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Wehrhaft werden, aber wie?!

Mehr Geld! Mehr Moral!

Fuchs und Igel "Bewaffnet, doch als Friedensheld" / Farbholzschnitt von Ingeborg Lahl-Grimmer (1968, Quelle: www.wikipedia.org , Datei von Konrad Michel)
Fuchs und Igel "Bewaffnet, doch als Friedensheld" / Farbholzschnitt von Ingeborg Lahl-Grimmer (1968, Quelle: www.wikipedia.org , Datei von Konrad Michel)

 

Russische Künstler wie die berühmte Opernsängerin Anna Netrebko oder der Dirigent Valery Gergijew werden in Deutschland aus ihren Arbeitsverhältnissen geworfen, weil sie sich nicht eindeutig von der aktuellen russischen Politik distanzieren. Öffentliche Gebäude beleuchtet man in den Nationalfarben der Ukraine. Nordstream2 wurde nun gestoppt. Suppermärkte wie Edeka, Aldi, Lidl, Penny nehmen russische Produkte wie Wodka aus dem Sortiment.  Zehntausende Menschen in deutschen Städten demonstrieren für den Frieden. Eine große deutsche Zeitung bezeichnete diese Demonstranten als das wahre Volk unseres Landes, nicht die "anderen" Demonstranten, die diesen Begriff immer missbrauchen würden. Klar, wer gemeint ist. Klar auch, dass Coronaviren den Unterschied kennen.

 

Was haben wir an Ernsthaftem zu bieten?

 

 

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Die Welt guckt nach Europa.

 

Auf die Ukraine und Russland. Auf die NATO und ihre Mitglieder. Es herrscht Krieg auf unserem Kontinent.

 

Die Ukraine hat ihren eigenen Weg gesucht zwischen den Interessen des Westens und denen Russlands. Längst ist das Land zwischen die Fronten geraten, jetzt eskaliert der seit Jahren bestehende Konflikt. 

 

Ich bin froh, dass es wenigstens Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine gibt, denn eine diplomatische Einigung ist besser als Krieg, in dem es Tote, Verletzte, Vertriebene gibt. Was werden die Gespräche bringen? Auch, wenn das Kriegsgerät rollt, gekämpft wird und die Verhandlungen bisher nicht erfolgreich waren - zumindest redet man überhaupt noch miteinander.

 

 

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Zu den Auswirkungen dieses Geschehens auf unser Land möchte ich gerne was sagen.

 

Was keiner wahrhaben wollte, das tritt im aktuellen Zusammenhang nun schmerzhaft zutage: Deutschland kann sich nicht einmal selbst mehr verteidigen.

 

Der "Offenbarungseid" des Heeresinspekteurs der Bundeswehr vor einigen Tagen, Generalleutnant Alfons Mais, könnte kaum schlimmer sein. Wir haben keine Flugzeuge und Hubschrauber, die fliegen; keine Gewehre, die schießen; keine zuverlässigen Schiffe und U-Boote. Teilweise fehlt das Grundlegendste, wie etwa Uniformen und Schuhe für die Soldaten.

 

Die Verteidigungsminister und -ministerinnen der letzten beiden Jahrzehnte haben hier sicher nicht zum Aufbau einer schlagkräftigen Armee beigetragen, das war auch nicht ihr Ziel, nicht das der jeweils verantwortlichen Regierung. Die NATO-Vorgabe für den Rüstungsetat erreichten wir bisher nicht.

 

Schon als Verteidigungsminister zu Guttenberg ab Juli 2011 die Wehrpflicht aussetzte, fand ich das falsch. Später von der Leyens  Kümmern um frauengerechte Kasernenausstattung und Kleidung für schwangere Soldatinnen - es wirkte in der Art und Weise, wie man es machte, verstörend (auf mich). Auch finde ich - egal ob Frau oder Mann -, dass an die Spitze der Bundeswehr eine Person mit militärischem Hintergrund gehört. Jemand, der weiß, was Krieg ist, wie eine Armee funktioniert, wie es den Soldaten geht. Unsere aktuelle Verteidigungsministerin, eine Juristin, vermittelt diesen Eindruck nicht.

 

Wir haben jetzt zwar Umstandskleidung für Soldatinnen, die in schwangerengeeignete Panzer einsteigen (könnten), aber das scheint fast alles zu sein. 

 

Die Zivilgesellschaft lehnt nach meinem eigenen Erleben mehrheitlich die Bundeswehr ab, unsere Soldaten haben leider keine gute Lobby. Sein Land verteidigen zu können und zu wollen ist nicht cool, wie es scheint. Männerdutt tragen, für US-amerikanische Kriminelle knien oder auf testosterongeladene Goldketten-Rapper stehen , das scheinbar schon.

 

"Wir sind blank." sagt Generalleutnant Mais; einer, der es wissen muss. Ich glaube es ihm.

 

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Jetzt, seit Sonntag, ist die Aufrüstung der deutschen Armee beschlossene Sache. Die Regierung setzt 100 Milliarden Euro Sondervermögen im Bundeshaushalt 2022 ein: für die Verbesserung des technischen Equipments der Bundeswehr. Ich hoffe, es gibt an den richtigen Stellen die richtigen Leute. Personen, die nicht irgendwie nur Geld verteilen und darüber reden. Aber am Ende kein wirklicher Nutzen erreicht wird.

 

Sondern Militärexperten, die die notwendige Veränderung einschätzen, planen und umsetzen können.

 

Ich kann mir schwer vorstellen, dass ein Apparat moralisch so schnell zu verändern ist. Ein System, das so weichgespült wurde, dass es kein Problem ist, wenn sich heute Transgender-Bundeswehrangehörige in öffentlichen Talkshows zu ihren sexuellen Vorlieben äußern, ein regenbogenfarbiges Einhorn am Panzer klebt oder die Einmannpackung (EPa) gendergerecht umbenannt werden musste in Einpersonenpackung. Irre.

 

Ich hoffe, man kann aus der derzeitigen Bundeswehr wieder eine ernstzunehmende deutsche Armee machen.

 

 

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Fazit:

 

Wer stolz auf sein Land ist, der gilt hier in Deutschland schnell als rechtsextrem. Wer sein Land im Fall eines Angriffs verteidigen wollte und könnte, der ist auch verdächtig. Wer Bedrohungen erkennt und abwehren will, der ist ein Rassist und Menschenfeind.

 

Wer das alles weder will noch kann, aber im Bedrohungsfall bei Demos Fähnchen schwenkt, Bauwerke bunt beleuchtet, auf Straßen kniet und in den sozialen Medien sentimentales Zeug postet, der ist der Gute. Das alles galt bisher.

 

Vielleicht ändert sich das jetzt endlich. Ich hoffe es.

 

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Markus Somm, Chefredaktor des Schweizer "Nebelspalter", schreibt in seinem heutigen Tages-Memo (01.03.2022 / Newsletter Somms Memo, HIER)

 

"Was vor wenigen Tagen noch undenkbar gewesen wäre, hat Wladimir Putin in drei Tagen Krieg gegen die Ukraine erreicht: Deutschland, bis 1945 die brutalste Streitmacht des Kontinents, dann eine tüchtige Armee innerhalb der Nato, schliesslich ein Verein von Friedenstaubenzüchtern, will erwachsen werden.

An einer Sondersitzung des Bundestages kündigte Scholz am letzten Sonntag an, dass Deutschland:

  • umgehend ein «Sondervermögen Bundeswehr» schaffen will, das 100 Milliarden Euro umfasst. Damit sollen noch 2022 Waffen gekauft werden, unter anderem israelische Drohnen und amerikanische Kampfflugzeuge vom Typ F-35

  • ab sofort gilt, was eigentlich für alle Nato-Mitglieder gilt, aber in Berlin in jüngster Zeit selten eingehalten wurde: Deutschland gibt 2 Prozent (oder mehr) seines Bruttoinlandsproduktes für die Verteidigung aus
     

Es entbehrt nicht der Ironie. Als Donald Trump, der in Deutschland wohl unbeliebteste US-Präsident aller Zeiten, verlangt hatte, Deutschland müsste endlich seinen Nato-Pflichten nachkommen und mehr Geld für seine Armee bereitstellen, wurde das in Deutschland mit einer fast idealtypisch deutschen Mischung von Arroganz und Verunsicherung quittiert."