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Mensch und Maulwurf: ein Dialog (28)

Zu Pfingsten sind die Geschenke am geringsten

 

Mittags jagen heute stürmische Wolken über den leuchtenden Himmel. Ab und zu scheint die Sonne. Wind bläst ums Haus, in dessen Erker wir mit unseren wochenendlichen Kaffeebechern gemütlich sitzen und hinausschauen.

 

Es ist das Pfingstwochenende. Das Fest, wo nach christlichem Glauben der Heilige Geist vom Himmel aus über die Menschheit kam, ihren Geist erhellte, ihre Verständigung verbesserte, ihren Zusammenhalt stärkte. Dringend bedürfte unsere Gesellschaft solcher Erhellung heute, eines Stoppens vom Rennen in die einmal eingeschlagene Richtung. Drückt man es krasser aus, so möge der Herr Hirn oder Steine vom Himmel werfen. Hauptsache, er träfe. Möglichst bald.

 

Während dunkles Grau sich draußen mit blendendem Sonnenschein aprilartig abwechselt, da schenken wir uns frischen Kaffee nach und unterhalten uns. 

 

***

Maulwurf (verdreht genießerisch die Augen):  "Samma, was ist das denn für ein köstlicher Kaffee hier?" (schnüffelt mit der Maulwurfsnase in die Tasse hinein)

Yvonne: "Ethiopia Sidame aus der sterei Momo."

Maulwurf: "Hhhhmmmmm. Wie der schon duftet."

Yvonne: "Ein kleines Pfingstleckerli. Du weißt ja:

 

'Pfingsten 

sind die Geschenke

am geringsten.

Wohingegen

Geburtstag, Ostern und Weihnachten

was einbrachten.'"

 

Maulwurf (kichert): "Wo-hin-ge-gen ist ab jetzt mein Lieblingswort!"

Yvonne (nickt): "Ja, sehr schön. Fein auch Wörter wie dessenungeachtet ( heute: dessen ungeachtet), ohnegleichen, derweile, einmummeln, unverzagt, Rambazamba, Estragon oder plägen. Und Steimles 'fourschbar'. Sprache ist ein Zauber. Oder auch ein Schmerz ..."

Maulwurf: "Genau! 'Pläg ni soo rum hier'...."

Yvonne (lacht): "Autsch. Ich bin schon still."

Maulwurf: "Nee, erzähl doch mal, wo Dein Pfingstreim herkommt."

Yvonne: "Ist ursprünglich von Brecht. Nur sagt der nicht 'wohingegen' sondern 'während'. Bei uns ein altes Familienerbstück, der Spruch. Sagten schon Oma und Mutter. Und wir lachten darüber jedesmal, auch wegen des schönen, ein wenig geschwollenen Wortes wohingegen, das sich in unsere Version des Brechtchen Gedankens geschlichen hat. Meine Oma konnte das Sprüchlein noch, als sie schon sehr alt war. Da hat sie dann so schelmisch geguckt und sah für einen Moment aus wie ein kleines, freches Mädchen ..." 

Maulwurf (seufzt kurz und guckt dann wichtig): "Wohingegen - ein wunderbares Wort! Dessenungeachtet werde ich mich nun in meine Gemächer zurückziehen und neue Klassikerzitate aufspüren, Mylady."

Yvonne: "Mach' das. Da geh' ich derweile eine rauchen und hoffe, Du überraschst mich dann....." (verlässt den Maulwurf)

Maulwurf: "Hrrrmpfhhh. Gut. Na dann .... (Geht bzw. schreitet davon und nimmt seinen Kaffeebecher mit.)

*** 

 

Maulwurf (eilt herbei, schnauft): "Da bin ich wieder. Kleiner Klassiker gefällig ... die Dame?"

Yvonne: "Sehr gerne, mein Lieber. Noch ein  Käffchen?"

Maulwurf: "Aber immer. Und jetzt, pass auf:

 

"Alterius non sit, qui suus esse potest. - Einem andern gehöre nicht, wer sein eigner Herr sein kann."

 

 ***

 

Beide schweigen eine Weile, weil man ja nicht immer was sagen muss. Zumal nicht nach den schönen, fast 500 Jahre alten lateinischen Worten des Theophrastus Bombast von Hohenheim, bekannt als Paracelsus, der Arzt. Freiheit und Unabhängigkeit, ein hohes Gut.

 

***

 

Yvonne: "Apropos Wörter, Worte, schöne, besondere.... Willst Du mein Zauberwort wissen?"

Maulwurf (gespannt): "Ja."

Yvonne (flüstert): "Wie-sen-schaum-kraut"

 

***

 

Weil es ein Zauberwort ist, klicke auf das Bild und lass Dich überraschen.