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So lost

Im Osten was Neues!

Gelassenheit! (www.twitter.com / @IrenaBuzarewicz)
Gelassenheit! (www.twitter.com / @IrenaBuzarewicz)

 

Im gestrigen Podcast der FAZ äußert sich der Ostbeauftragte Marco Wanderwitz (CDU) zum Wählerverhalten in den neuen Bundesländern. Speziell geht es um Sachsen und Sachsen-Anhalt, wo ca. ein Viertel der Wähler der AfD ihre Stimme geben. Herr Wanderwitz meint, das diese Bürger rechtsradikale Undemokraten sind, die nur die gute Arbeit von Bundes- und Landesregierung nicht zu schätzen wüssten. Sie seien "diktaturgeschädigt" und "nicht in der Demokratie angekommen".

 

Mir ist nicht klar, wo Herr Wanderwitz selbst angekommen ist, wenn er etwa äußert, so eine beträchtliche Anzahl von andersdenkenden Menschen einfach beiseite schieben zu wollen. Mit der Begründung, das wäre richtig aus Gründen "der politischen Hygiene". 

 

Egal, für welche Partei, die in einem demokratischen System zur Wahl steht, man sich entscheidet: Wähler als geschädigt, abgehängt, radikal und extremistisch zu bezeichnen und von vornherein auszugrenzen - das ist eines Demokraten unwürdig. Erst recht, wenn er als Ostbeauftragter mit seiner Arbeit die ostdeutsche Bevölkerung besonders unterstützen und als Ostdeutscher selbst seine Heimat besser verstehen sollte. 

 

Außerdem ist die Art und Weise, wie Herr Wanderwitz Ostbeauftragter wurde, selbst nicht sehr demokratisch. Ist Wanderwitz doch der Nachfolger von Christian Hirte, der nach der Wahl des FDP-Mannes Kemmerich zum Thüringer Ministerpräsidenten den Fehler machte, diesem zu gratulieren.

 

Mit fataler Folge. Frau Merkel machte " die Wahl rückgängig", Herr Kemmerich und seine Familie wurden auf offener Straße bespuckt, angegriffen und gedemütigt, eingeschüchtert. Bodo Ramelow wurde wieder Ministerpräsident. Das alles nur, weil Kemmerich auch mit Stimmen der AfD-Landtagsfraktion gewählt worden war. 

 

Herr Wanderwitz findet das Aushebeln der Demokratie wie in Thüringen bei der letzten Landtagswahl normal und richtig, profitierte selbst davon. Er bezeichnete kürzlich  seinen Parteikollegen Hans Georg Maaßen als "irrsinnig" , weil der sich jetzt in den Bundestag wählen lassen will. Und dem "Mainstream" der CDU als Vertreter der Werteunion nicht entspricht.  Dieser Ostbeauftragte spricht davon, dass die aktuelle Wählergeneration nicht mehr zu retten sei und er auf die nächste hoffe. Dass ihm der Wählerwillen jedes 4. Bürgers im Osten scheissegal ist, sagt er sehr deutlich.

 

So jemand will Demokrat sein?!

 

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Ich hoffe auch, genau wie Herr Wanderwitz und wir alle.

 

Und zwar auf ein Erstarken der Demokratie im gesamten Land, das Ende dieser bleiernen Alternativlosigkeit und das Abdanken ihrer Vertreter.  Das Ende einer politischen Unkultur des Diffamierens, Ausgrenzens, Ignoriens und "Rückgängigmachens". 

 

Und wenn Herr Wanderwitz und viele andere Politiker sich ständig über das Verhalten der Wähler im Osten aufregen, sollten sie mal ehrlich, mit Respekt und auf Augenhöhe nach den Gründen dafür suchen.

 

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FAZ, 28.05.2021, Zitat:

 

"Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Marco Wanderwitz (CDU), sieht in Ostdeutschland eine stärkere Neigung, rechtsradikale Parteien zu wählen, als im Westen. „Wir haben es mit Menschen zu tun, die teilweise in einer Form diktatursozialisiert sind, dass sie auch nach dreißig Jahren nicht in der Demokratie angekommen sind“, sagte Wanderwitz dem F.A.Z.-Podcast für Deutschland. Nur ein geringer Teil der AfD-Wähler sei „potentiell rückholbar“, man könne darum nur „auf die nächste Generation“ hoffen."

 

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Und hier findest Du den Artikel samt Podcast zum Anhören: