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Auf Schloss Burgk in Freital

Steinkohle, Grubentelefon und Kleiner Saal - Überraschungen am Windberg

Schloss Burgk, Parkseite
Schloss Burgk, Parkseite

 

Heute sind wir in Freital unterwegs, ganz in der Nähe Dresdens.

 

Am Fuß des Freitaler Hausbergs, der Windberg heißt, da liegt der Stadtteil Burgk. Eine dörfliche Gegend, mit einzelen Gehöften, viel Grün und guter Sicht auf den besonderen Berg. Dass es dort möglicherweise Zwerge gibt, dazu hatten wir ja gestern schon spekuliert. Bei der Erzählung der Geschichte unseres Musikanten Rotkopf Görg und dem Kohlezwerg.

 

Du siehst: hier gibt es gleich mehrere abenteuerliche Dinge zu entdecken, immer wieder kann man herkommen und doch was finden, was man noch nicht kennt. Steinkohle, Zwerge, ein Rittergut mit Schloss, sogar ein Bergbaumuseum und ein Besucherbergwerk auf dem Schlossparkgelände.

 

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Schloss Burgk, 1913 (www.wikipedia.org)
Schloss Burgk, 1913 (www.wikipedia.org)

 

Im Stadtteil Burgk also gibt es ein ehemaliges Rittergut mit Schloss, das Schloss Burgk. Seine Wurzeln gehen bis ins 16. Jahrhundert zurück. Damals herrschte hier die Adelsfamilie von Zscheutschen. Man betrieb Landwirtschaft, Viehzucht und hatte die Gerichtsbarkeit inne. Die ältesten Gebäudeteile von Schloss Burgk gehen bis ins Jahr 1580 zurück. 1707 war ein Unglücksjahr für das Anwesen, denn es brannte komplett ab. In den folgenden zwei Jahren wurde es wieder aufgebaut und erhielt dabei gleich ein moderneres barockes Gesicht. Im Jahr 1846 wurde es erneut umgebaut und bekam sein heutiges Aussehen.

 

Schloss Burgk, Hofseite
Schloss Burgk, Hofseite

 

Seit Ende des 18. Jahrhunderts, genauer seit 1768, ist Schloss Burgk Sitz der Familie Dathe auf Burgk. Familie Dathe - das waren tatkräftige Unternehmer, die über die Landwirtschaft hinaus eine bekannte Pferdezucht hatten. Aber ihr Hauptgeschäft war im aufsteigenden Industriezeitalter die Förderung, Weiterverarbeitung und Nutzung der hier im Döhlener Becken lagernden sächsischen Steinkohle. Seit 1822 führten sie den gekauften Adelstitel "von Burgk", man nannte sie die "Kohlebarone". Dahte von Burgks besaßen in Freital nicht nur die Kohlegruben. 1819 gründeten sie hier die "Freiherrlich von Burgker Steinkohlen- und Eisenhüttenwerke". Schöner Name.

 

Segen-Gottes-Schacht, 1860 (www.wikipedia.org)
Segen-Gottes-Schacht, 1860 (www.wikipedia.org)

 

Man erweiterte den Bergbau, modernisierte, probierte und lernte. Investierte und wuchs. Schon 1821 nahm man die erste selbstkonstruierte Dampfmaschine des Unternehmens in Betrieb. Der Familie gehörte auch ein Gaswerk (Gasgewinnung aus Steinkohleverkokung), weshalb der kleine Ort Burgk ab 1828 das weltweit erste Dorf mit einer kompletten Gasbeleuchtung war. Mitte des 19. Jahrhunderts hatten die Burgker Steinkohlen- und Eisenhüttenwerke ca. 1600 Angestellte. Dathe von Burgks organisierten die Knappschaften neu und schufen damit eine moderne Art der Sozialversorgung für ihre Angestellten. 

 

Aber nicht nur Gutes passierte. Im Jahr 1869 starben bei einer Schlagwetterexplosion im Segen-Gottes- und Gute-Hoffnung-Schacht Freital 274 Bergleute. Es war das größte Grubenunglück im sächsischen Bergbau. Grund für solche Explosionen ist das in der Steinkohle enthaltene Methangas, das sich beim Freiwerden mit Sauerstoff verbindet. Bei Erreichen eines bestimmten Mischungsverhältnisses kommt es zur Explosion, wenn ein Zündfunke da ist.

 

Carl Friedrich August Freiherr Dathe von Burgk hatte sich zum Zeitpunkt dieses Unglücks schon lange in den Ruhestand zurückgezogen und seinem Sohn Arthur die Geschäfte übertragen. Jetzt war er 78 Jahre alt. Das schlimme Ereignis nahm ihn sehr mit; drei Jahre später starb er.

 

Ein Denkmal für die verunglückten Bergleute findet man heute im Schlosspark Burgk. 

 

Die Bestattung der Verunglückten in Burgk ("Die Gartenlaube", 1869) / www.wikipedia.org)
Die Bestattung der Verunglückten in Burgk ("Die Gartenlaube", 1869) / www.wikipedia.org)

 

Bis 1930 bestanden die Datheschen Werke, dann gingen sie in Konkurs. Die Kohlevorräte der hiesigen Gruben waren erschöpft; die Förderung wurde immer unrentabler. Nur eine Brikettfabrik der Unternehmer blieb in Betrieb, sie verarbeitete angelieferte Kohle aus Zauckerode. Die letzte Kohle förderte man 1959; danach wurde der Steinkohlebergbau hier eingestellt.

 

Frau Elisabeth von Boxdorf, im Jahr 1889 geborene Dathe von Burgk, lebte als letzte Besitzerin bis 1945 auf Schloss Burgk. Wie die meisten sächsischen Adelsfamilien wurde auch diese Familie vertrieben und enteignet. Der Familie Dathe gehörten damals noch Schloss Roßthal, das Jochhöhschlösschen und ein Rittergut; alles in und um Pesterwitz sowie das Schloss Schönfeld (bei Großenhain).

 

Wer mehr zur wechselvollen Geschichte der Dathe von Burgks wissen will, der findet das hier:

 

Karl Friedrich August Maximilian Dathe von Burgk um 1920 (Gemälde von Georg von Boddien / Ausschnitt)
Karl Friedrich August Maximilian Dathe von Burgk um 1920 (Gemälde von Georg von Boddien / Ausschnitt)

 

Nach Kriegsende und Vertreibung der ehemaligen Besitzerin wurde das Schloss gleich Museum. Das war unter den gegebenen Umständen ganz gut, denn so wurde es vor Plünderung und Zerstörung geschützt.

 

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Wie kommt man aber eigentlich zum Schloss? Folge uns auf der roten Linie; nicht weit, halbe Stunde eine Strecke:

 

 

Wir starten am Bahnhof Freital Deuben. Hinter dem Busbahnhof gehts auf der Poisentalstraße über die Weißeritz. Nach der Brücke überquert man den Sachsenplatz und biegt nach links in "Müllers Weg" ein (grün gestrichelt auf Karte). An der Leßkestraße angekommen geht man bergauf nach rechts. Vorbei an einem alten Aussichtpunkt mit Steinmauer und hohen Kastanien. Man tritt aus dem Wald und guckt auf den Windberg. Weiter geht es auf der Otto-Dix-Straße bis nach Altburgk hinein. Auf der Dix-Straße angekommen wundere ich mich über ein von weitem sichtbares modernes Fördergerüst. Später stellt sich heraus, dass es nur ein Denkmal ist und aus Dresden-Gittersee hierher umgesetzt wurde. Zur Erinnerung an den sächsischen Steinkohlebergbau, den es hier, soweit ich weiß, bis Ende der 1950er Jahre gab.

 

 

In Altburgk angekommen gucken wir uns den Förderturm an; danach finden wir Rittergut und Schloss ganz schnell.

 

Die Rotkopf-Görg-Straße erinnert an den Musiker, der die Kohle weggeschmissen hat.....
Die Rotkopf-Görg-Straße erinnert an den Musiker, der die Kohle weggeschmissen hat.....

 

Kurz vor dem Schloss gibts sogar eine Gitarrenschule. Dann betreten wir das Gut. Es regnet leicht. In einiger Entfernung sind festlich gekleidete Leute zu sehen, nur wenige. Sie stehen erwartungsvoll herum und unterhalten sich leise. Beim Näherkommen wird klar: das ist eine Hochzeitsgesellschaft, sie wartet vor dem Schlosseingang auf das Brautpaar. Rosenblätter liegen auf dem nassen Pflaster. Schnell biegen wir nach rechts in den Schlossgarten ein. Und finden einen geheimnisvollen, schönen Park.

 

 

Hier treffen wir gleich auf einen besondern Baum, die "Samthaarige Stinkesche". Ein unfreundlicher Name für so einen schönen Baum. Noch dazu, wo er auch noch "Bienenbaum" genannt wird, was der Nahrhaftigkeit seiner weißen Blütendolden zu verdanken ist. Ein wahres Bienenparadies. Diese Blüten duften sehr aromatisch, fruchtig - was von manchen Menschen als unangenehm empfunden wird. Ist so wie mit Raps; Rainfarn oder Holunder. Dem einen sin Uhl ist dem andern sin Nachtigall. Oder so. Aber "Stinkesche" ist wirklich gemein, oder?

 

Der Park besitzt das alles, was ein Schlosspark so zu bieten hat. Und mehr.

 

Denn außer dem schon gestern erwähnten Rotkopf-Görg-Denkmal, einigen anderen kleinen Statuen, vielen alten Bäumen, einem Bach mit Seerosenteich und sich anmutig auf das Wasser neigender riesiger Hängebuche, lauschigen Sitzplätzen und schönem Rasen gibt es noch das schon oben erwähnte Denkmal an die verunglückten Bergleute von 1869 und den Zugang zum Besucherbergwerk. Hier kann man sich auch die berühmte "Dorothea" ansehen, die erste elektrische Grubenlok der Welt und in Zauckerrode von 1882 - 1927 im Einsatz. Sie löste die bedauernswerten Grubenpferde ab.

 

Das Besucherbergwerk hat heute geschlossen. Öffnungszeiten sind: Di.+ Do. 13 - 16 Uhr; jeden ersten Sonntag im Monat 10 - 17 Uhr.

 

Der rote Sowjetstern auf dem Turmdach weist auf die frühere Wismut-Zugehörigkeit hin, denke ich. 

 

Eingang zum Besucherbergwerk - heute geschlossen.
Eingang zum Besucherbergwerk - heute geschlossen.

 

Wir umrunden den Teich und verlassen den Park Richtung Schlosscafè Buddenhagen. Es ist verwandt mit dem Tharandter Cafè Buddenhagen. 

 

 

Und deshalb gibt es hier auch genau solche Köstlichkeiten. Heute eine Brownie-Creme-Erdbeertorte - das reinste Gedicht - sage ich Dir. Selbst wer Schlösser und Parks hasst, niemals ein Museum freiwillig betritt und sich nicht für Bergbau interessiert - der kann hier im Café oder davor, im schönen Freisitz, seine Freude finden. Kuchen, Torten, Eisbecher, Kaffeespezialitäten und mehr. Auch schön. Vielleicht eine Idee: Hier gibt es Geschenkgutscheine. Also ich würde mich darüber freuen ...

 

 

Wir sitzen hier und beobachten das Brautpaar, das jetzt gerade frisch verheiratet aus dem Schloss tritt. Die Braut trägt ein knallrotes Brautkleid, hat kurze schwarze Haare. Der Bräutigam steht neben ihr und lacht. Beide sind nicht mehr ganz jung, sehen aber fantastisch aus. Vor allem sie. Die Hochzeitsgesellschaft macht Seifenblasen und streut noch mehr Rosenblätter. Ein schönes Bild. Ein schöner Ort. Angenehm irgendwie auch, so als Unbeteiligter zuzuschauen...

 

Der Regen wird jetzt stärker, aber das soll ja Glück bringen beim Heiraten - hab' ich mal gehört...

 

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Als die Gesellschaft verschwunden und der Kaffee alle ist, da gehen wir ins Schloss hinein. Die Freitaler Gemäldesammlung ist gerade im Wartungsmodus, aber sonst kann man überall hin im Haus und im Gelände. Also dann mal los. Wir sind allein.

 

Der Kleine Saal
Der Kleine Saal

 

Ganz grob gesagt, geht es im Erdgeschoss um die schon genannte bekannte Freitaler Gemäldesammlung. Und einen Ausstellungsteil über den sächsischen Steinkohlebergbau. Im ersten Stock sieht man Wohn- und Arbeitsräume der Dathe von Burgks und ihres Unternehmens. 

 

 

Ein Stockwerk höher erfährt man Unmengen an Details über Freital, seine Geschichte, die Industrie. Sehr interessant, dafür sollte man sich mal mehr Zeit nehmen....

 

Große Goldene Preismedaille von 1832: Prämie für Verdienste u Kunst und Gewerbe bei der Sächsischen Gewerbeausstellung für den Freiherrn Dathe von Burgk wegen ausgezeichneter Leistungen in gegossenem und gewalztem Eisen
Große Goldene Preismedaille von 1832: Prämie für Verdienste u Kunst und Gewerbe bei der Sächsischen Gewerbeausstellung für den Freiherrn Dathe von Burgk wegen ausgezeichneter Leistungen in gegossenem und gewalztem Eisen

 

Als wir das Schloss verlassen, ist die Hochzeitsgesellschaft verschwunden. Die Rosenblätter werden zusammengekehrt....

 

 

Wir gehen über den Hof, haben noch was vor hier.

 

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Denn es kommt noch etwas ganz besonderes: das Bergbaumuseum. Es befindet sich außerhalb des Schlosses, im Rittergut. Vermutlich alte Stallungen. Hier wurde mit unglaublicher Detailtreue ein Bergwerk nachgebaut, durch das der Besucher gefahrlos schlendern kann und sich trotzdem wie im Berg fühlt. Dem "Schachteingang" erreicht man, indem man durch ein kleines altes Schulzimmer geht und im nachgeordneten Ausstellungsraum etwas über Erdzeitalter, Bodenschätze, Fossilien und eben - Steinkohle erfährt. Beeindruckend. Interessant. Lehrreich.

 

Da heute bei dem Wetter niemand groß unterwegs zu sein scheint, sind wir alleine im Museum. Herrlich. 

 

Und berührend. Macht es einem doch wieder mal klar, wie hart Arbeitsbedingungen waren und auch heute noch sein können. Sehe ich diese alten Bohrhämmer und stelle mir vor, damit stundenlang untertage arbeiten zu müssen - krass. Die Grubentelefone, die Rettungstrage, die Elektroanlagen, Schalter, Fördergeräte und... und... und. Da mir die Instandhaltung sehr am Herzen liegt, interessieren mich besonders die Reparaturstützpunkte, die man auch hier untertage brauchte. Einer wurde nachgebaut. Er begeistert und erschreckt mich gleichermaßen. Kollegen werden mich verstehen.

 

 

Kleiner Film:

 

 

Verlässt man den Besucherschacht, steht man im Hof des Rittergutes, ganz plötzlich wieder in der heutigen Welt. Zauberei der Ausstellungsbauer. Der Regen ist nur noch zart, es ist windstill und warm. Angenehm.

 

Voller neuer Eindrücke gehts jetzt auf den Heimweg; am Windberg vorbei zur Weißeritz runter und zurück nach Freital hinein.

 

Es ist ein guter Ort, fahre Du doch auch mal zu Schloss Burgk. In meinem Lieblingsmonat Oktober ist der bunte Schlosspark sicher unwiderstehlich. Ob es im Café Buddenhagen auch Reformaitonsbrötchen gibt? Finden wir es heraus. Auch der Windberg will noch erkundet werden. (Zwerge ....)

 

Auf Wiedersehen, Schloss Burgk!
Auf Wiedersehen, Schloss Burgk!