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Mensch und Maulwurf: ein Dialog (44)

Freudenfeuerwerk

 

Jeden Sommer Ende Juni feiert unsere Stadt das Bergstadtfest. Die sonntags stattfindende Bergparade ist traditionell der Höhepunkt des viertägigen Spektakels.

 

Die Straßen sind vollgebaut mit allen möglichen Buden und Ständen. Man kann essen, trinken, Musik hören, andere Leute treffen und ein paar Dinge kaufen; einfach nur so. Abends gibt es verschiedene Konzerte auf Bühnen, die überall in der Stadt errichtet wurden. Es gibt Bastelstraßen für Kinder, einen Mittelaltermarkt und noch viel mehr. Wer so ein Festfreund ist, das Getümmel liebt oder mit seinem Kind das Geschehen erkunden will, für den ist das genau richtig. Ich freue mich für die Leute, die so etwas lieben. Für die Kinder. Gerade nach der Coronazeit wollen viele feiern und draußen zusammen etwas unternehmen; auch Budenbesitzer, Schausteller und Künstler sind froh, dass es wieder losgeht.

 

Ich gönne es allen. Selbst bin ich nicht so der Klumpenbildungsliebende, aber es gefällt eben nicht jedem immer alles. Zum Glück.

 

Das Schönste für mich ist das Feuerwerk zum Abschluss dieser Festtage. Sonntagabends steigt es in den Himmel: bunt, prächtig, knallend, rauchend und zischend.

 

In unserem Küchenfenster liegen wir und gucken uns das Feuerwerk an, fasziniert wie immer von richtiger Pyrotechnik..... Immer wieder steigen blitzende Pfeile in den Sommernachthimmel, explodieren dann zu Sternen, Blumen, Fontänen. Der darunterliegende Rauch leuchtet bunt.

 

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Feuerwerk auf der Freiberger Reichen Zeche am 26. 06. 2022
Feuerwerk auf der Freiberger Reichen Zeche am 26. 06. 2022

 

Maulwurf (zeigt begeistert auf einen riesigen weißen Stern, der sich gerade entfaltet): "Guck' Dir das doch mal an! Orr, das ist so schön! Warum machen wir das nicht mal selber?"

Yvonne (lacht): "Weil wir keine Pyrotechniker sind und so ein gut durchdachtes und umgesetztes Feuerwerk eine Meisterleistung ist. Das kann ja nicht jeder."

Maulwurf: "Aber zu Silvester???"

Yvonne: "Das ist was Anderes. Da begrüßen die Leute das neue Jahr. Jeder knallt so in der Gegend rum, wie er es eben kann und will. Für den, der es mag, ist es auch schön. Mir gefällt das Profifeuerwerk, es ist wie ein Ballett des Feuers am Himmel."

Maulwurf: "Jaaaaa, lauter tanzende Blitze und Sterne...."

 

Wir gucken eine Weile, bis alles Pulver verschossen wurde. Dicker Rauch wabert über die Reiche Zeche, den Ort des Geschehens. Die Nacht ist warm. Eiskalte Bitter Lemon steht im Kühlschrank bereit, langsam kühlt die Luft draußen ab. Auch schön.

 

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Selbst ein Feuerwerk: der Maulwurf!
Selbst ein Feuerwerk: der Maulwurf!

 

Maulwurf (legt sich einen Eiswürfel aus der Getränkeschüssel auf den Kopf): "Noch ein Klassiker, Mylady?"

Yvonne: "Wie immer, mein Lieber."

Maulwurf (hält mit eine Pfote den Eiswürfel auf dem Kopf fest, die andere hebt er mahnend): "Es klingt vielleicht ein bisschen gemein, ist aber wirklich nicht böse gemeint. Im Gegenteil, ich habe mir etwas Besonderes dabei gedacht. Weil Du doch nicht so ein Getümmel- und Massenfestfan bist .... Das Zitat ist von Heinrich Heine.

Yvonne (neugierig): "Na, da bin ich jetzt gespannt. Der Heine konnte schon ziemlich gemein sein...."

Maulwurf (lacht): "Oder auch nicht, pass auf:

 

„Die Stadt selbst ist schön, und gefällt einem am besten,

wenn man sie mit dem Rücken ansieht.“

 

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Heine schrieb das in seiner "Harzreise" über Göttingen. Aber es trifft auch anderswo zu. Dass man froh ist, den Trubel, das Geschrei, die Massen, den Geruch hinter sich zu lassen. Über eine Wiese hinüber zum Wald zu gehen, den Fluss entlang. Dorthin, wo keiner ist. Genauso schön wie so ein Feuerwerk, nur eben ganz anders.