"Das und da ist meine Bahn in dem großen Weltenplan"
In der Zeit, in der hauptsächlich Parteisoldatentum und Opportunismus Karrieregaranten für viele deutsche Politiker zu sein scheinen, da fehlt mir zunehmend etwas Entscheidendes in dieser Öffentlichkeit: Personen, die einen Vorbildcharakter haben! Menschen, die für ihre Überzeugung stehen und damit auch etwas erreichen. Politiker: Vertrauenswürdige Männer und Frauen, die sich auch mal irren oder scheitern. Denen man aber als Bürger zutraut, dass sie sich für ihr Land und dessen Bewohner einsetzen.
Und das möglichst kraftvoll, intelligent, hartnäckig, kompetent und - mit Humor. Und natürlich erfolgreich.
Das alles charakterisierte Regine Hildebrand.
Sie, Jahrgang 1941 und geboren in Berlin, war promovierte Biologin und leitete in der DDR ab 1978 die Zentralstelle für Diabetes und Stoffwechselkrankheiten. In der Wendezeit engagierte sie sich in der Bürgerbewegung, gehörte dem letzten DDR-Kabinett an und trat in die SPD ein. Sie ist Mutter von drei Kindern. Wir kennen Frau Dr. Hildebrandt vor allem als Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen des Landes Brandenburg (1990 - 1999). Sie starb im Jahr 2001 an Krebs, gegen den sie die letzten fünf Jahre ihres Lebens so tapfer gekämpft hat.
"Erzählt mir doch nich, dasset nich jeht!" wird sie heute noch zitiert. Ihr Herz-und-Schnauze-Auftreten war legendär und bleibt unvergessen. Sicher sehnen sich manche Bürger genau wie ich nach so einer Person mit Format. Sehen wir uns heute nach so jemandem um, da werden wir oft enttäuscht. Wen finden wir da? Sicher, es gibt sie. Und man muss auch gerechterweise sagen, dass so mancher Mensch in der Politik nicht so deutlich in der Öffentlichkeit steht, aber gute Arbeit leistet, gerade im kommunalen Bereich. Aber in Frau Dr. Hildebrandts SPD siehts derzeit auf Bundesebene besonders düster aus.
Mich hat die Ministerin mit ihrer unkonventionellen, herzlichen und zupackenden Art schon früher tief beeindruckt.
Diese Frau war mutig, unerschrocken, hatte Kampfgeist. Und sie wusste, worum es ging. Dabei war sie in einer Zeit Landesministerin in Brandenburg, wo es in den Nachwendejahren jede Menge Probleme gab: Arbeitslosigkeit, Armut, soziale Probleme, Perspektivlosigkeit, Frust, Wut und Angst. Dagegen trat sie an.
Das und da ist meine Bahn
In dem großen Weltenplan.
Und dann taug ich grad so viel,
Dass ich da 'ne Rolle spiel'.
Hab ich alles was ich kann
Ausgespielt und her getan?
Oder halt ich mich zurück,
Mich für ein privates Glück?
("Also was soll aus mir werden", Stern-Combo Meißen)
Wenn heutige Politiker davon sprechen, dass "noch nie soviel zu tun war wie jetzt" oder ihnen gendergerechte Sprache mehr bedeutet als die innere Sicherheit ihres Landes - dann wünscht man sich diese bodenständige Dr. Hildebrandt zurück. Herz und Schnauze, aber auch Verstand und Geradlinigkeit. Keine Labertasche, kein selbstverliebter Scheinliberaler. Die machen, was gerade angesagt ist im Mainstream. Auch eigentlich Konservative umarmen heute medienwirksam Bäume und reden vom Bienenretten, während sie Corona-Maßnahmen-Kritiker am liebsten zwangsimpfen und wegsperren würden. Demokratie? Fehlanzeige. Einige Politiker der Altparteien (einschließlich Grüne und Linke), die keine beruflichen Abschlüsse haben und außer in Parteifunktionen wenig oder nicht arbeiteten, kann man mit der promovierten Biologin mit langjähriger Berufs- und Leitungserfahrung nicht vergleichen. Und das merkt man eben auch, denn wir werden alle auch durch unseren Lebensweg geprägt.
"Wer sich nicht bewegt, hat schon verloren." So heißt Regine Hildebrandts Buch, das 1996 herauskam.
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In diesem Jahr, 2021, wäre sie am 26. April 80 Jahre alt geworden. Im November jährt sich ihr Todestag zum zwanzigsten Mal.
Hier folgt das letzte große Interview, was sie an ihrem Lebensende gab, gesendet vom ORB, der heute RBB heißt.
