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KISS!

"I was made for lovin' you", Wünsche und Wandgestaltung

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Kiss_original_lineup_(1976).jpg
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Kiss_original_lineup_(1976).jpg

 

Die Nachrichtenagentur Reuters hat bei Twitter 23,4 Millionen Follower. Ich gehöre auch dazu. Und so erfuhr ich kürzlich durch eine knappe Meldung auf dem Reuters-Account, dass die US-amerikanische Band KISS (gegründet 1973) eine Doku über ihr Bandleben gedreht hat. Das Werk heißt "Kisstory", ganz passend. Es ist fertig und wird Ende Juni das erste Mal auf einem Festival gezeigt.

 

KISS ist nicht irgendeine Band, die drei Hits hatte und dann verschwand. KISS ist Kult.

 

Gegründet Anfang der 1970er Jahre von Männern, die Musik machen wollten. Ohne Casting, ohne Stylingvorgaben, ohne sämtlichen künstlichen Käse, Diversitäts- und Genderfirlefanz. Sie entwickelten sich gemeinsam, erlebten Höhen und Tiefen. Geliebt und verabscheut. Weltweit unterwegs mit Musik, die nicht nur ich heute noch gerne höre.

 

Songs wie "I was made for lovin' you" sind absolute Ohrwürmer in der Welt, oder? Melodisch, gut tanzbar, kräftig. Je lauter, je besser. Und die Bühnenshow der vier Musiker! Kostüme, Makeup, Gesang und Bewegung passen perfekt.

 

Als ich so ungefähr 10,11 Jahre alt war, wurde ich bekennender KISS-Fan. Bis dahin fand ich die vier schwarz-weißen Männer gruselig, zumindest im Fernsehen, wo sie zwar selten, aber dafür eindrücklich zu sehen waren.... Mein Horror wich bald, sie gefielen mir immer besser - vor allem Paul Stanley. Der mit dem Stern im Gesicht - "The Starchild" , oben ganz rechts im Bild.

 

Was das für Schwerstarbeit auf der Bühne ist (ca. 20 kg Outfit, besonders die extremen Plateaustiefel, schleppen die Musiker mit sich herum), das ist einem beim Zuschauen nicht klar und soll es auch nicht sein. Gründungsmitglieder Gene Simmons und Paul Stanley  feierten schon oder feiern in Kürze den siebzigsten Geburtstag.

 

Soweit ich weiß, dauert ihre große Abschiedstournee noch an. Corona hat auch hier unterbrochen, die KISS-Konzerte ausfallen lassen. Neue Termine für 2022 wurden geplant, darunter auch vier Events in Deutschland: in Dortmund, Hamburg, Stuttgart und Frankfurt a. M..

 

Paul Stanley von KISS (https://metalanarchy.com/2018/04/17/kiss-paul-stanley-to-deliver-commencement-speech-at-delawares-wesley-college/)
Paul Stanley von KISS (https://metalanarchy.com/2018/04/17/kiss-paul-stanley-to-deliver-commencement-speech-at-delawares-wesley-college/)

 

Leider war zu der Zeit, als ich KISS-Fan wurde, ein Poster dieser Band oder auch nur ein Foto schwer zu kriegen. Ich jedenfalls hatte keins, was ich mir im Kinderzimmer an die Tapete hätte hängen können. Sowas wurde auch in geklebtem Zustand mit Zusammenlege-Falten und leichter Farbabschürfung an den Ecken gerne getauscht. Dummerweise kannte ich damals noch niemanden, der KISS hatte und auch hergeben wollte.

 

Natürlich gab es Diskussionen mit den Eltern, die meine speziellen Zimmergestaltungsaktionen meist gutmütig tolerierten. Einmal meckerten sie zwar, weil ich mit rotem Kuli ein Extramuster in die großen Ornamente der Tapete zeichnete, in meinem Zimmer. Das dauerte ewig, ich gab mir Mühe. Mein Opa, der Grafiker, war am Tag der Entdeckung gerade zu Besuch und rettete mich. Er guckte sich die gescholtene Wand an und fand meine Ergänzungen ganz gut gelungen. Sein Urteil in dieser Sache galt, schließlich war er der Fachmann für sowas. Keiner nörgelte mehr, niemand hatte Lust zu widersprechen. Opa hatte die Wand aufgewertet. Einfach so. Basta.

 

Was Mutter und Vater und auch der Opa und die Oma überhaupt nicht leiden konnten, das waren direkt an der Wand befestigte Plakate und Fotos. Unabhängig, was drauf war. Sie hielten das für stillos. Aktfotos, Rennautos, Speisepläne oder solche Sachen mochte man in Bauwagen oder ähnlichen Räumlichkeiten auf diese Weise befestigen, mit Klebeband, Reißzwecken, Nägeln. Aber in der Wohnung? Im gediegenen Umfeld kulturvoller, zivilisierter Menschen? Niemals! Selbst auf dem früher noch existierenden Plumsklo unseres Haushalts gab es keine ungerahmten Bilder. Also bitte.

 

Gerade überlege ich, ob ich das nicht heute nachholen sollte, das KISS-Poster an der Wand.... Schließlich habe ich auch meine einzige Barbie erst zu meinem 35. Geburtstag bekommen. Von meiner Mutter. Die hatte sich jahrzehntelang gegen diese Art von "Modepüppis" gewehrt, aber schließlich wurde sie doch weich. Man muss nur dranbleiben....

 

Ein interessanter Gedanke, auch für Dich selbst vielleicht: was wollte ich früher, (so in dem Alter, als ich KISS-Fan wurde: mit ca. zehn) unbedingt und habe es bis heute nie gehabt? Was bedeutet mir das jetzt? Will ich es noch, würde es mir große Freude machen - oder ist es mir egal, gefällt mir nicht mehr  oder erscheint sogar peinlich?

 

Mal sehn. Bei mir waren das, außer KISS-Postern und der Barbie (die ich ja jetzt habe): eine echte Schnee-Eule, eine echte schwarze Zwergziege, eine kurze Teddyfelljacke mit Kapuze, ein großes (!) Poster in bunt von Suzi Quatro, eigene Gummiindianer (so kleine, aber eben aus GUMMI, nicht aus PLASTE), ein noch größeres Insektenbuch als ich schon hatte, lange Wildlederstiefel mit einem Fellrand, noch mehr DURCHSICHTIGE bunte und ganz verschiedene Glasmurmeln, schickere Rollschuhe, öfters Ölsardinen auf Toast, öfters Pepsi-Cola aus den kleinen, schweren Glasfläschchen, öfters Eisschokolade (die in den kleinen Metallpapierförmchen), Tapete mit blau-silbernem Muster, einen Satz Porzellanschüsseln nur zum Puddingmachen, ein eigener Garten (ohne Regeln), ein Gurkengewächshaus mit diesem unvergleichliche Geruch ....

 

Ok, genug. Das Meiste, was ich mir wünschte, hatte ich ja. An oberster Stelle: ein Hund.

 

Gucken wir uns jetzt mal den Trailer von "Kisstory" an:

 

 

Das Magazin "Der Spiegel" brachte Anfang 2019 ein Interview mit Paul Stanley. Interessant, was "The Starchild" über sich selbst, seine Kollegen, das Bandleben, die alten und neuen Zeiten zu erzählen hat.

 

 

Und hier eine KISS-Playlist zum Hintereinanderhören ohne Pause.