Die Flut 2021

Hochwasser im Westen

Erftstadt Blessem in der Nähe von Köln am 16. Juli 2021: Erdrutsche durch Unterspülungen ( Foto: www.twitter.com / @BezRegKoeln)
Erftstadt Blessem in der Nähe von Köln am 16. Juli 2021: Erdrutsche durch Unterspülungen ( Foto: www.twitter.com / @BezRegKoeln)

 

Aktuell kämpft unser Land mit einer Hochwasserkatastrophe vor allem im Westen der Republik, am stärksten betroffen sind die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Die Zahl der Toten liegt bei über hundert, mehr als tausend Menschen werden noch vermisst. Auch im Osten gab es Sturzfluten im Erzgebirge und Hochwasserwarnung im Vogtland - insgesamt verlief es hier viel weniger schlimm. In Steinbach / Jöhstadt wurde ein Mann von den Wassermassen der Preßnitz mitgerissen und konnte bisher nicht gefunden werden. Im Westen: Halbe Dörfer wurden vernichtet, Häuser und Brücken  weggerissen. Menschen ertranken in Kellern und Wohngebäuden. Helfer, z. B. zwei Feuerwehrleute, kamen im Einsatz ums Leben. Auch viele Tiere fielen den Fluten zum Opfer.

 

Heute früh habe ich mit einem Mann telefoniert, der in einer der stark betroffenen Regionen im Sauerland wohnt und arbeitet. Er schilderte die Ausmaße der Zerstörung. Eine schlimme Situation für viele Menschen. Manche wurden evakuiert, mussten ihre Wohnungen verlassen. Die Arbeitsstätten vieler sind nicht mehr intakt, sondern durch das Wasser beschädigt. Man sorgt sich um Angehörige und Freunde, die man nicht erreichen kann. Von denen man nicht weiß, wie es ihnen geht. Ob sie noch leben.

 

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer sagte hinsichtlich der Toten, die geborgen werden: "Das ist ein Horror. Man könnte eigentlich nur noch weinen."  Bund und Länder sicherten den Betroffenen schnelle finanzielle Hilfe zu; die Bundeswehr ist im Einsatz und unterstützt die Rettungs- und Aufräumteams vor Ort.

 

Spenden können wir alle: Geld, Kleidung, Nahrungsmittel, Kinderspielzeug. Und selbst hinfahren und helfen ist auch möglich, allerdings koordiniert und nicht auf eigene Faust. Bei Twitter läuft das unter dem Hashtag #hochwasserhilfe. Paar weitere Infos und Möglichkeiten findest Du hier am Artikelende.

 

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Wir hier in Sachsen erinnern uns noch gut an die schlimmen Hochwasser der Elbe und Mulde sowie kleinerer Nebenflüsse (Weißeritz!) in 2002 und 2013. Viele von uns haben damal Sandsäcke gestapelt, Deiche beobachtet, Wasser abgepumpt, Treibstoff für die Notstromaggregate und Pumpen besorgt, Wichtiges in Sicherheit gebracht, Schlamm und Schutt beseitigt.

 

Ich weiß noch, wie es uns 2013 in Roßwein ging, wo ich damals arbeitete. Die kleine Stadt Roßwein liegt direkt an der Freiberger Mulde; ein paar Kilometer bevor die sich flußawärts mit ihrer Zwickauer Schwester bei Sermuth zur Vereinigten Mulde zusammentut.

 

Eine Hochwasserflut: Das ist auch nicht nur einfach Wasser, was da kommt. Das ist eine brodelnde, mächtige, tödliche Urgewalt, der man plötzlich gegenübersteht. Da nützt es Dir nichts, gut schwimmen zu können, stark und fit zu sein, keine Angst zu haben. Du bist machtlos. Trotzdem versuchten alle, zu sichern und zu retten, was irgendwie ging. Letztlich hatten wir Glück, der Firmendeich hielt der Mulde stand, auch unsere anderen Sicherungsmaßnahmen funktionierten. Das hereingedrückte Wasser konnte abgepumpt werden. Wir waren gerettet. Und unsere Gebäude, Maschinen und sonstigen Besitztümer auch. 

 

Manche Kollegen pendelten zwischen unserem Werk und ihrem eigenen Haus hin und her, um jeweils das Nötigste an Katastrophenschutz zu leisten. Einige halfen als Freiwillige bei Feuerwehr und Katastrophenschutz. Ehemalige Mitarbeiter, Renter, kamen und guckten. Boten Hilfe an. Alle standen zusammen, auch wer sich nicht so gut leiden konnte, keinem war das alles egal. Frühere Befindlichkeiten spielten kaum eine Rolle mehr. Es wurde ständig Kaffee gekocht; manche der Kontrollgänge, z. B. in die Fundamentkeller der Produktionsbereiche, machte man lieber zu zweit. Weil man Angst hatte und die Gegenwart des anderen einen ermutigte.  Das in wenigen Metern Entfernung am Deich vorbeitosende Wasser war bis in die Keller zu hören. Ganze Baumstämme, Gartenlauben, Parkbänke, tote Kühe sah man in der Flut. Wir hätten bei einem plötzlichen Deicheinbruch keine Chance gehabt da unten im Keller oder kurz hinter dem Deich. Auch zu zweit nicht.

 

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Vereinigte Mulde bei Grimma, Hochwasser August 2002 (http://www.hochwasserschutz-grimma.de/Chronologie.html)
Vereinigte Mulde bei Grimma, Hochwasser August 2002 (http://www.hochwasserschutz-grimma.de/Chronologie.html)

 

Solche Naturkatastrophen brechen immer wieder über Mensch und Tier herein. Schon seit Jahrtausenden werden Berichte über Hochwasser, Überschwemmungen, Stumfluten überliefert. Seit es unseren Planeten gibt und sich bestimmte Umweltbedingungen entwickelten, seitdem verändern sich diese Bedingungen auch. Klima ändert sich, auch heutzutage. Ob mit oder ohne Menschen.

 

Konkrete Umweltzerstörung dagegen ist menschengemacht und trägt auch zu solchen Katastrophen bei. Zubetonierte Flächen, begradigte Flüsse, vollgebautes Überflutungsland, gerodeteter Auenwald, verstärkte Bodenerosion, Trockenlegung von Mooren  - das gäbe es ohne uns Menschen nicht.  Vor einigen hundert Jahren verbrannte man in Katastrophenzeiten vor lauter Verzweiflung bzw. zur Beruhigung der Bevölkerung vermeintliche Hexen, weil man glaubte oder vermitteln wollte, dass sie an den Flutkatastrophen oder Dürrezeiten, den Krankheiten, Seuchen und Missernten, schuld waren. Denn diesen Dingen war man hilflos ausgeliefert und konnte sie sich oft nicht erklären.

 

Heute sollten wir klüger sein und unterscheiden: 1. die real existierende Umweltzerstörung durch uns Menschen und die Möglichkeiten, hier etwas wieder gut zu machen. 2. den real existierenden Klimawandel mit verschiedensten Ursachen und komplexen Zusammenhängen. 3. Die Klima-Ideologie mit Fokus auf "menschengemacht" zur politischen Nutzung. Dazu bei Gelegenheit mehr.

 

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"Der derzeit permanent erfolgende Verweis der Politiker auf den Klimawandel ist deshalb wohl teilweise ein Haltet-den-Dieb-Geschrei, der die eklatanten Versäumnisse Deutschlands in den Bereichen Infrastruktur und Katastrophenvorsorge überdecken soll. Deswegen sollte man jetzt den Wahlkampf in Gummistiefeln, den verschiedene Politiker in den Hochwassergebieten derzeit betreiben, auch durchaus distanziert und kritisch sehen." (Axel Bojanowski für die WELT, Quelle HIER)

 

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