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Teil 1: Schellerhau - meine Entdeckung dieses Sommers

Bronzezeitliche Geschichten, der Teufel und der Chinese Tam-Tam

In Schellerhau
In Schellerhau

 

Ich war diesen Sommer zum ersten Mal in Schellerhau.

 

Wieso das denn?

 

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Als Kind war der ein oder andere meiner Schulkollegen mal dort im Urlaub, meistens im Winter. Schellerhau war ziemlisch schneesicher, ein anerkannter und bekannter Kur- und Wintersportort im Erzgebirge, unweit von Altenberg und der tschechischen Grenze. Auch im Sommer urlaubte man hier, ging wandern und essen, tat, wozu man Lust hatte. Rundherum, in Hermsdorf, Seyde, Frauenstein, Rehefeld, Altenberg, Kipsdorf, Oberbärenburg, Zinnwald-Georgenfeld war ich schon oft. Und bin zufällig immer irgendwie um Schellerhau herumgefahren. Es verbarg sich vor mir.

 

Das sollte sich ändern.

 

Als ich dieses Jahr zufällig entdeckte, dass es in Schellerhau einen besonderen Botanischen Garten gibt, der 1906 gegründet wurde und sich heute auch mit arterhaltender Nachzucht beschäftigt, da wollte ich das sehn. In diesem Garten gibt es ganz besonderen Pflanzen: die Gebirgsflora. Aus aller Welt hat man aus den Mittel- und Hochgebirgen gesammelt, was da so wächst und versucht, es hier in Schellerhau heimisch zu machen. Herr Generalinspektor a. D. Gustav Adolf Poscharsky, der den Garten im Rentenalter angelegt hatte, erforschte hier, was in dieser Höhenlage so alles gedeihen kann. Eben nicht nur Hafer und Kartoffeln, wie die landläufige Meinung war. Poscharsky hatte viele Jahre im Dresdner Botanischen Garten gearbeitet und galt nicht nur als erfahrender Botaniker, sondern auch als hervorragender Gärtner.

 

Ich finde nun seinen Garten, da ist das Jahr schon fortgeschritten, im Spätsommer.

 

Und ich finde noch viel mehr. Einen Ort, der für mich meine Entdeckung des Sommers 2021 ist - so gut hat es mir dort gefallen. In Schellerhau. Deshalb möchte ich ihm gerne etwas Platz hier in der Täterwerkstatt geben.

 

 

Schellerhau gehört heute zur Stadt Altenberg und hat ca. 400 Einwohner.

 

Gegründet wurde das Dorf Mitte des 16. Jahrhunderts als Bergarbeitersiedlung von Hans Schelle. Doch dieser Ort gehört zu Europas ältesten Bergbaugebieten. Denn hier wurden schon in vorchristlicher Zeit, seit 4000 Jahren nämlich, Zinngraupen aus der Weißeritz gewaschen. Das machten bronzezeitliche "Saisonkräfte", die im Sommer hier in Laubhütten wohnten, also nicht fest siedelten. Das von ihnen gewonnene Zinn benötigte man für die Herstellung von Bronze (Kupfer-Zinn-Legierungen) der nach ihr benannten Bronzezeit. Archäologische Forschungen brachten diese interessante Tatsache erst im Jahr 2018 ans Licht:

„Wir haben hier erstmals einen bronzezeitlichen Bergbau nachgewiesen“, sagt Regina Smolnik, Sachsens Landesarchäologin. Bereits vor 4000 Jahren wurde im Erzgebirge in der Nähe des heutigen Schellerhau Zinn abgebaut. Dort, wo die Rote Weißeritz fließt. Nirgendwo sonst in ganz Europa konnten Wissenschaftler bisher ältere Spuren von Bergbau finden. Selbst die bisher weltweit ältesten im Iran und in der Türkei fallen in etwa diese Zeit." (Sächsische Zeitung, 01.11.2018)

 

Zur Entstehung des Ortes gibts auch eine teuflische Sage, die uns die Website des Ortes verrät:

 

 Der Teufel und Schellerhau (www.schellerhau.de)
Der Teufel und Schellerhau (www.schellerhau.de)

 

"Eines Tages hatte der Teufel wieder einmal Streit mit seiner Großmutter. Er verließ wutentbrannt die Hölle. In seinen Sack hatte er eine Anzahl Häuschen gepackt. Er wollte sich irgendwo auf der Erde selbständig machen. Allerdings hatte er nicht bemerkt, dass auch ein Stück glühende Kohle vom Höllenfeuer mit in den Sack geraten war. Als er nun gerade über die Schellerhauer Höhen flog, brannte die Kohle ein Loch in den Sack und der Teufel verlor ein Haus nach dem anderen. Die Häuser fielen in großem Abstand voneinander auf die Höhe.

 

Als nun der Teufel merkte, dass er fast alle Häuser verloren hatte, warf er den Rest hin und rief : "Zum Schinder!" Seitdem muss im letzten Haus von Schellerhau der Schinder wohnen." (Quelle: https://www.schellerhau.de/chronik.htm)

 

Schellerhau um 1900 / Quelle: https://www.wikiwand.com/de/Schellerhau
Schellerhau um 1900 / Quelle: https://www.wikiwand.com/de/Schellerhau

 

"Tatsächlich geht die erste Besiedlung auf das Jahr 1543 zurück. Auf der weiteren Suche nach abbauwürdigem Erz veranlasste Magnus von Bärenstein Hans Schelle eine Siedlung an der Silberstraße von Altenberg nach Freiberg zu gründen, um zunächst die Altenberger Gruben mit Holz und Kohle zu versorgen. Allmählich entwickelte sich aber ein selbständiges Waldhufendorf mit grossen Flurstücken zur Selbstversorgung der Bergleute mit Nahrungsmitteln.


Nachdem der Schellerhauer Zinnerz-Bergbau im Dreissigjährigen Krieg zum Erliegen gekommen war, mussten die kargen Landhufen die oft sehr kinderreichen Familien ernähren. Da dies nicht ausreichte, betrieb ein beachtlicher Teil der Männer Lohnfuhrwerk, Waldarbeit oder irgend ein Handwerk nebenbei. Trotzdem blieb Schellerhau bis in unser Jahrhundert hinein ein sehr armes Dorf." (Quelle: https://www.schellerhau.de/chronik.htm)

 

 

Als dann Anfang des 20. Jahrhunderts das Reisen und Wandern, die Ausflüge, mehr in Mode kamen und die Menschen durch neue Fortbewegungsmethoden mobiler geworden waren, da profitierte auch Schellerhau von den Neuheiten und dieser Entwicklung. Es wurde ein Urlaubs-, Ausflugs- und Kurort, boomte zu DDR-Zeiten und hat seit 1990 sicher zu kämpfen, um sich zu behaupten - in den vergangenen Monaten um so mehr.

 

Viele Wege führen nach Rom. Und nach Schellerhau.
Viele Wege führen nach Rom. Und nach Schellerhau.

 

Angekommen am Botanischen Garten von Schellerhau kümmert sich ein freundlicher Mann am Garteneingang um uns (Der Maulwurf ist natürlich mit). Wir bekommen ein paar Tipps, denn hier im Garten gibt es außer den besonderen Pflanzen auch noch verschiedene Freiluft-Klangobjekte, die dem Besucher eine zusätzliche Dimension der Sinne eröffnen sollen. Mal gucken, oder eher - hören.

 

Wir gehen los. Es grünt, wächst, wuchert, rankt, reift, duftet, blüht und verwelkt wieder vor sich hin. Rundherum. 1,6 Hektar Botanik mit Ansage.

 

 

Wir entdecken Gebirgspflanzen mit schönen Namen wie "Bewimperter Felberich" und alle möglichen Klangobjekte.

 

Besonders gut gefällt mir ein riesiger Gong, mit dem man ganz besondere, tiefe Töne erzeugen kann. Er heißt Tam-Tam, wurde handgefertigt und kommt aus China. Dieser Gong kann, laut Auskunftsschild, flüstern, singen und donnernd grollen. Ich probiere es aus, nur zum Donnergrollen traue ich mich nicht. Diese Töne .... herrlich! Die hört man mit dem ganzen Körper, nicht nur mit den Ohren. Selbst ganz leises Summen, denn natürlich haun wir nicht wie wild auf dieses schöne Gerät, sondern nur sachte. Es brummt und schwingt, vielleicht will es uns etwas Beruhigendes sagen. Der Gong Tam-Tam kommt aus Wu-Han, was mich an irgendwas erinnert .....

 

Das ist Tam-Tam. Aus Wu Han kommt auch Schönes ...
Das ist Tam-Tam. Aus Wu Han kommt auch Schönes ...

 

Kleine, verschlungene Wege führen kreuz und quer durch den Garten.

 

Überall stehen Bänke, so dass man verschiedenste An- und Aussichten genießen kann. Ein besonderer, schöner Platz ist dieses ganze Areal. Es findet sich unter hohen Bäumen ein Zeltdach, unter dem einige Gartenmöbel, natürlich hier aus Holz, stehen. Ein guter Platz für eine Pause; das Kaffeerohr kommt zum Einsatz. Was für ein schöner Tag.

 

Am oberen Gartenrand kümmert sich derweile ein kleiner Traktor mit Arbeitsgerät um eine riesige Wiese. Er macht einen Höllenlärm und fährt mit Getöse schöne gerade Bahnen auf und ab. Aber natürlich muss er seine Arbeit erledigen und kann nicht wegen uns ruhesuchenden Müßiggängern still in der Gegend rumstehn und auf den nächsten Regen warten. Wär auch schlecht für das Heu.

 

Der kleine fleißige Radaubruder....
Der kleine fleißige Radaubruder....

 

Ich interessiere mich für Traktoren und Landmaschinen;  gucke dem "Kleinen" eine Weile zu. Trotzdem ist es schön, als er endlich tuckernd abfährt. Passt irgendwie schlecht zum China-Gong, das dauernde Traktorengeräusch......

 

Weiter gehts durch den Garten. Ein wunderschöner Ort, mit so viel Liebe, Wissen, Geduld und Bedacht zum Leben erweckt. Das beeindruckt mich immer wieder, wie viele Menschen über lange Zeit mit Herz, Sinnen und Verstand an sowas fleißig arbeiten. Damit es weiter gedeihen kann. Großartig.

 

 

Das war's in Teil 1 über Schellerhau; demnächst mehr davon - in Teil 2, wenn Du möchtest.

 

Unterwegs!
Unterwegs!