· 

Hervorgeholt: Burg Rauenstein im Erzgebirge

Geheimnisvoll und einsam

 

Weil auf unserer Erkundungsliste demnächst Schloss Forchheim und die Saidenbachtalsperre stehen, haben wir uns den Artikel hier vom Herbst 2020 rausgeholt. Denn Rauenstein liegt unweit dieser Talsperre. Kommst Du noch mal mit nach Lengefeld und aufs Schloss Rauenstein, bevor wir nach Forchheim aufbrechen? Das alte Rauensteiner Schloss hat eine berührende Geschichte. 

 

Auf geht's:

 

***

 

Heute besuchen wir eine stille Schlossburg: Burg Rauenstein bei Lengefeld im Erzgebirge. Nur durch Zufall entdeckte ich es mal auf einer Umleitung der Bundesstraße 101, vor einigen Monaten. Gebannt guckte ich damals auf diese  wehrhaft und doch wohnlich wirkende Anlage, die, zumindest von Weitem, solide wirkt. Also keine Ruine. 

 

Später erfuhr ich, dass es sich hier um Burg Rauenstein handelt. Eine als Raubburg vor ca. 800 Jahren errichtete Anlage, die mehrfach umgebaut wurde, Besitzer und Nutzungszweck ab und zu wechselte - und heute immer noch da ist.

 

Faszinierend wirkt so ein alter Bau auf mich. Wie ein Adlerhorst steht die Burg auf dem Felsen hoch über dem Tal der Flöha, die weit unten vorbeifließt.

 

***

 

Wir haben Glück heute, das Schlosstor steht weit offen. Ein einziges Auto parkt respektvoll an der Seite und verstellt nicht den Blick auf den Haupteingang des Schlosses. Dieses Anwesen befindet sich wieder im Privatbesitz der Familie von Herder, die es bis 1945 besaß. Deshalb ist das Gebäude nicht zugänglich, aber auch der Blick von außen und das Durchstreifen der unmittelbaren  Umgebung ist sehr reizvoll. Weiter unten findest Du ein kurzes Video mit ein bisschen Innenansicht.

 

***

 

Hier möchte ich am liebsten wohnen. So ein schöner, sicherer und doch gut erreichbarer Platz. Ein Traum. Trutzig, solide, rauh und doch liebenswert wirkt Burg Rauenstein auf mich. Ein robuster, etwas grober  und versteckter Schatz, würde passen. 

 

Da ich aber keine von Herder bin, muss ich irgendwann leider wieder gehen. Der Maulwurf auch.

 

 

 

Nicht nur auf Anhieb faszinierend ist dieser Ort. Auch seine Geschichte ist der Rede wert.

 

Raubritter Rabod baute nach geschichtlicher Überlieferung im 13. Jahrhundert als Erster eine Burg auf dem Fels hoch oben über dem Flöhatal. Hier raubte eine böse Dynastie wilder Ritter ca. 200 Jahre lang Handelsleute und Reisende aus und tyrannisierte die Gegend.

 

Irgendwann zu Beginn des 15. Jahrhunderts wehrten  sich Freiberger und Zschopauer  Bürger erfolgreich gegen die übergriffige Brut und jagten sie davon. Eine andere Zeit begann. Zum Glück. Mehrere Adlige kamen und gingen über die Jahrhunderte, bis 1864 die Familie von Herder das Anwesen kaufte. Vorfahre des Schlosskäufers war der berühmte Dichter Johann Gottfried Herder, ein Zeitgenosse Goethes. Und die von Herders behielten ihr Schloss. 1944 lagerte man hier wertvolle Bibliotheksbestände ein, um sie der Bombenvernichtung zu entziehen.

 

 

Zwischenzeitlich zu Zeiten der DDR wurde auch dieser Besitz enteignet und später als Kindergarten und Erholungsheim genutzt. Die von Herders kämpften um ihre Burg, vergeblich - und flohen in den Westen. Dabei auch der junge Carl Wilhelm von Herder, der 1926 auf Rauenstein geboren wurde und hier aufwuchs.

 

Dieser Mann, Urururenkel des ersten Herrn von Herder auf Rauenstein, kaufte 1998 das Schloss, was seiner Familie weggenommen wurde, zurück. Von Herder investierte und sanierte, richtete sich eine Wohnung im Schloss ein. Wollte wieder zu Hause sein. Wichtigster Unterstützer: sein Schlosskastellan. 

 

Nachtrag 12.01.2022: Herr von Herder starb im vergangenen Juli im Alter von 95 Jahren.

 

Er wohnte nicht dauerhaft auf dem von Herderschen Anwesen in Rauenstein, da er sich hier leider nicht wieder wirklich einleben konnte. 

 

Sein Kastellan kümmert sich indessen um das Herdersche Schloss. Fast hätten wir ihn heute getroffen.

 

***

 

Bis zu seinem Tod im Juli 2021 Besitzer von Burg Rauenstein: Carl Wilhelm von Herder (Foto: Thomas Schade, https://www.saechsische.de/der-baron-der-nicht-kommt-3908763.html)
Bis zu seinem Tod im Juli 2021 Besitzer von Burg Rauenstein: Carl Wilhelm von Herder (Foto: Thomas Schade, https://www.saechsische.de/der-baron-der-nicht-kommt-3908763.html)
Wohnung des Barons von Burg Rauenstein Carl Wilhelm von Herder (Foto: Thomas Schade, https://www.saechsische.de/der-baron-der-nicht-kommt-3908763.html)
Wohnung des Barons von Burg Rauenstein Carl Wilhelm von Herder (Foto: Thomas Schade, https://www.saechsische.de/der-baron-der-nicht-kommt-3908763.html)

 

***

 

Sehe ich solche alten Anwesen, die vom Ĺeben unserer Vorfahren erzählen, komme ich immer ins Nachdenken.....

 

Wären die Bürger damals, im Mittelalter, schon so gewesen wie wir heute, da hätten sie den Raubrittern freiwillig regelmäßig Geld gezahlt, ihnen Lieder vorgesungen und Blumen gebracht. Und dafür gesorgt, dass noch mehr von denen ins Flöhatal kommen. Den Bewohnern der umliegenden  Dörfer hätten sie erzählt, man solle sich mal nicht so haben, wenn es ab und zu Mord und Totschlag gäbe. Die Räuber müssten sich schließlich erst an ihre Umgebung gewöhnen. Warum das aber so sein sollte und wann das angefangen hatte, das wüsste keiner mehr. Ihre Bürgerprojekte hätten die Gutmütigen eingeschränkt, um genug Geld für die Ritter und deren unersättlichen Appetit zu haben. Auf deren Bekehrung und Besserung sie hofften. Wer etwas dagegen sagte, der wurde als unchristlich bezeichnet. Wenn er mehr Pech hatte, auch als Ketzer stigmatisiert.

 

Zum Glück waren unsere Vorfahren in der Mehrheit offenbar lebenstüchtiger als wir heute. Scheinbar gelang es ihnen ganz gut, Wesentliches vom Unwesentlichen zu unterscheiden. Darüber können wir uns heute freuen, sonst wären wir so nämlich gar nicht da. Wenn die Altvorderen nicht ab und zu für sich selbst und ihre Werte gekämpft hätten.

 

Nicht auszudenken, hätten sie sich zum Beispiel mit dem korrekten Gendern und Diversität beschäftigt - statt ihren Arsch zu retten.

 

***

Burg Rauenstein - Blick vom Flöhatal aus (Bild: www.alleburgen.de)
Burg Rauenstein - Blick vom Flöhatal aus (Bild: www.alleburgen.de)