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Was ist aus dem Ahrtal geworden?

Fast ein Jahr ist es her - Reportage von Janina Lionello

 

In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 wurde ein kleines Flusstal von einer Flut heimgesucht. Das Ahrtal, benannt nach der Ahr. Ein Fluss, der in der Eifel entspringt und dann seine 85 Kilometer zurücklegt, bis er in den Rhein mündet. Naturschutzgebiete, Weinberge, Wanderwege, schöne Ortschaften liegen an den Ufern der Ahr. Schon öfter gab es hier schwere Hochwasser.

 

Im Sommer 2021 war es besonders schlimm. 134 Tote, viele Verletzte, zerstörte Häuser, kaputte Infrastruktur, verzweifelte Bewohner, ein massives politisch-organisatorisches Versagen der Verantwortlichen, so die Bilanz. 

 

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Viele Tote, Verletzte, Zerstörung und unendliche Trauer wären vermieden worden, wenn der Katastrophenschutz besser funktioniert hätte und die Bewohner der gefährdeten Gebiete rechtzeitig gewarnt worden wären.

 

Später dann große Solidarität der Bürger untereinander, Hilfe aus allen Teilen Deutschlands auf jede erdenkliche Weise. Etwas Gutes; etwas, das geht.

 

Die damalige Bundeskanzlerin Frau Dr. Merkel rief im Fernsehen die Deutschen zum Spenden für die Opfer des Hochwassers auf. Denen sollte schließlich schnell und unbürokratisch geholfen werden. Ich bin nicht gegen solche Spendenaufrufe; trotzdem dachte ich mir damals: Wieso rufen so hohe Verantwortungsträger in diesem Fall, wo ein Teil ihrer eigenen steuerzahlenden Bürger wirklich dringend Hilfe braucht, das Volk zum Spenden auf - und das so schnell? Wieso haben die nicht in so einem Industrieland und Wirtschaftsstandort einen funktionierenden Katastrophenschutz und auch finanzielle Hilfsmöglichkeiten für den Notfall? Haben wir nicht einen riesigen Politiker- und Beamtenapparat, einen so zahlreichen Bundestag wie noch nie zuvor? Ausschüsse, Ämter, Behörden, Ministerien. Was machen die alle, wenn es nicht mal gelingt, bei einer herannahenden Wetterkatastrophe, zu der auch Daten vorlagen, die Betroffenen zu warnen? Das ist natürlich etwas kurz gegriffen, man kann auch sagen: populistisch. Wahr ist es doch.

 

Und warum kann man den Bürgern dort nicht schneller helfen? Wenn wir Flüchtlinge und Migranten aufnehmen, dann können wir über Nacht die entsprechenden Strukturen schaffen, Gelder bereitstellen und auch auszahlen. Wir bezahlen alles. Wie immer Steuergeld. Warum reichts dann für die eigenen Leute nicht?

 

 

Die Auswirkungen der Flut 2021 im Überblick:

 

 

 

FOCUS schreibt am 11.07.2022 (Quelle HIER):

  • Mehr als 170 Flut-Tote im Westen Deutschlands (allein im Ahrtal 134), rund 800 zum Teil schwer Verletzte, Tausende Obdachlose, Hunderte lebenslang traumatisierte Menschen.
  • Mehr als 30 Milliarden Euro Schäden in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen.
  • In Rheinland-Pfalz traf die Katastrophe mehr als 65.000 Menschen sowie rund 3000 Unternehmen. Allein im Ahrtal erwischte es 42.000 Frauen, Männer und Kinder, etwa 17.000 von ihnen verloren ihr gesamtes Hab und Gut.
  • In NRW meldeten mehr als 180 Kommunen und 20.000 Privathaushalte zum Teil schwerste Schäden.
  • 103 Brücken hat die Flut allein im Ahrtal stark beschädigt oder komplett zerstört.
  • Insgesamt 29 Schulen und 55 Kindertagesstätten in der Unwetterregion wurden zum Teil massiv beschädigt.
  • Fünf Krankenhäuser, 19 Pflegeeinrichtungen, zwei Rehakliniken sowie 59 Arztpraxen und viele Apotheken hat das Hochwasser teilweise verwüstet.

 

 

Daran erinnern wir uns jetzt, ein Jahr später. Wir, die Nichtbetroffenen. Wir hatten Glück. Haben kein Familienmitglied verloren, sind selbst am Leben und unverletzt, wohnen noch in unseren unversehrten vier Wänden in einer normalen Umgebung. Haben unsere Jobs, die Schulen und Kindergärten für unsere Kinder, unsere Autos, die Schienen für unsere Bahn. Es gibt unsere Gärten und Haustiere. Die Spielplätze. Unseren Mut.

 

 

Aber wie geht es den Bewohnern des Ahrtals  heute? Welche Hilfe kam an, was funktionierte, was  nicht? 

 

Welche Konsequenzen zog man aus dem eklatanten Versagen einer ganzer Reihe hoher Verantwortlicher?

 

 

Anne Spiegel, zum Zeitpunkt des Hochwasses Umweltministerin des Bundeslandes Rheinland-Pfalz, fuhr einige Tage nach der Katastrophe - in den Urlaub. Nicht ins Ahrtal, sondern nach Frankreich. Ein Fehler, der bemerkt wurde. Das hinderte sie nicht daran, im darauf folgenden Herbst Bundesfamilienministerin im neuen Ampelkabinett zu werden. Erst im Nachhinein musste diese Ministerin aufgrund der Vorgänge rund um die Flut im Sommer 2021 zurücktreten. Ein zäher Vorgang, da hier in Deutschland eigentlich keiner mehr wegen irgendwas zurücktritt. Man macht einfach immer weiter. 

 

 

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Guckt man sich an, was die Wähler im Ahrtal zur Bundestagswahl 2021, Wochen nach der Katastrophe, gewählt haben, dann sind das mehrheitlich die damals regierenden Parteien: CDU und SPD. Die Groko-Verantwortlichen. Die Wahlbeteiligung mit über 70 % auch nicht so schlecht. Wahrscheinlich hatte man damals noch Hoffnung, vertraute den Regierenden? 

 

Unbegründetes Vertrauen, wie man heute, ein Jahr später, deutlich sieht.

 

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Hier eine halbe Stunde Reportage aus dem Ahrtal, wie es da jetzt ist: