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Mensch und Maulwurf: ein Dialog (22)

First Maulwurf!

 

Gestern war ein besonderer Tag: der 14. Februar. Das war nicht nur der Valentinstag und dieses Jahr ein Sonntag, sondern auch der Geburtstag des Maulwurfs! 

 

Schon Wochen vorher wies er mehr oder weniger dezent auf diese Tatsache hin. Klar ist ihm, dass man am Geburtstag Geschenke kriegt, eine Feier stattfindet, das Essen und die Getränke gigantisch sind - und natürlich das Geburtstagskind an diesem Tag etwas ganz Besonderes ist: also sich fast alles erlauben darf.

 

Gestern also Pawel, der Maulwurf: ideenreicher Täterwerkstattskollege, geduldiger Freund, gut gelaunter Reisekamerad, unermüdlicher Gesprächspartner, unerschrockener und kuscheliger Wegbegleiter. "First Maulwurf" sozusagen, der beste überhaupt. (Diese Bezeichnung hat er sich selbst gegeben analog zur "First Lady".) Keiner hat jemals festgelegt, dass Maulwürfe bescheiden sein sollen.....

 

***

 

Schon am Sonntagmorgen brennen drei Kerzen und ein Lebenslicht auf einem Teller. Dazu gibt es zwei Geschenke für den kleinen Geburtstagshabenden: einen rot-weiß-gestreiften Sessel in Maulwurfsgröße und einen Snickers-Riegel. Später am Tag kommt noch ein drittes Geschenk an: eine Bommel. Vor dem Frühstück singt Reinhard Lakomy vom Handy aus sein Geburtstagslied. Bei der Zeile "Es gibt Kuchen und Kakao und alle essen mit Radau." sieht  Pawel äußert erwartungsfroh aus und hat es sich schon in seinem neuen Sessel bequem gemacht.

 

Später brechen wir auf, denn es ist ein Bilderbuch-Winterwetter. Strahlende Sonne, blauer Himmel. Alles deshalb, weil das Geburtstagskind im vergangenen Lebensjahr ausnehmend liebreizend, fleißig, freundlich, geistreich und hilfsbereit war - da ist dieses Wetter die Belohnung. So jedenfalls behauptet das der Maulwurf. Ich überlege gerade, welches Wetter eigentlich an meinem Geburtstag war....na - egal.

 

Jetzt gehen wir los und erkunden ein Stück Welt, ein sehr sonniges, weiß glitzerndes Stück.

 

 

Am Abend gibt es ein feines Geburtstagsessen zu Pawels Ehren: Entenkeule in süßscharfer Kokossoße, mit Kirschen und Koriander. Klingt komisch - ist aber wirklich ein Gedicht. Zum Nachtisch verspeisen wir ein Virus, ein Valentinsgeschenk. Kein echtes natürlich, sondern ein Computervirus aus Zuckerschaum vom Cafè Hartmann, siehe Bild unten. Das passt hervorragend zu einem starken Kaffee nach dem reichlichen Essen.

 

Nachdem wir von unserer Sonntags-Muldenwanderung bei Siebenlehn wieder zu Hause angekommen sind, brutzeln wir in der Küche herum, bereiten das Essen vor und holen das PC-Zucker-Virus aus seiner Tüte raus. Pawel beäugt es misstrauisch. Da es aber nichts sagt oder macht, kommt es auf den Teller.

 

 

Nach dem Essen gucken wir noch eine Folge Lieblingsserie, heute natürlich "House of Cards". Und danach plaudern wir eine Runde, bevor es Schlafenszeit für Mensch und Maulwurf ist.

 

 

 ***

 

Maulwurf (freundlich und heiter): "Naaa, weißt Du, was jetzt noch als Einziges fehlt?"

Yvonne (nickt): "Logisch. Der Klassiker!"

Maulwurf (gespannt): "Heute bist Du natürlich dran. Ich.... habe ja schließlich Geburtstag.... (streckt sich wohlig in seinem Sessel) ..... Und? Was sachste?"

Yvonne: "Pass auf, Du sollst gerade heute nicht enttäuscht sein:"

 

"Die beiden wichtigsten Tage im Leben sind der Tag, an dem du geboren wirst, und der Tag, an dem du herausfindest, warum."

 

Maulwurf (versonnen): "Interessant..... Von wem ist das denn?"

Yvonne: "Mark Twain, Du weißt schon: Tom Sawyer und Huckleberry Finn."

Maulwurf (listig): "Klar doch. Weißt Du eigentlich, was "huckleberry" heißt?

Yvonne: "Nee. Ich kenne strawberry, blueberry, raspberry...."

Maulwurf (lacht): "Huckleberry ist die Heidelbeere, eigentlich dasselbe wie die Blaubeere, oder?"

Yvonne: "Ja, ich denke schon. Ist aber ein schönes Wort: Ha-ckel-berr-ieee.....

Maulwurf (guckt abenteuerlustig): "Würde eigentlich so zu mir passen: als Zweitname. Statt Huckleberry Finn eben Huckleberry Pawel."

Yvonne (skeptisch): "Nicht so richtig, oder? Außerdem hast Du letztens gesagt, Du heißt mit Zweitnamen "Donnie Brasco". Und das - reicht dann auch, denkst Du nicht?

Maulwurf: "Ja, den cleveren italienischen Namen muss ich behalten, das stimmt."

Yvonne: "Ok, Donnie..."

Maulwurf: "Ein letzter Kaffee für heute?"

Yvonne: "Klar, ich hole den - bleib Du mal heute in Deinem Sessel sitzen; Du hast genau noch zwei Stunden Geburtstag und dann ein ganzes Jahr nicht mehr."

Maulwurf (streckt sich): "Okay...., was für ein Tag!"

Yvonne (kommt mit frischem Kaffee zurück und gießt ein.): "Hier bitte, mein Guter."

Maulwurf: "Danke, meine Liebe. Aber wegen Mark Twain und dessen Spruch, da hab ich noch eine Frage."

Yvonne: "Welche denn?"

Maulwurf: "Wann ich auf die Welt kam, weiß ich ja nun. Jedenfalls hierher, zu Euch. Aber - WARUM?!"

Yvonne (schmunzelt): "Das - ist wieder eine neue Geschichte. Wir diskutieren das beim nächsten Mal, ok?. Sonst kommen wir heute nie ins Bett und sehen morgen dann auch danach aus. Und das am Montag."

Maulwurf: "Ok, aber ich vergesse das nicht - ich nehm' Dich beim Wort.!"

Yvonne: "Unbedingt."

 

***

 

So war das gestern. Beim Einschlafen hat Pawel leise vor sich hingebrummt. Was murmelte er da nur dauernd? Ich lauschte angestrengt und dann konnte ich es identifizieren: "Ka-kau, Ra-dau, Ka-ka-o, Ra-da-o....".

 

Wirklich Zeit zu schlafen.