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Peststein, Pestsäule und Talsperre zu Reifland (Erzgebirge)

Fakten, Überlieferungen und Ansichten

Pestsäule Reifland von 1880
Pestsäule Reifland von 1880

 

Heute sind wir in Reifland unterwegs, einem kleinen Dorf oberhalb des Flöhatals, unweit von Lengefeld. Hier soll es unter anderem einen Gedenkstein und eine Erinnerungssäule geben, die beide an den Schwarzen Tod erinnern, der auch hierher kam, ins Erzgebirge.

 

Wir gehen dorfauswärts von Reifland Richtung Lippersdorf und finden nach ein paar hundert Metern Säule, Stein und einen kleinen Rastplatz links an der Straße.

 

Was wissen wir darüber?

 

Blick von Reifland nach Lengefeld übers Flöhatal
Blick von Reifland nach Lengefeld übers Flöhatal

 

Zwischen dem 13. und 18. Jahrhundert gab es immer wieder große Pestepidemien in Sachsen. Insgesamt ein Drittel der Bevölkerung starb daran. Ganze Familien verschwanden, Dörfer und Landstriche wurden entvölkert, Arbeit in Landwirtschaft und Handwerk blieb ungetan. Hungersnot und Mangel an allem folgten.  Großes Leid brachte diese Seuche mit sich, wer einmal infiziert war, der hatte kaum eine Chance.

 

Übertragen wurden die Krankheitserreger vor allem durch Ratten und Flöhe, aber auch von Mensch zu Mensch. Da einem der Tod so gut wie sicher war, wenn man sich ansteckte, herrschte große Angst davor. Kranke wurden allein gelassen, Gesunde überlebten außerhalb ihrer Städte und Dörfer in möglichst isolierten Verstecken. Man fand alle möglichen Erklärungen für die Seuchenausbrüche; die Pesterreger wurden erst im 19. Jahrhundert entdeckt.

 

Zwischen Reifland und Rauenstein unterwegs...
Zwischen Reifland und Rauenstein unterwegs...
In Reifland auf der Straße nach Lippersdorf
In Reifland auf der Straße nach Lippersdorf

 

Ein großer Pestausbruch suchte das Erzgebirge um 1680 herum heim, wieder einmal. Auch Lengefeld, Rauenstein und Reifland waren betroffen. Damals geschah etwas, das zweihundert Jahre später zu Errichtung einer Pestsäule zwischen Reifland und Lippersdorf führte und woran ein großer Gedenkstein erinnert.

 

Johann Major, ein Pfarrer aus Reifland, hatte bei diesem Pestausbruch 1680 seine gesamte Familie und auch die Bediensteten des Hauses verloren. Er selbst glaubte an seinen baldigen Tod; das Elend ist für uns heute in diesem Ausmaß unvorstellbar. Er wünschte sich unter diesen Umständen besonders den Segen des Heiligen Abendmahls, die Stärkung durch den Glauben. Aber wer konnte, wer wollte ihn spenden, den geistlichen Beistand - in dieser Situation voller Todesgefahr?

 

Ein Kollege, Pfarrer Christoph Rümmler aus dem benachbarten Lippersdorf, fand sich dazu bereit. Was genau geschah, berichten die Chronisten gleich.

 

Der Peststein von Reifland
Der Peststein von Reifland

 

Auf dem Stein findet man die Initialen der beiden Geistlichen, IHM und CR, dann das Symbol eines Kelches sowie die Jahreszahl 1680. Auch die fünf Meter hohe Sandstein-Pestsäule trägt eine Inschrift:

 

"Auf diesem

altehrwürdigem Steine

reichte im Jahre 1680

als in Lengefeld

die Pest wüthete

der Lippersdorfer Pfarrer

Rümmler

dem Lengefelder Pfarrer

Major

das heilige Abendmahl."

 

Schöner kleiner Rastplatz neben Stein und Säule
Schöner kleiner Rastplatz neben Stein und Säule

 

Bis 1970 zeigte die Säule in der oberen Nische, dem Bilderhaus, hinter Glas ein Bild, welches das hier stattgefundene Abendmahl zeigte. Der Dresdner Professor Karl Gottlob Schönherr, selbst gebürtiger Lengefelder, hatte es auf Eichenholz gemalt. Das kleine Gemälde wurde gestohlen und 1972 durch ein neues ersetzt. Was auch nicht mehr da ist, leider.

 

Reiflands Umgebung
Reiflands Umgebung

 

Unter www.suehnekreuz. de finden sich historische Quellen:

 

"Dieser Stein und die dahinter errichtete Säule erinnern an ein Ereignis, das sich 1680 ereignete. In diesem Jahr grassierte die Pest wieder einmal recht heftig - und wohl letztmalig - im Erzgebirge und der Pfarrer von Reifland, Johann Major, empfing hier aus den Händen seines Lippersdorfer Amtsbruders Pfarrer Christoph Rümmler das heilige Abendmahl.

 

Magister Major glaubte, auch bald Opfer der verheerenden Krankheit zu werden und hatte im Angesicht des nahen Todes nach dieser geistlichen Stärkung verlangt. Rümmler traute sich wegen der Ansteckungsgefahr jedoch nicht - oder durfte nicht - bis nach Reifland hinein, so trafen sich die zwei auf freiem Felde auf halber Strecke zwischen den Ortschaften und vollzogen die Sakramentshandlung. Der Stein bezeichnet jedoch nicht exakt die richtige Stelle, denn er ist im Jahre 1880 "[...] ein wenig vom ursprünglichen, durch eine Eiche bezeichneten, Platze entfernt [...]"

 

Johann Major überstand übrigens die Seuche und war bis 1688 als Pfarrer im Ort tätig."

 

 

Wir verabschieden uns von der kleinen Gedenkstätte und machen noch einen Abstecher zur Staumauer der Saidenbach-Talsperre, die sich von Forchheim bis Reifland erstreckt.

 

Diese Staumauer ist eine Gewichtsstaumauer nach dem Intze-Prinzip. Sie besteht aus Bruchsteinen, hat einen annähernd dreieckigen Querschnitt und einen bogenförmigen Grundriss. Diese Sperrmauer hat keinen Konrollgang wie die in Flaje, wo wir hindurchgegangen sind, im letzten Oktober, Du erinnerst Dich?

 

Ein paar Bilder, Daten und Infos zur Saidenbach-Talsperre:

 

Blick auf die Staumauer, Saidenbachtalsperre
Blick auf die Staumauer, Saidenbachtalsperre
Foto von Infotafel
Foto von Infotafel
Foto von Infotafel
Foto von Infotafel

 

Was man dazu auch wissen sollte: In der Talsperren-Bauzeit von 1929 - 1933 gab es hier in Reifland acht Tote unter den Männern, die mitarbeiteten. Der Jüngste gerade 26 Jahre, der Älteste 53 Jahre alt.

 

 

Von der Talsperre aus gehts hinunter zum Rauensteiner Bahnhof, von wo aus wir wieder heimwärts fahren. Weil an diesem Samstag sehr stürmisches Wetter ist, muss der Maulwurf sicherheitshalber in der Tasche bleiben .....

 

Bilder vom Serpentinenweg runter ins Flöhatal mit fantastischem Blick auf Schloss Rauenstein gibts heute nicht, da der Rückweg im gestreckten Galopp vonstatten ging. Um den Zug noch zu erreichen.....

 

 

Alle mögliche Gedanken um Pestseuchen, Talsperrenbau und die damit verbundenen Lebensumstände gehen mir durch den Kopf, während ich an diesem stürmischen Tag durch schöne Landschaft gehe. Der Wind heult, jagt über die Felder und durch die Baumwipfel. Das Talsperrenwasser kriegt Gänsehaut auf stahlgrauer Oberfläche. Leute unterwegs - fast keine.

 

Der Weg im Wind über die Staumauer, herrlich ...

 

***

 

Menschen zu allen Zeiten hatten mit ihren Lebensumständen zu kämpfen. Unsere Altvorderen mehr, viel mehr, als wir heute. Hauptsächlicher ging es ums Überleben, jeden Tag. Was eine Seuche wie die Pest für einen ganzen Erdteil bedeutete, ist heute für uns kaum vorstellbar.

 

Wir sind im Laufe der Jahrhunderte wissender und vorsichtiger geworden. Aber oft auch feiger und weniger zu gebrauchen, wenn es hart auf hart kommt.

 

Weil der Fernseher es uns sagt, lassen wir jahrzehntelange Freundschaften und enge familiäre Bindungen fallen wegen eines Virus, dass sicher auch Todesopfer fordert, aber insgesamt in vergleichsweise geringer Zahl.

 

Viele von uns haben Angst vor dem Krankwerden, vor dem Tod. Respekt gebührt jeder gesundheitlichen Herausforderung, aber doch angemessen.

 

Wir sollten nicht mit FFP2-Masken im Freien herumlaufen. Wir sollten nicht uns, unsere Kinder und Alten in ständige Panik versetzen. Wir sollten nicht vor Angst unters Bett kriechen, wenn in Dauerbeschallung Zahlen und sogenannte Fakten verkündet werden, die sich bei genauerer Betrachtung immer mehr als Fehlinterpretationen, Irrtümer und Lügen erweisen.

 

Wir sollten wieder unseren Hausverstand benutzen und uns ab und zu erden.

 

Zum Beispiel hier - in Reifland.

 

Blick von der Staumauer Reifland
Blick von der Staumauer Reifland

 

Von dieser kleinen Reise haben wir Dir auch noch eine alte Sage mitgebracht. Dazu demnächst mehr im Teil 2 zu Reifland.