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Vom Umgang mit Kritik

#allesdichtmachen - oder was?

www.twitter.com / @kulturtava
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Nicht jeder, der etwas kritisiert - zum Beispiel die Corona-Politik in unserem Land - ist ein Meckerer, Störenfried, Ketzer, Querulant, Schwurbler oder sogar Extremist.

 

Das sieht man, wenn man sich die sehr verschiedenen Menschen anguckt, die ihre Meinung auf vielfältige Weise zum Ausdruck bringen. Egal ob bei einer Demonstration auf der Straße, bei Gesprächen im persönlichen und beruflichen Umfeld oder auch in den Medien und Sozialen Netzwerken.

 

Natürlich gibt es überall, fast egal, worum es geht, auch immer jemanden, der eskaliert und sich ungesetzlich, zumindest asozial, verhält. Leute, die bei Demos andere körperlich angreifen, bedrohen oder vorsätzlich Dinge beschädigen und Regeln verletzen. Nutzer, die pöbelnd, hetzend und beleidigend anonym bei Twitter, Facebook und Co. unterwegs sind. Schwätzer, die den ganzen Tag hetzen und schimpfen. Auf alles und jeden.

 

Dass es solches Verhalten immer gibt, sollte uns alle nicht am Nachdenken und an der Äußerung sachlicher Kritik hindern. Immer wieder müssen wir eingenommene Standpunkte überprüfen, eigenes Verhalten bewerten. Es ist keine Schande, sich zu korrigieren, sich zu entschuldigen, neue Erkenntnisse zu gewinnen.

 

Aber es ist schlimm, dauerhaft völlig beratungsresistent zu sein oder auch nur ein Propaganda-Opfer.  Und sich den Problemen einer ganzen Gesellschaft zu verweigern, indem man die Jalousie runterlässt und sich moralisch überlegen fühlt. Schließlich gehört man zu den "Guten". Das heißt, was man selber weiß, denkt und macht, das ist richtig und dient für alle anderen als Maßstab. So einfach ist es nicht.

 

Wir sind alle mehr oder weniger von gesetzlichen und organisatorischen Festlegungen der verantwortlichen Entscheider in Politik und öffentlichem Leben abhängig.

 

Also bilden wir uns nicht nur eine Meinung, sondern zeigen sie auch!

 

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Auf welche Weise man sich ausdrückt, wenn einem was wichtig ist - das muss jeder für sich rausfinden. Hauptsache ist - so denke ich - dass man es überhaupt tut.

 

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Einige Schauspieler haben es so gemacht:

 

 

Das "Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND)" schrieb über diese Aktion der Schauspieler, sie sei "eine Verhöhnung der Corona-Toten", Quelle HIER

 

Ich sehe das nicht so. Sondern finde, das ist von den Schauspielern gut gemachte, scharfe Satire. Auch, wenn es mir nicht gefallen würde und ich auch heute tatsächlich nicht jeden Clip gelungen finde, hat das Ganze seine Daseinsberechtigung - damit müssen Bürger in einer Demokratie klarkommen.

 

RND schätzt ein: "Sie bedienen vollständig und vorsätzlich das Narrativ all der Schwurbler und Verschwörungstheoretiker, die die Tatsache, dass sie ihren Egoismus kurz mal beiseiteschieben sollen, mit einer Grundrechtsverletzung von epischem Ausmaß verwechseln."

 

RND schreibt weiter, dass die beteiligten Künstler - Leute wie Jan Josef Liefers, Heike Makatsch, Martin Brambach, Ulrich Tukur, Nina Proll - um nur einige zu nennen - wohl "beim Denken Pech gehabt" hätten. Nein - im Gegenteil.  Unsere Gesellschaft hat Glück gehabt, denn wir brauchen Meinungsvielfalt und Diskurs. Gerade in Zeiten von gesellschaftlicher Spaltung und zunehmender Unfähigkeit zum Zuhören.

 

Leider ist die Website, auf der die Video-Aktion veröffentlicht wurde, nicht mehr erreichbar. Laut BILD-Zeitung wurde sie gehackt. Dafür gibts alle Videos bei YouTube oder hier in der Täterwerkstatt-Mediathek

 

Die mehr als fünfzig Schauspieler, die sich an dieser Aktion beteiligt haben, wurden schon ausgiebig beschimpft. Als was - fällt nicht schwer zu raten: Rechtsradikale und Verschwörungstheoretiker. Zyniker und Verantwortungslose. Die Behandlung im Falle eines schweren Coronaverlaufs solle ihnen verweigert werden, keine Rollen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen sollten sie mehr bekommen, schämen sollten sie sich - u.s.w.... Mindestens eine der Beteiligten, Heike Makatsch, hat das eigene Video schon löschen lassen und sich öffentlich davon distanziert, wegen massiver negativer Reaktionen in der Öffentlichkeit, Quelle HIER

 

Wie armselig ist unsere Debattenkultur geworden.

 

Andere Meinungen werden nicht mehr ausgehalten, Vernichtung des Gegenübers ist das Ziel. Einander überzeugen, mit Argumenten, nicht mit der Moralkeule, das ist selten geworden - leider. Viele Menschen sind nicht mehr streitbar, sondern hysterisch. Unfähig, ihr Gegenüber zu achten.

 

Was bei Kritikern der deutschen Asyl- und Integrationspolitik die Nazikeule war und ist, das sind die Toten und Schwerkranken, wenn es um Corona geht. Leider erkranken weltweit Menschen teilweise schwer und sterben auch an diesem Virus, deshalb sind sie aber nicht als "Propagandamittel" zu missbrauchen zum Abschmettern jeder Kritik, die einem nicht passt. Wer hier die Zyniker sind, ist doch offensichtlich, oder?

 

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Aber es gibt auch viel Zuspruch aus der Bevölkerung. Leute, die sich freuen, dass "ihre" Stars sich (endlich) kritisch zu Wort melden.

 

Zu den Erfreuten gehöre ich. Mein Dank gilt den beteiligten Künstlern. Mögen sie mutig und souverän bleiben und nicht aufgeben.