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Bretter auf Bühnen und vor Köpfen

"Deutsch mich nicht voll"

https://www.schauspielfrankfurt.de/spielplan/a-z/deutsch-mich-nicht-voll/
https://www.schauspielfrankfurt.de/spielplan/a-z/deutsch-mich-nicht-voll/

 

Das noch im Lockdown geschlossene Theater in Frankfurt/Main zeigt momentan anlässlich des vor einem Jahr geschehenen Anschlags von Hanau den in die Fenster geklebten Text: "Deutsch mich nicht voll". Das ist eine Installation des Künstlers Naneci Yurdagül.

 

Ob das jetzt dem Ereignis angemessen, künstlerisch wertvoll, sprachlich gelungen, gut oder schön ist - das sei jedem einzelnen Betrachter überlassen. 

 

Ich finde es nicht besonders einfallsreich; auch nicht ausdrucksstark. Obwohl mir die Symmetrie der Buchstaben schon gefällt, ihre Dominanz. Aber es ist eben kein Muster, sondern eine Aussage. Was will mir dieser Satz sagen? Noch dazu an einem Theater, einem deutschen? Da denkt man an Goethes Faust und Lessings weisen Nathan, an Heiner Müller und Brecht! Und dann: "Deutsch mich nicht voll"?

 

Was soll das eigentlich? Noch dazu, wenn ein Passant die Worte einfach nur im Vorbeigehen liest, ohne Hintergrundwissen sozusagen. Dass es sich um das Werk eines deutschen Künstlers namens Naneci Yurdagül  handelt, ist mir dabei eigentlich weniger wichtig. Mag er so denken und handeln.  Sich und andere wieder einmal als Opfer sehen, die entweder als Migranten oder als Deutsche mit Migrationshintergrund hier im Land leben und den Auseinandersetzungen in einer multikulturellen Gesellschaft genauso ausgesetzt sind wie alle anderen. Wobei die ab und zu gestellte Frage nach der Herkunft, die Herrn Yurdagül oft aufregt, sicher für viele hier Lebende nicht zu den schlimmsten Erlebnissen gehört. Egal, welchen Hintergrund jeder von uns hat: wir leben hier in Deutschland, alle gemeinsam. 

 

Dass so ein Werk, was provoziert und die Gesellschaft weiter spaltet, letzlich von deutschen Steuerzahlern finanziert wird, muss man noch dazu sagen. 

 

Genau wie eine ganze staatlich finanzierte Kulturszene, die wenig Heimatverbundenheit und charakterliche Größe zeigt. Sondern sich darin gefällt, der herrschenden rot-grünen Ideologie bis zum Anschlag ins Rektum zu kriechen, anstatt wirklich eigene Standpunkte, tatsächliche Vielfalt und echte Solidarität zu repräsentieren. Das sieht man schmerzlich jetzt in der Lockdown-Zeit, wie arm diese angeblich so bunte Gemeinschaft an Ideen, an Mut, an Aktivität ist. Für sich selber, für ihre weniger privilegierten freiberuflichen Kollegen einzutreten, zu kämpfen. Fehlanzeige. Für den Großteil der Bevölkerung etwas Mutiges, Kreatives aufzuzeigen - gar nicht zu erwarten, nicht im Ansatz.

 

Dass dieser Kulturapparat "Staatskunst" produziert, kann nicht ernsthaft bezweifelt werden. Der Kunstbetrieb ist hauptsächlich rotgrün geprägt. Man stelle sich ähnliche Projekte eines deutschkonservativen Künstlers mit entsprechendem Wortlaut vor; undenkbar. Oder einen Schauspieler / Regisseur, der offen zugibt, gegen die deutsche Einwanderungs- und Asylpolitik zu sein und einen skeptischen Blick auf die heutige EU-Elite zu haben. Und das auch künstlerisch umsetzen und ausdrücken will. Kaum möglich bei uns. Was schon mit anders denkenden Schriftstellern geschieht, die nicht permanent in der Öffentlichkeit stehen wie Bühnenkünstler - das sieht man an Uwe Telkamp und Jörg Bernig, beispielsweise. Und wenn ein Kulturschaffender öffentlich "Zigeunersoße" gesagt hat, dann hat er ein Problem, sozusagen "abgegessen"

 

Traurig: Opfer von Gewalt gibt es auf allen Seiten: nicht nur in Hanau, sondern auch auf dem Berliner Breitscheidplatz, in Dresden und Halle, in Augsburg, Kandel, Freiburg und an so vielen ungenannten Orten. Täter sind ideologisch-religiös motivierte Menschen, psychisch Kranke oder oft nur gewaltbereite Kriminelle, denen andere Menschen - deren Würde, Gesundheit, Leben - nichts wert sind.

 

Den Opfern von Hanau und auch allen anderen Gewaltopfern gebührt Respekt. Dazu gehört aber auch, sie nicht zu instrumentalisieren. Von keiner Seite, wenn das möglich ist. Eine Aufarbeitung der Ursachen dagegen ist Pflicht. Und das klappt bei uns im Land nur bei tatsächlichem oder nur vermeintlichem rechtsradikalen Hintergrund, ansonsten werden die Opfer klaglos hingenommen. Eine Installation des Herrn Yurdagül für die Opfer vom Berliner Breitscheidplatz, Mia aus Kandel oder den kürzlich in Dresden ermordeten Mann? Fehlanzeige. Uninteressant. Deutsch mich nicht voll eben.

 

Fragwürdig für mich: die Haltung dieses Frankfurter Theaters, der Kulturschaffenden, was seine Aktion HIER begründet.

 

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Ich selbst würde gerne mal einen Künstler, ein Theater, ein Museum erleben, der/die/das sich hinstellt und sagt: "Ich liebe meine Heimat. Ich schätze deutsche Kultur, Kunst, Tradition - denn dafür stehe ich; das prägte mich (auch). Ich bin sehr interessiert an anderen Kulturen und Menschen aus anderen Kulturkreisen - möchte aber auch das Eigene bewahren, verteidigen, ausdrücken. Und ja, ich identifiziere mich damit, wofür Deutschland unter anderem bekannt ist: Goethe, Schiller, Heine, Lessing. Fleiß, Bildung, eigene Arbeit, Selbstdisziplin. Erfindergeist, Produktivität, Ideen. Auch mit dem schlimmen Teil deutscher Geschichte setze ich mich auseinander. Buchenwald und verwandte Schreckensorte gehören auch zu Weimar, zu Deutschland und uns Deutschen , aber das steht nicht allein für dieses Land. Es existiert beides, Gutes und Böses, nebeneinander. Nicht nur in Deutschland, sondern überall auf der Welt."

 

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"Jetzt nicht den Mut verlieren" liest man noch ganz klein an der Theaterfassade, unter dem riesigen Schriftzug. Das spricht mich eher an und es meint vielleicht auch, dass Hoffnung besteht für unser Land und unsere Kunst. Ich wünsche es mir und verabschiede mich mit Bertold Brecht:

 

"Ein Mann, der etwas zu sagen hat und keine Zuhörer findet, ist schlimm dran. Noch schlimmer sind Zuhörer dran, die keinen finden, der ihnen etwas zu sagen hat."

 

Bei allem Respekt: Wir brauchen Künstler, die uns wirklich wieder was zu sagen haben. Im Frankfurter Theater sind sie offensichtlich nicht.

 

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