Möglichst billig. Ausreichend Strom und flächendeckende Ladestationen sind Voraussetzungen für den sinnvollen Betrieb von E-Fahrzeugen.

 

2. Das Elektroauto hat einen Energiespeicher, welcher ähnlich wie beim Handy der Akku den Strom speichert und dann wieder abgibt, um das Fahrzeug zu betreiben. Diese Akkumulatoren oder Batterien enthalten teilweise giftige Komponenten. (Wenn Du hier mehr lernen willst, klicke oben auf das rote Wort "Energiespeicher"). Die Bestandteile sind nicht nur in der Verarbeitung und beim späteren Recycling zu beachten. Sondern Rohstoffe müssen zu Anfang auch gewonnen werden. In Erdteilen wie Afrika z. B. unter oft nicht menschen- und umweltfreundlichen Bedingungen.

 

Auch wenn man bald weniger giftige Energiespeicher einsetzen kann, wird ein Speicher für Elektroenergie für Autos mit einer sinnvollen Reichweite niemals aus, sagen wir mal, einer Hand voll Heu bestehen. Sondern hier wird man sich die Frage der Umweltverträglichkeit immer stellen müssen. Nicht zu vernachlässigen auch das Risikopotential so eines Speichers, wenn er beispielsweise brennt und gelöscht werden muss.

 

3. Außer dem Energiespeicher besteht das Fahrzeug aus verschiedenen Komponenten. Diese müssen in riesiger Menge industriell gefertigt werden, um die Nachfrage von immer mehr Menschen zu befriedigen. Der global ständig wachsende Produktionsprozess verbraucht Unmengen an Energie und stößt Schadstoffe aus. Außerdem müssen die vielen produzierten Fahrzeuge weltweit verteilt werden. Diese Logistik verbraucht wieder Energie und erzeugt Dreck.

 

4. Kleine Bösartigkeit zum Schluss: E-Autos sind in der Anschaffung, im Betrieb und teilweise auch in Reparatur/Recycling teurer als Verbrenner. Das elektrische Gefährt ist also eher eine Variante für Wohlhabende.  Und - interessant zu wissen - Verbrenner, die in kleiner Stückzahl gefertigt werden, dürfen auch nach 2035 weiter fahren. Es gilt eine Stückzahl von bis zu 10.000 Stück / Jahr. Wer seinen Bruuum-Bruuum-Spritgurgel-Ferrari auch nach 2035 durch eine neueres Modell ersetzen will, der kann das also tun. Fazit: viele werden sich wahrscheinlich bald kein Auto mehr leisten können, so oder so.

 

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Herr Schnupke ist in der Dämmerung hinter dem Brückenpfeiler am Wasser verschwunden, um noch eine Pfeife zu rauchen, mit würzigem Kraut. Ich stelle fest, dass der Maulwurf auch weg ist. Ich glaube, er raucht mit.

 

Ich gehe die beiden mal suchen. Bis später.