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Alt und Jung

Parlaments(un)kultur

 (www.twitter.com / @IrenaBuzarewicz)
(www.twitter.com / @IrenaBuzarewicz)

 

Wenn einer Verantwortung für andere trägt und für sie Entscheidungen trifft, erwartet man von ihm, dass er einige Voraussetzungen erfüllt. Wenn aus einer Frau eine Mutter wird, wenn Mitarbeiter in einer Firma Führungsverantwortung übernehmen, wenn andere Menschen sich um unsere Kinder kümmern in Schule und Kita,  wenn aus Bürgern Abgeordnete werden.

 

Sachkompetenz im entsprechenden Fachgebiet, Lebenserfahrung, eine gefestigte Grundhaltung zu den Hauptthemen des Lebens, Zuverlässigkeit, Höflichkeit, Toleranz, Integrität. Fehlerlos muss er nicht sein, aber vertrauenswürdig. Das alles wünsche ich mir zumindest. Kann sein, dass das altmodisch klingt. 

 

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Dass es aber sinnvoll ist, einem naiven Frischling noch keine umfassende Verantwortung zu übertragen, sondern ihn mit kleineren Aufgaben Stück für Stück auf Größeres vorzubereiten, dem würden wohl die meisten zustimmen, wenn man sie dazu fragt.

 

Emilia Fester, eine junge Frau, 23 Jahre alt, ist die jüngste Abgeordnete unseres aktuellen Bundestages.

 

Fester hat Abitur und arbeitete freiberuflich als Regieassistentin am Theater. Außerdem engagiert sie sich bei den Grünen. Soweit gut, finde ich. Es ist nichts daran auszusetzen, vor Eintritt in eine Ausbildung oder ein Studium etwas auszuprobieren, festzustellen, was einem liegt. Festers Eltern sind selbst Theaterleute und haben der Tochter sicher etwas von ihrer Liebe zur Kunst mitgegeben.

 

Auch politisches Engagement einer so jungen Frau ist etwas Anerkennenswertes, finde ich. Jemand, der sich um sein Umfeld, um die Welt, in der er lebt, einen Kopf macht - der verhält sich besser als ein egoistisches Partygirl, ein Video von ihrem YouTube-Kanal namens "Grün hinter den Ohren" vor einem knappen halben Jahr HIER.

 

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Schwierig wird es erst dann, wenn dieser jemand ohne Berufs- und Lebenserfahrung, ohne die Bildung, die man sich als engagierter Bürger und auch als Politiker erst mit den Jahren aneignet, auf so einem Parlamentarierstuhl sitzt. Und dort an sehr wichtigen Entscheidungen mitarbeitet, über deren Grundlagen er gar keine Ahnung hat und teilweise auch noch gar nicht haben kann. 

 

 

Wenig Wissen, kaum Erfahrung, eine Menge Ideologie, noch mehr Gefühl. Viel Bauch, wenig Kopf - das ist immer schlecht, wenn es um Sachthemen geht - meine Meinung.

 

Das hat man gestern, am 17.03.2022, in der aktuellen Bundestagsdebatte über die Corona-Impfpflicht gesehen. Da merkte man, dass gerade eine Person spricht, die die grundlegenden Erkenntnisse aus den letzten Monaten nicht mitgekriegt hat. Die offensichtlich keine Statistik versteht, nicht einordnen kann, was in anderen Ländern passiert, die Informationen von Wissenschaftlern zum Thema nicht oder nur sehr einseitig zur Kenntnis nimmt. Tatsachen, die inzwischen vom RKI und der WHO beachtet werden und auch in den Hauptmedien verfügbar sind, scheinen ihr unbekannt oder nicht wichtig zu sein; zum Beispiel die Aspekte zum Thema Herdenimmunität. Gefährlich so ein Tunnelblick, der nur erfasst, was einem in den Kram passt. Und dann noch so ein Drama-Auftritt. Unwürdig für das Haus des Deutschen Bundestages.

 

Aber, das muss zur Verteidigung Festers gesagt werden: Auch ältere Parlamentskollegen äußern Eigenartiges: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sagte zum Beispiel in der gleichen Debatte: "Das ganze Land wird in der Geiselhaft dieser Menschen (gemeint sind die Ungeimpften - Anmerkung TW)  sein." Damit spricht der Minister, zwar mit anderen Worten, dasselbe aus wie Fester. Und ihm ist es viel stärker anzulasten, verfügt er doch in seinem Alter über mehr Erfahrung und Wissen als die junge Abgeordnete.

 

Daran sieht man, dass kein Alter vor Torheiten schützt.

 

Zum Glück für unsere Parlamentskultur gibts auch noch Abgeordnete wie zum Beispiel Herrn Dr. Gregor Gysi (Die Linke) oder Frau Dr. Alice Weidel (AfD). Politiker, die ihre unterschiedlichen Meinungen äußern und begründen können, ohne zu geifern. Und auch eine Fraktionskollegin von Emilia Fester, die Grünen-Politikerin Tabea Rößner, äußerte sich sachlich in ihrer Rede im Bundestag und twitterte heute: "Aber zentral ist für mich: Weniger Alarmismus, mehr Sachlichkeit! Und Positionen immer wieder überprüfen, wenn es neue wiss. Erkenntnisse gibt."

 

 

Da erkennt man, dass eine vernünftige Debatte mit den richtigen Personen möglich ist.