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Der Benjamin-Franklin-Effekt

Gut zu wissen

(unter Verwendung von OpenClipart-Vectors/www.pixabay.com)
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Benjamin Franklin, einer der bekanntesten Amerikaner des 18. Jahrhunderts, war Buchdrucker, Erfinder, Politiker. Er gehört zu den Gründervätern der USA und zählt zu den Unterzeichnern der 1776 verabschiedeten Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika. Und er erfand den Blitzableiter. Ein kluger, energischer und vor allem gut organisierter und selbstdisziplinierter Mann.

 

Wir kennen von ihm schon die Fünf-Stunden-Regel

 

Unter den vielen Geschichten aus Franklins reichem Leben ist eine besonders interessant und kann für jeden von uns lehrreich sein - in die eine oder andere Richtung.

 

 

Benjamin Franklin hatte in seinem Umfeld einen Mann, mit dem er sehr gerne in Kontakt kommen wollte. Doch Franklin wusste, dass der andere, warum auch immer, ihn nicht leiden konnte.

 

Nun überlegte er sich, wie das zu ändern sei; wie ein erster Schritt des Kennenlernens zu ermöglichen sein würde. 

 

Franklin ging also eines Tages zu dem besagten Mann und bat ihn sehr höflich und respektvoll, sich aus dessen Privatbibliothek ein bekanntermaßen dort vorhandenes, besonders seltenes Buch ausleihen zu dürfen. Der andere sah eigentlich keinen Grund, das abzulehnen. Schließlich wäre das extrem unhöflich gewesen. Also willigte er ein und lieh er ihm das Buch. Franklin bedankte sich sehr freundlich.

 

Nun brachte oder schickte Franklin das Buch später sicher irgendwann zurück. Man wird ein paar Worte oder einige Zeilen gewechselt haben. Und so kam etwas in Gang.

 

Etwas Positives, denn der Buchbesitzer wurde später ein guter Freund Benjamin Franklins.

 

 

Dieses Verhalten wird in der Psychologie wegen der überlieferten Buch-Geschichte Franklins "Franklin-Effekt" genannt.

 

Es gibt zwei Erklärungsansätze dafür, hier von mir sehr laienhaft beschrieben:

 

  1. Der Mensch neigt dazu, denjenigen zu mögen, der ihn auch mag.
  2. Unser Gehirn geht davon aus, dass man nur demjenigen einen Gefallen tut, den man mag. Umgekehrt mag man also den, dem man einen Gefallen tut - weil das Gehirn eine Übereinstimmung zwischen Denken und Handeln herstellen und sich nicht in Widersprüchliches verwickeln will. Hat man also jemandem einen Gefallen getan (und er verhält sich positiv), ist man selbst eher bereit, denjenigen wieder zu unterstützen.

 

Wer sich mehr Hintergrund wünscht, findet ihn hier:

 

 

Was man aus dieser Geschichte lernen kann, wenn man sich die Zusammenhänge bewusst macht, ist nicht so schwer zu erraten - aber auch diese Sache hat nicht nur eine Seite.

 

1. Wer einen anderen freundlich um eine kleine Unterstützung bittet, dem wird sie normalerweise in einer zivilisierten Gesellschaft nicht verwehrt. Das ist eine gute Möglichkeit, eine Beziehung anzuknüpfen. Dem ersten kleinen Schritt folgen wahrscheinlich weitere, größere.

 

2. Aufpassen muss man selbst, dass man nicht Opfer dieses Effekts wird. Hat man jemandem einen kleinen Gefallen gewährt, wird eventuell das nächste, schon Größere, erbeten bzw. gefordert. Und so weiter (der kleine Finger, die ganze Hand, die ganze Person, die danebenstehende Person....).

 

3. Nicht verwechseln sollte man m. E. n.  Franklins kluges, höfliches Vorgehen mit dem vor allem von manchen Frauen gezielt eingesetzten Verhalten des sich Dumm-und-Hilflos-Stellens, um so Hilfe und Aufmerksamkeit zu bekommen. Das würde ich niemals jemandem empfehlen, denn das erzeugt sicher nicht nur bei mir Mitleid, Herablassung und Verachtung. Bestimmt regt dieses Verhalten den Beschützerinstinkt von Männern an, doch wer sich als Frau mit Absicht als so unfähig darstellt, kann niemals wirklichen Respekt erwarten. Es geht nicht darum, keine Hilfe anzunehmen, sondern um das plakative Ich-bin-doof-bitte-hilf-mir-Muster.

 

 

***

 

Zu dem ganzen Thema fällt mir ein Ausspruch von Herrn M. ein. Herr M. und ich waren einige Zeit Kollegen; beide arbeiteten wir in der Instandhaltung eines Industrieunternehmens.

 

M. sagte immer: "Wenn Du niemandem einen Gefallen tust, dann hast Du auch keinen Ärger."

 

Da ich damals noch am Anfang meines Berufsweges war, verstand ich diesen Satz nicht ganz und fand ihn etwas sonderbar. Später änderte sich das und ich dachte noch oft an Herrn M. und seinen sowohl wahren als auch harten Satz. Wie das jetzt mit der Geschichte von Benjamin Franklin zusammenpasst, wo man selbst anderen und sich selbst Grenzen setzen MUSS, das ist eine lohnenswerte Sache zum Drübernachdenken.