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Mensch und Maulwurf: ein Dialog (38)

Morgen ist Weihnachten

 

Heute, am 23. Dezember, haben wir - wie die meisten Leute - jede Menge zu tun. Noch mal arbeiten gehen und dann die Vorbereitungen für die nächsten Tage treffen.

 

Der Weihnachtsbaum steht noch eingenetzt im Hof; wir stellen ihn immer am 24. Dezember vormittags auf. Am Nachmittag, wenn es dämmert, dann wird die Beleuchtung das erste Mal eingeschaltet. Dieses Mal haben wir uns dafür eine besondere Lichterkette mit lauter bunten Leuchtkugeln bestellt; das gute Stück soll jeden Moment ankommen. Wir sind gespannt und freuen uns dieses Jahr auf einen besonders bunten Baum. Er soll diesmal so im Erker stehen, dass er auch von unten, von der Straße aus, zu sehen ist. Jedes Weihnachten ist das Arrangement ein wenig anders, damit es nicht eintönig wird.

 

Genauso mit dem Essen. Traditionen sind gut, aber mal Ausscheren ist auch nicht schlecht. Der Tradition genügen wir mit unserem Gänsebraten für den 2. Feiertag, dafür gibts am Heiligabend weder Würstchen noch Kartoffelsalat - sondern ein besonderes Kotelett, mit Preiselbeeren und Käse überbacken....

 

Am frühen Abend sitzen wir auf dem Sofa, eine Kanne Kaffee in Reichweite. Der Maulwurf schlürft das heiße Getränk aus seinem kleinen Becher; ich habe eine besonders schöne rote Tasse in der Hand. Es duftet stark. Am Adventskranz brennen alle vier Kerzen. So schön.

 

 

Maulwurf: "Hach, ich freu mich ja schon so auf morgen..... Wenn der Weihnachtsbaum bunt leuchtet, die Weihnachtsmusik dudelt und das Kotelett verlockend duftet - ja, dann, dann bin ich eigentlich wunschlos glücklich. Also fast."

Yvonne: "Na, was fehlt Dir denn zum vollen Glück?"

Maulwurf: "Das kann ich Dir sofort sagen: ein schönes Weihnachtsgeschenk natürlich und - mein KINO!"

Yvonne: "Ja, das stimmt. Kino in der Weihnachtszeit und sonst sowieso, das fehlt mir auch. Sobald es wieder zugänglich ist für uns, dann gehn wir hin, versprochen!"

Maulwurf (vorsichtig): "Egal, was für ein Film kommt?"

Yvonne: "Es kommen ja immer mehrere, aber ich sage Dir: egal, ob Du Dir Action in der Wüste, Kinderkram auf dem Bauernhof oder eine Liebesschmonzette raussuchst - ich bin dabei. Ich will endlich wieder das Kino riechen; Popcorn essen, den Kaffee und die Cola dort trinken und ....."

Maulwurf (schwärmt, verdreht die Augen): "....das EIS..... Aber eine Liebesschmonzette wirst Du mit mir nicht sehen. Seit dem Fiasko mit Ute bin ich ein für alle mal satt, was Maulwürfinnen angeht."

Yvonne: "Warte es ab. Kummer vergeht und macht Platz für Neues. Wir werden es schon erleben, Du wirst sehen."

Maulwurf: "Najaaaa, ich weiß nicht..... "(schüttelt sich kurz und hüpft vom Sofa in den Sessel) " Ich freue mich schon aufs Kino. Bis dahin gucken wir halt Netflix und Amazon prime oder was die verschiedenen Mediatheken so Interessantes bieten."

Yvonne: "Genau, das wird auf jeden Fall sehr gemütlich."

Maulwurf: "Es gibt auch noch eine gute Nachricht."

Yvonne "So? Dann raus damit, können wir brauchen....."

Maulwurf: "Heute ist der erste Tag nach der Wintersonnenwende; es geht bergauf. Und im Frühling macht der Forstbotanische Garten in Tharandt wieder auf!"

Yvonne: "Oh ja, aber das dauert noch. Aber dann, wenn es im April soweit ist, machen wir ein fettes Picknick!"

Maulwurf (kramt seinen Taschenkalender 2022 hervor): "Ja, das merken wir uns mal vor..... " (Er notiert sich was mit rotem Stift.) "Der Mensch und auch der Maulwurf brauchen schließlich immer was, worauf sie sich freuen können."

Yvonne (nickt): "Genau. Was hast Du aufgeschrieben?"

Maulwurf (konzentriert, liest vor): "

 

***

 

 

Am 01. April 2022 ist Abenteuerfreitag!
Am 01. April 2022 ist Abenteuerfreitag!

 

Maulwurf: "Du vermisst heute gar nichts?!"

Yvonne: "Doch, Deinen Klassiker. Des klugen Maulwurfs abschließendes Wort!"

 

Maulwurf: 

 

"Was die Leute gemeiniglich als Schicksal nennen, sind meistens nur ihre eigenen dummen Streiche." (Arthur Schopenhauer)

 

 

(Tja, "gemeiniglich" ist doch ein sehr schönes Wort. Und es stimmt, was Schopenhauer uns hier vorträgt. Natürlich gibt es Dinge, für die man offensichtlich nichts kann, die einen treffen im Leben. Aber oft, und ich spreche aus reichlicher Erfahrung, hat man sich sein eigenes Elend selbst sehr sachkundig und fleissig zubereitet.... )