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Talsperre Flaje und Puklá skála

In der Staumauer und nahe den Wolken

Blick vom Puklá skála zur Talsperre Flaje
Blick vom Puklá skála zur Talsperre Flaje

 

Überquert man bei Deutschgeorgenthal im Erzgebirge die Grenze zu Tschechien, dann erreicht man nach ca. 6 km, je nach Wegwahl, die Talsperre Flaje auf böhmischem Gebiet.

 

Der Fluss Flöha, den ich vor allem durch die kleine Stadt Flöha nahe Chemnitz kenne, wo er langfließt, entspringt hier in Böhmen. Einige Kilometer nach seiner Quelle staut man ihn das erste Mal an. Das ist die 1964 fertiggestellte Talsperre Flaje. Sie wurde zur Trinkwasserversorgung dieser tschechischen Region gebaut. Früher stand hier das deutsch-böhmische Dorf Fleyh. 

 

Talwärts hinter dem Stausee Flaje fließt die Flöha oder Flajsky Potok (Flöha-Bach)  weiter über die deutsche Grenze. Hier staut man sie nun zum zweiten Mal, das ist dann die Talsperre Rauschenbach. 

 

In der folgenden Karte siehst Du oben rechts in dem kleinen Ausschnitt diese Zusammengehörigkeit von Flajsky Potok, Flaje, Flöha und Rauschenbach.

 

Talsperre Flaje (roter Pfeil: Staumauer, grüner Pfeil: Infozentrum, gelber Pfeil: Felsen Puklá skála)
Talsperre Flaje (roter Pfeil: Staumauer, grüner Pfeil: Infozentrum, gelber Pfeil: Felsen Puklá skála)

 

Das deutsch-böhmische Dorf Fleyh kennt man seit dem 14. Jahrhundert. Böhmen hat eine sehr wechselvolle Geschichte; kleiner Überblick:

 

1198 entstand das Königreich Böhmen und war von seiner Gründung bis 1806 ein Teil des Heiligen Römischen Reiches.

 

1804 wurde Böhmen zu einem österreichischen Kronland erhoben, das wie schon zuvor von der Dynastie des Hauses Habsburg, später im Rahmen des Kaisertums Österreich regiert wurde.

 

Diese Monarchie ging nach der Niederlage Österreich-Ungarns im Ersten Weltkrieg am 31. Oktober 1918 in der republikanischen Tschechoslowakei auf.

 

Von 1939 bis 1945 gehörten Böhmen und Mähren als Protektorat zu Deutschland. Nach 1945 wurde Böhmen Bestandteil der  Tschecheslowakischen Sozialistischen Republik ČSSR.

 

Seit 1993 gehört es wieder zur neu gegründeten Tschechische Republik.

 

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Fleyh in den 1930er Jahren (https://www.boehmisches-erzgebirge.cz/pictures/Fleyh/index.html)
Fleyh in den 1930er Jahren (https://www.boehmisches-erzgebirge.cz/pictures/Fleyh/index.html)

 

Die Böhmen, die hier lebten, waren slawisch- und  deutschstämmig. Sie sprachen deutsch und tschechisch.  Diese Menschen lebten hier jahrhundertelang in einer gemischten Bevölkerung zusammen mit Juden und anderen Minderheiten. Es gab deutsche und tschechische Siedlungen mit entsprechenden Namen. Auf deutscher Seite erinnern noch Namen wie zum Beispiel Deutscheinsiedel, Deutschneudorf, Deutschgeorgenthal an diese regionale Geschichte.

 

Nach Ende des 2. Weltkrieges vertrieb man aufgrund der Benesch-Dekrete 1945/46 auf teils grausame Weise drei Millionen deutsche Einwohner aus der Region. Viele starben bei dieser "Odzun" genannten endgültigen Entfernung der Deutschen aus ihrer alten Heimat. Die tschechische Regierung ließ später deutsche Dörfer bis auf die Grundmauern schleifen; nichts sollte mehr an ihre Bewohner erinnern.

 

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1939 lebten 1052 Einwohner in Fleyh und den zugehörigen Ortsteilen. 1945/46 war die große Vertreibung.  1951 begann der Bau der Talsperre und damit die Überflutung des Haupt-Dorfes. Die Kirche wurde umgesetzt, Leute verließen ihre Häuser, mussten es ja.

 

Im Jahr 2011 zählte man 11 Einwohner in Fleyh, das nun Flaje heißt.

 

Viel Trauriges und Schweres hat dieses Land hier schon gesehen. Und doch ist es ein so faszinierender Ort. Dichter Wald, hohe Felsen, ein weiter Blick über den Stausee. Schöne, kleine Dörfer und Städte.

 

 

Heute ist anstelle des alten Dorfes Fleyh ein großer See:

 

 

Stausee Flaje
Stausee Flaje

 

Die Talsperrenanlage ist beeindruckend. Hier baute man eine Pfeilerstaumauer. Für diese Bauart wird aufgrund der hohlen Pfeiler weniger Beton gebraucht. Man sparte damals Baumaterial, wo es ging. Dafür wurde aber ein besonders fester (felsiger) Untergrund gebraucht, in den durch den horizontalen Wasserdruck entstehende Kräfte abgeleitet werden können. Den Felsengrund gibt es hier.

 

Wer sich für Wasserbau interessiert, der kann sich in Flaje sogar durch das Innenleben des Bauwerks führen lassen. Wir haben es gemacht und es war ein Erlebnis! 

 

Staumauer Flaje im Bau (1951 -1964)
Staumauer Flaje im Bau (1951 -1964)

 

Dieses technische Konstrukt erfüllt seinen Zweck,  hat aber von außen und innen auch eine besondere Schönheit, finde ich.

 

Drinnen, in dieser kühlen Stille, steht man in den Hohlpfeilern wie in einer Kathedrale.

 

 

Und so gehen wir endlich, insgesamt zu sechst (plus Maulwurf) in das Bauwerk hinein. Und zwar am Fuß der Staumauer, im vorderen Bereich (Infozentrumsseite). Komm doch einfach mit!

 

In der Staumauer von Flaje
In der Staumauer von Flaje

 

Das Tropfen des Sickerwassers, das Plätschern der Abflüsse, die kühle, stollenartige Stille, die streckenweise vernehmbaren Turbinengeräusche - das alles musst Du Dir dazu denken. Wir haben einen tschechischen Führer, der gut deutsch spricht und sich Mühe gibt, alle Fragen unserer kleinen Gruppe zu beantworten.

 

Zu erfahren ist viel Interessantes über Bauweise, Funktion, Abdichtung der Talsperrenanlage, Bauwerksüberwachung. Ein Staumeister kontrolliert regelmäßig seine Talsperrenanlage und geht die Strecke ab. Wir sehen die Formen, die der ausgewaschene Kalk bildet (sieht wie schmutziges Eis aus). Die kleine Gleisstrecke baute man erst kürzlich extra für bevorstehende Instandhaltungsarbeiten. Spannend.

 

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Einen Flyer mit paar Daten findest Du gleich, ebenso den Button zur Talsperrenwebsite. 

 

 

Und hier das Infoblatt:

 

 

Wir verlassen das kühle Innere der Stauanlage und treten hinaus in die Sonne. Nun gehts oben auf der Mauer entlang zurück auf die "Startseite". Denn von dort aus wollen wir einen Felsen suchen, der oberhalb der Talsperre im Wald liegt und Puklá skála, (gebrochener Stein), heißt. 

 

Auf gehts.

 

 

Als wir oben sind, ist die Aussicht atemberaubend.

 

Gerade geht die Sonne unter. Es ist so schön, dass wir eine ganze Weile hier bleiben, um die Aussicht zu genießen. Der Wald ringsherum riecht nach Herbst, nach Holz, Laub, Pilzen und Moos. Auf dem Rückweg hören wir ein paar Hirsche röhren; jetzt im Oktober ist ihre Paarungszeit. Zu sehen sind sie leider nicht.

 

In der tiefer werdenden Dämmerung fahren wir nach Kliny, wo ein gutes Essen unseren Tag würdig abschließt.

 

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Hier in Böhmen gibt es so viel zu entdecken, zum Beispiel die Burg Riesenburg. Derren Herren gehörte einst im 14. Jahrhundert auch das Dorf Fleyh. So schließt sich für heute der Kreis und zur Riesenburg  und an die Schwesterntalsperre Rauschenbach - da fahren wir ein andermal...